Im Idealfall eine Win-win-Situation
Für den Pensionsvieh aufnehmenden Betrieb, den Gastviehbetrieb, liegt die Hauptmotivation für die Aufnahme von Gasttieren darin, dass er über viel Weidefläche, aber nicht über ausreichend bzw. kein Eigenvieh mehr verfügt. Mithilfe des Gastviehs können die Weiden standortgerecht bewirtschaftet werden und der Landwirt kann an den relevanten Grünlandförderprogrammen teilnehmen. Wichtige Voraussetzungen für die Aufnahme von Pensionsvieh sind einschlägige Erfahrungen und Kenntnisse in der Betreuung von Weidetieren und der Weideführung sowie Freude am Umgang mit Rindern.
Zu den klassischen Pensionsviehweiden im Höhengebiet, die oftmals als Nachfolge einer ehemaligen Gemeinschaftsweide mit Eigenvieh als GbR auf kommunalen Weiden geführt werden, gibt es zunehmend auch Einzelhöfe, die die saisonale Gastviehhaltung als neuen Betriebszweig aufbauen. Je mehr das Familieneinkommen von der Gastviehhaltung abhängig ist, desto wichtiger ist es, sich mit den Kosten und dem Arbeitsaufwand der Pensionsviehhaltung auseinanderzusetzen. Ziel ist es, unter Berücksichtigung der Fördergelder ein für beide Seiten, Gastviehbetrieb und Beschicker, angemessenes „Weidegeld” festzusetzen.
Auch bei den Beschickerbetrieben hat sich die Situation im Vergleich zu den Anfängen der Pensionsviehhaltung zum Teil geändert. Zunehmend handelt es sich um spezialisierte Milchviehbetriebe mit hohen Milchleistungen. Hier darf die Jungviehaufzucht nicht zu extensiv erfolgen, denn ein frühes Erstkalbealter und eine hohe Einstiegslaktation werden von der Nachzucht gefordert. Um das zu erreichen, ist eine gute Futtergrundlage auf der Weide innerhalb der ersten beiden Lebensjahre erforderlich. Aber auch auf extensiveren Standorten mit ausreichender Futtergrundlage profitieren die Pensionstiere gesundheitlich und zeigen meist in den Wintermonaten gesteigerte Zunahmen (kompensatorisches Wachstum).
Die Weideaufzucht von Jungrindern ist die artgerechteste Haltungsform, sofern eine gute Tierbetreuung und Weideinfrastruktur mit bedarfsgerechtem Weidefutter, ausreichendem Witterungsschutz (Schatten) und Tränkezugang gewährleistet sind. Positiv zu bewerten ist die Sommerweide auch im Hinblick auf den immer kritischeren Blick der Verbraucher auf die Tierhaltung.
Voraussetzung für eine möglichst reibungslose Weidesaison im Pensionsviehbetrieb ist die Beschickung mit ausschließlich gesunden und weidezaunerfahrenen Rindern. Die veterinärmedizinischen Anforderungen sind dem jährlich aktualisierten „Merkblatt zum Auftrieb von Rindern auf Gemeinschaftsweiden” der jeweils zuständigen Veterinärbehörden zu entnehmen.
Der Pensionsviehhalter stellt seine Flächen sowie seine Arbeitszeit zur Verfügung und erwartet hierfür eine angemessene Entlohnung. Der Milcherzeuger erwartet nach Abtrieb von der Weide ein gut entwickeltes, gesundes Jungtier, nicht zu mager, nicht zu fett, welches das Potenzial für eine leistungsfähige Jungkuh hat.
Dass die Betreuung des Pensionsviehs während der Weidesaison „nicht für Umme” geleistet werden kann, soll hier anhand einer Modellrechnung aufgezeigt werden. Eingegangen wird speziell auf die saisonale Pensionsviehhaltung von Jungvieh aus Milchviehbetrieben.
Die Aufzuchtkosten einer Färse werden von vielen Milcherzeugern stark unterschätzt. Im Schnitt liegen die Vollkosten für die Färsenaufzucht bei 2073 € pro Färse. Die Spannweite beträgt 1522 bis 2516 € (Rinderreport Baden-Württemberg 2014), in Abhängigkeit von Intensität, Rasse und Region.
In der Beispielsrechnung in der Tabelle werden die Pensionskosten berechnet für einen Zeitraum von 180 Tagen, den die Tiere auf der Sommerweide im Pensionsbetrieb verbringen. In dieser sehr vereinfachten Rechnung sind eventuell anfallende Tierarztkosten nicht berücksichtigt, diese hat der Tierbesitzer zu tragen. Die zusätzlichen Aufwendungen für Düngemittel, Weidepflege, Zäune sowie die Beiträge für die Berufsgenossenschaft und die erforderliche Betriebshaftpflichtversicherung sind in der Berechnung ebenfalls nicht berücksichtigt und müssen über die Flächenprämie abgedeckt werden. Unter dem Strich bleibt so für den Pensionsviehhalter nicht viel übrig. Bei den ermittelten Kosten handelt es sich selbstverständlich nicht um eine absolute Größe. Die Berechnung mit niedrig angesetzten Standardwerten kann nur eine Größenordnung bezüglich des Pensionspreises vermitteln, zeigt aber, dass die Preisvorstellungen in der Praxis weit von den realen Kosten für die Pensionstierhaltung entfernt sind.
Im Idealfall ergibt sich zwischen Gastviehbetrieb und Beschicker(n) eine langjährige Partnerschaft, die von Zuverlässigkeit und Vertrauen geprägt ist. Wenn gesunde, weidezaungewohnte, umgängliche Tiere geliefert werden, die dann gut und zuverlässig betreut werden, ist es eine Win-win-Situation für beide Seiten – dies vor allem für die Tiere, die zumindest für die Saison ein unbeschwertes, artgerechtes Weideleben führen dürfen.
Eva Kiefer, Tel. 07621/410- 4445, Fax: 07621/410- 94445, E-Mail: eva.kiefer@loerrach-landkreis.de
Dr. Diethild Wanke, Tel. 07621/410-4449, Fax: 07621/410-94449, E-Mail: diethild.wanke@loerrach-landkreis.de