Politik | 01. September 2016

Hendricks will Stallbaurecht verschärfen

Von AgE
Das Bundesumweltministerium will die Privilegierung von Stallbauten im Außenbereich abschaffen. „Große Tierhaltungsanlagen” dürften demnach künftig grundsätzlich nur noch dann zugelassen werden, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt.
Geht es nach dem Bundesumweltministerium, entscheiden künftig die Gemeinden, ob Ställe gebaut werden dürfen oder nicht. Ausnahmen soll es nur noch für kleine Anlagen geben.
Laut einem internen Papier sollen die Vorschriften zur „Intensivtierhaltung” konsequent am „Ziel einer umweltverträglichen Landwirtschaft” ausgerichtet werden. Dazu soll nach dem Willen des Berliner Umweltressorts unter anderem die Privilegierung von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich, also die Baugenehmigung ohne Bebauungsplan, fallen. Ausnahmen soll es dann nur noch für kleine Anlagen geben, „bei denen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind”.
Gemeinden bekämen Entscheidungshoheit
Laut Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sollen die Gemeinden damit die Entscheidungshoheit über die Bebauung ihrer Flächen erhalten. Mit den geplanten Regelungen könnten die Gemeinden einen Bauplan auflegen und damit die geplante Anlage erlauben oder nicht zulassen, erläuterte die Ministerin.Der Vorstoß des Umweltressorts dürfte auf Koalitionsebene noch für viel Diskussionsstoff sorgen. Hendricks will nun nach eigenen Angaben bei den Regierungspartnern für die Änderungen werben. Die Vorschläge sieht sie dabei nicht als Kampfansage an die konventionelle Tierhaltung. Diese habe weiter ihren Platz in Deutschland, betonte die Ministerin gegenüber den Medien. Dies gelte aber nur, wenn sie sich ändere. In einer ersten Stellungnahme reagierte das Bundeslandwirtschaftsministerium insgesamt reserviert und mahnte einen „intelligenten Interessenausgleich” beim Thema Stallbau an.
Laut dem internen Papier sehen die Pläne des Bundesumweltministeriums neben der Aufhebung des privilegierten Bauens auch ein Mitspracherecht der Bürger bei „großen Tierhaltungsanlagen” vor. Dazu will das Ressort das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) dahingehend ändern, dass Großanlagen nicht mehr ohne weiteres in kleine Einheiten unterteilt werden, die damit aus der UVP fallen würden.
Das Umweltressort will im Zuge der Anpassung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) auch neue Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb großer Ställe stellen. Geplant sind dabei Vorgaben für Maßnahmen zur stickstoff- und phosphorangepassten Fütterung sowie für technische Maßnahmen wie den Einsatz von Abgasreinigungsanlagen.
„Intelligenter Interessenausgleich”
Das Bundeslandwirtschaftsministerium wies indes darauf hin, dass das privilegierte Baurecht im Außenbereich gerade dafür geschaffen worden sei, Konflikte zwischen Wohnbevölkerung und Tierhaltern zu entschärfen. Gleichzeitig finde beim Neubau von Ställen das Tierwohl immer mehr Berücksichtigung. Ziel sei es stets, einen „intelligenten Interessenausgleich” zu schaffen, betonte das Ressort. Das Bundeslandwirtschaftsministerium gab auch zu bedenken, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich erst 2013 verschärft worden sei und daher erst einmal die Auswirkungen dieser Änderung geprüft werden müssten, bevor weitere Änderungen erwogen werden könnten.
Zugleich warnte das Agrarressort davor, die Entwicklungsperspektive der Landwirtschaft zu blockieren. Kernaufgabe der Landwirtschaft bleibe die Ernährungssicherung. Dazu gehöre auch die tierische Veredlung mit ihren in Deutschland hoch nachgefragten Produkten.
DBV: „Unangemessene Wahlkampfpolemik”
Für DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken bildet die Möglichkeit für Landwirte, im Außenbereich zu bauen, hingegen eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass Nutztierhaltung in Deutschland „überhaupt stattfinden kann”. Die Privilegierung ist ihm zufolge auch nicht als Freibrief für die Bauern zu verstehen. So lieferten das Baurecht, die Umweltverträglichkeitsprüfung und das Immissionsschutzrecht bereits jetzt alle Instrumente, um nicht nur öffentliche Belange durchzusetzen, sondern auch die Weiterentwicklung von Betrieben auszubremsen. Nach Krüskens Ansicht erweckt Hendricks mit solchen Vorschlägen den Eindruck, dass Landwirte im Außenbereich ohne Vorschriften bauen könnten, und betreibt so „unangemessene Wahlkampfpolemik”.
Ausgleich streichen
In dem genannten internen Papier des Bundesumweltministeriums werden darüber hinaus Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz angesprochen, mittels denen unter anderem der Grünlandumbruch beschränkt werden soll. Weitere Überlegungen betreffen die stärkere Regulierung von Grundstücken, auf denen Jauche, Dünger oder Mist aufgebracht wird. Dabei sollen künftig im Rahmen des Bundesimmissionsschutzgesetzes bestimmte Umweltanforderungen greifen.
Gestrichen werden soll außerdem nach dem Willen des Umweltressorts eine Vorschrift des Wasserhaushaltsgesetzes, wonach wirtschaftliche Nachteile auszugleichen sind, die dem Betreiber durch Einschränkungen von Stallanlagen in Wasserschutzgebieten entstehen.