Das Bundesumweltministerium will die Privilegierung von Stallbauten im Außenbereich abschaffen. „Große Tierhaltungsanlagen” dürften demnach künftig grundsätzlich nur noch dann zugelassen werden, wenn die Gemeinde einen Bebauungsplan erlässt.
Geht es nach dem Bundesumweltministerium, entscheiden
künftig die Gemeinden, ob Ställe gebaut werden dürfen oder nicht. Ausnahmen soll es nur noch für kleine Anlagen geben.
Laut einem internen Papier sollen die Vorschriften zur „Intensivtierhaltung” konsequent am „Ziel einer umweltverträglichen Landwirtschaft” ausgerichtet werden. Dazu soll nach dem Willen des Berliner Umweltressorts unter anderem die Privilegierung von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich, also die Baugenehmigung ohne Bebauungsplan, fallen. Ausnahmen soll es dann nur noch für kleine Anlagen geben, „bei denen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind”.
Gemeinden bekämen Entscheidungshoheit
Laut Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks sollen die Gemeinden damit die Entscheidungshoheit über die
Bebauung ihrer Flächen erhalten. Mit den geplanten Regelungen könnten
die Gemeinden einen Bauplan auflegen und damit die geplante Anlage
erlauben oder nicht zulassen, erläuterte die Ministerin.Der Vorstoß des Umweltressorts dürfte auf Koalitionsebene noch für viel
Diskussionsstoff sorgen. Hendricks will nun nach eigenen Angaben bei
den Regierungspartnern für die Änderungen werben. Die Vorschläge sieht
sie dabei nicht als Kampfansage an die konventionelle Tierhaltung. Diese
habe weiter ihren Platz in Deutschland, betonte die Ministerin
gegenüber den Medien. Dies gelte aber nur, wenn sie sich ändere. In
einer ersten Stellungnahme reagierte das Bundeslandwirtschaftsministerium insgesamt reserviert und mahnte einen
„intelligenten Interessenausgleich” beim Thema Stallbau an.
Laut dem internen Papier sehen die Pläne des Bundesumweltministeriums
neben der Aufhebung des privilegierten Bauens auch ein Mitspracherecht
der Bürger bei „großen Tierhaltungsanlagen” vor. Dazu will das Ressort
das Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) dahingehend ändern,
dass Großanlagen nicht mehr ohne weiteres in kleine Einheiten unterteilt
werden, die damit aus der UVP fallen würden.
Das Umweltressort will im Zuge der Anpassung der Technischen Anleitung
zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) auch neue Anforderungen an die
Errichtung und den Betrieb großer Ställe stellen. Geplant sind dabei
Vorgaben für Maßnahmen zur stickstoff- und phosphorangepassten Fütterung
sowie für technische Maßnahmen wie den Einsatz von Abgasreinigungsanlagen.
„Intelligenter Interessenausgleich”
Das Bundeslandwirtschaftsministerium wies indes
darauf hin, dass das privilegierte Baurecht im Außenbereich gerade dafür
geschaffen worden sei, Konflikte zwischen Wohnbevölkerung und
Tierhaltern zu entschärfen. Gleichzeitig finde beim Neubau von Ställen
das Tierwohl immer mehr Berücksichtigung. Ziel sei es stets, einen
„intelligenten Interessenausgleich” zu schaffen, betonte das Ressort.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium gab auch zu bedenken, dass die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Tierhaltungsanlagen im
Außenbereich erst 2013 verschärft worden sei und daher erst einmal die
Auswirkungen dieser Änderung geprüft werden müssten, bevor weitere
Änderungen erwogen werden könnten.
Zugleich warnte das Agrarressort davor, die Entwicklungsperspektive der
Landwirtschaft zu blockieren. Kernaufgabe der Landwirtschaft bleibe die
Ernährungssicherung. Dazu gehöre auch die tierische Veredlung mit ihren
in Deutschland hoch nachgefragten Produkten.
DBV: „Unangemessene Wahlkampfpolemik”
Für DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken bildet die
Möglichkeit für Landwirte, im Außenbereich zu bauen, hingegen eine der
wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass Nutztierhaltung in Deutschland
„überhaupt stattfinden kann”. Die Privilegierung ist ihm zufolge auch
nicht als Freibrief für die Bauern zu verstehen. So lieferten das
Baurecht, die Umweltverträglichkeitsprüfung und das
Immissionsschutzrecht bereits jetzt alle Instrumente, um nicht nur
öffentliche Belange durchzusetzen, sondern auch die Weiterentwicklung
von Betrieben auszubremsen. Nach Krüskens Ansicht erweckt Hendricks mit
solchen Vorschlägen den Eindruck, dass Landwirte im Außenbereich ohne
Vorschriften bauen könnten, und betreibt so „unangemessene
Wahlkampfpolemik”.
Ausgleich streichen
In dem genannten internen Papier des Bundesumweltministeriums werden darüber hinaus Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz angesprochen, mittels denen unter anderem der Grünlandumbruch beschränkt werden soll. Weitere Überlegungen betreffen die stärkere Regulierung von Grundstücken, auf denen Jauche, Dünger oder Mist aufgebracht wird. Dabei sollen künftig im Rahmen des Bundesimmissionsschutzgesetzes bestimmte Umweltanforderungen greifen.
Gestrichen werden soll außerdem nach dem Willen des Umweltressorts eine Vorschrift des Wasserhaushaltsgesetzes, wonach wirtschaftliche Nachteile auszugleichen sind, die dem Betreiber durch Einschränkungen von Stallanlagen in Wasserschutzgebieten entstehen.