Betrieb und Wirtschaft | 11. Mai 2017

Heimische Erdbeeren gibt es trotz Frost

Von Katja Brudermann
Der Beginn der baden-württembergischen Erdbeersaison wurde am Donnerstag vergangener Woche in Lautenbach auf dem Obsthof Ziegler eingeläutet.
„Leute, esst mehr heimische Erdbeeren”, lautete die Kernaussage der Veranstaltung. Knapp 30000 Tonnen Erdbeeren haben baden-württembergische Erzeuger im Durchschnitt der vergangenen Jahre pro Saison auf den Markt gebracht. Ein deutscher Bundesbürger verspeist durchschnittlich 3,4 kg der süßen Früchte im Jahr, die 10,51 Millionen Einwohner Baden-Württembergs kämen somit auf eine Menge von 35734 Tonnen im Jahr.
Spanische Erdbeeren wurden im Discounter bereits für 0,99 Euro pro  500-g-Schale entdeckt, während heimische zu dieser Jahreszeit bei rund 3,00 Euro  für die gleiche Menge liegen. Der Appell an die Verbraucher lautet also: „Seht den Mehrwert der heimischen Ware. Dieser liegt nicht nur in der Frische und im Aroma, sondern auch im Erhalt von Kulturlandschaft und Arbeitsplätzen in der Region.” Friedlinde Gurr-Hirsch, Staatssekretärin im Ministerium für ländlichen Raum, verwies auf die hohe Kaufkraft im Bundesland und erinnerte an das Label „Gesicherte Qualität aus Baden-Württemberg”, das dem Verbraucher eine gute Orientierung biete.
Folientunnel schafft Sicherheit
Gastgeber Martin Ziegler bekundete seine Freude an den Erdbeeren im Folientunnel. Die Qualität sei ausgezeichnet und der  Anbau gewähre Sicherheit für ihn als Betriebsleiter, für  Kunden und für  Mitarbeiter. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac  machte sich für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Beratung, Forschung und Politik stark. „Bereits beim Thema Kirschessigfliege haben wir Vertreter aller Bereiche an einen Tisch geholt – auch hinsichtlich des Frostereignisses  werden wir die Forschung intensivieren und dafür Sorge tragen, dass die Forschungsergebnisse den Erzeugern nutzen”, betonte sie. Zudem sagte sie eine Summe von 1000 Euro zu, um in diesem Jahr eine Erdbeerkönigin zu küren.
Franz Josef Müller, Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau Baden-Württemberg, stellte dem Jahrhundertereignis des  Frostes die Jahrhundertqualität der diesjährigen Erdbeeren aus dem Folientunnel entgegen.
Wendelin Obrecht, Vorstandsvorsitzender des Obstgroßmarktes Mittelbaden (OGM) und selbst Produzent, berichtete, dass seine eigenen Erdbeeren  den Frost ohne gravierende Schäden überstanden hätten. Laut Markus Bieser, Geschäftsführer des OGM, wurde die  Ernteschätzung beim OGM für dieses Jahr aufgrund des Frostereignisses  von 6000 Tonnen nunmehr auf 4000 bis 4500 Tonnen angepasst.  Die erste Ware kam am 12. April, die größten Erntemengen werden in den Kalenderwochen 20 bis 23 erwartet.

 
 
Anstrengende Saison, bisher vernünftige Preise
Die  in Oberkirch seit rund einem Monat im Gang befindliche Erdbeersaison verlaufe bis dato anstrengend, aber mit vernünftigen Preisen, erklärte OGM-Geschäftsführer Markus Bieser am Dienstag gegenüber der BBZ. Die Kampagne laufe wetterbedingt zögerlich, sowohl im Tunnel als auch im Freiland. Ende April kam die erste Freilandware aus doppelt abgedeckten Beständen, in der laufenden Woche kam Ware aus einfach abgedeckten Flächen hinzu.
 Man könne schwer planen, welche Mengen kommen. Bei Programmen mit dem Einzelhandel müsse man  vorsichtig agieren.  Bis dato steht noch nicht genügend deutsche Ware zur Verfügung, so dass  Spanier, Holländer und Italiener immer noch am Markt unterwegs sind.
Die  Nachfrage sei  wetterbedingt verhalten, an Sonnentagen laufe die Ware besser, das merke man gleich. 
Die Preise seien  im bisherigen Saisonverlauf und auch in der laufenden Woche  vernünftig. „Der Markt wird noch nicht geflutet mit Ware”, sagt Bieser.  Konkrete Preise will  er  nicht nennen. Die BBZ erhält vom OGM auch keine wöchentlichen Preismeldungen mehr, andere Marktteilnehmer sollen diese nicht der Zeitung entnehmen können, findet man in Oberkirch. Bieser  beklagt in diesem Zusammenhang, dass Großerzeuger, die nicht über den OGM vermarkten, in manchen Phasen die Preise kaputtmachen, wenn sie mit viel Ware im Rücken Panik bekommen. Das einzige Ventil sei dann der Preis.
 „Die Erzeuger sollen sich um die Erzeugung  kümmern und der OGM um die Vermarktung”, so Biesers Überzeugung. Der Erdbeermarkt sei ein internationales Geschäft. Wer Warenströme,   Wetter und  Qualitäten nicht im Gesamtgefüge wahrnehme,  sondern nur seinen eigenen  Markt eng begrenzt sehe, bringe das Gesamtgefüge durcheinander, so Biesers Erfahrung. „Das tut auf Dauer keinem der Erzeuger  gut”, meint Bieser.
Für die kommende Woche seien erneut Tage mit wenigen Sonnenstunden prognostiziert. Die Mengen werden steigen, aber  nicht explodieren, erwartet Bieser. Die anderen deutschen Gebiete sind seit vergangener Woche  nach und nach in die Ernte eingestiegen. bos