Die Äußerung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, er rechne mit einer deutlichen Steigerung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2024, ist beim Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) sauer aufgestoßen.
Pünktlich zur Spargelsaison sorgt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit Aussagen zum künftigen Mindestlohn bei Anbauern von Sonderkulturen für Ärger.
Dessen Präsident Hans-Benno Wichert erklärte, Heil wäre gut beraten, nicht über die Entwicklung des Mindestlohns öffentlich zu spekulieren und dadurch Einfluss nehmen zu wollen. Er sollte stattdessen lieber andere Möglichkeiten ersinnen, wie Kaufkraftverlusten sinnvoll begegnet werden könnte, ohne immer nur Arbeitgeber und Wirtschaft einseitig zu belasten, so Wichert in einer Reaktion am Dienstag.
Die paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzte Mindestlohnkommission dürfe bei ihrem Vorschlag zum Mindestlohn nicht allein die von Heil angesprochene Inflation und Tarifentwicklung heranziehen, stellte Wichert klar. Die Kommission müsse nach den Vorgaben des Mindestlohngesetzes auch funktionierende Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigungssicherheit berücksichtigen. Denn bei Verlust der Arbeitsplätze aufgrund einer starken Mindestlohnerhöhung hätten die Beschäftigten durch diese nichts gewonnen, gab der GLFA-Präsident zu bedenken.
Gerade in landwirtschaftlichen Betrieben, insbesondere bei der Produktion von Obst, Gemüse und Wein, bestünde bei einer Anhebung des Mindestlohns auf 13 Euro oder 14 Euro die Gefahr erheblicher Arbeitsplatzverluste, die sich auch auf den vor- und nachgelagerten Bereich erstrecken würde, warnte Wichert.
Wettbewerbsdruck steigt weiter
Denn mit einer solch starken
Mindestlohnerhöhung würde der Wettbewerbsdruck durch die im Ausland zu
deutlich geringeren Mindestlöhnen und Sozialstandards produzierte Ware
noch weiter verschärft. Zudem könnte es auch ein Absinken des ohnehin
geringen Selbstversorgungsgrades Deutschlands bei Obst und Gemüse
bewirken. Soweit der Bundesarbeitsminister die hohen Tarifabschlüsse als
Grund für die zu erwartende deutliche Mindestlohnerhöhung benenne, sei
zu beachten, dass diese Abschlüsse nicht nur der Inflation geschuldet
seien. In vielen Branchen seien diese auch Folge der massiven Erhöhung
des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 und nicht eine Folge
der üblicherweise bei Tarifabschlüssen relevanten realen Wertschöpfung
in den Unternehmen gewesen, erläuterte Wichert. All das werde die
Mindestlohnkommission zu beachten haben – „unbeeinflusst von politischen
Wünschen”. Die Kommission wird ihren Vorschlag bis Ende Juni
unterbreiten.
Kritik an den Äußerungen des Ministers kam auch vom Koalitionspartner
FDP. Deren Obmann im Arbeitsausschuss des Bundestages, Jens Beeck,
betonte, dass die Festlegung von Löhnen in Deutschland den Tarifpartnern
obliege. Das gelte auch für den Mindestlohn. Zugleich stellte
Beeck fest, dass aufgrund der Entwicklung der Tariflöhne die Erwartung
von Heil an eine Mindestlohnerhöhung „nicht unplausibel” sei. Es sei
jedoch weder die Aufgabe des Ministers, darüber öffentlich zu
spekulieren, noch Einfluss nehmen zu wollen. „Die einmalige politische
Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 von 9,60 Euro auf 12 Euro
bleibt genau das: einmalig”, so Beeck.