Pflanzenbau | 28. März 2019

Halmverkürzer für gute Standfestigkeit

Von Dr. Friedrich Merz, RP Stuttgart
Durch den Einsatz von Wachstumsreglern können eine Festigung des Halms und eine Verbesserung der Standfestigkeit erzielt werden.
Emmer im Lager
In Sommergetreide ist in der Regel nur bei sehr hoher Lagerneigung eine Behandlung mit Wachstumsreglern zu empfehlen. Wenn eine standfeste Sorte gewählt, spät gesät, für eine geringe Bestandesdichte gesorgt und nur mineralisch gedüngt wurde, kann auch in Wintergetreide, insbesondere in Winterweizen, meist auf einen Einsatz von Wachstumsreglern verzichtet werden. Wenn die genannten pflanzenbaulichen Maßnahmen nicht berücksichtigt werden konnten oder ungünstige Bedingungen herrschen, nimmt die Lagergefahr zu.
Für die Bemessung des erforderlichen Aufwandes von Wachstumsreglern müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Die Tabelle gibt eine Hilfestellung dazu. Die Anwendungsgebiete und die empfohlenen Aufwandmengen der verschiedenen Wachstumsregler sind im Merkblatt „Integrierter Pflanzenschutz 2019”.
Wirkungsweise
Bei zu geringer Pflanzendichte ist zu prüfen, ob ein früher Einsatz eines Chlormequat-Mittels, beispielsweise CCC720, Stabilan 720, Manipulator oder Shortcut, von Nutzen ist. Diese Mittel hemmen die für das Längenwachstum verantwortlichen Pflanzenhormone – Gibberelline – und verkürzen dadurch hauptsächlich die Halmlänge. Sie verstärken aber auch die Halmwand. Das Wachstum des Haupttriebes wird gehemmt und das der Nebentriebe gefördert. Dadurch erhalten mit Chlormequat-Mitteln behandelte Bestände ein einheitliches Aussehen. Für eine gute Wirkung brauchen diese Mittel bei Sonnenschein Mindesttemperaturen von 6 bis 8 °C, bei bedecktem Himmel von 10 °C.
Bei dichten Beständen
In dichten, gut entwickelten Beständen sind unter anderem Trinexapac-Mittel wie  Countdown NT, Calma, Moddevo, Moddus, Moxa, Flexa oder Modan 250 EC zu bevorzugen. Eine Förderung der Seitentriebbildung würde sich unter diesen Umständen negativ auf den Ertrag auswirken. Sie hemmen die Pflanzenhormone später und verkürzen die Abschnitte zwischen den Knoten, die sich gerade im Wachstum befinden. Zudem verstärken sie die Wand des Getreidehalmes und verbessern die Wurzelbildung.
Sie wirken gleichmäßig auf Haupt- und Nebentriebe. Behandelte Bestände sind ungleichmäßig und sehen fast wie unbehandelte aus. Für eine gute Wirkung sind sonniges Wetter und Temperaturen von mindestens 12 °C erforderlich.
Aufgrund der guten Formulierung von Moddevo wird der Wirkstoff des Mittels auch bei tieferen Temperaturen aufgenommen. Deshalb eignet sich Moddevo für den frühen Einsatz ab Mitte bis Ende der Bestockung  im ES 25 – Wintergerste 29 – bis 31/32. Der frühzeitige Einsatz verkürzt die untersten Stängelabschnitte.
Das Mittel Medax Top enthält zwei Wirkstoffe. Mepiquat-Chlorid wirkt, ähnlich wie das Chlormequat, früh auf die Pflanzenhormone, verkürzt die Länge und verstärkt die Wand des Halmes. Der Haupttrieb wird gehemmt und die Nebentriebe werden gefördert. Die Ansprüche an die Witterung sind mit denen von Chlormequat-Mitteln vergleichbar. Der zweite Wirkstoff, Prohexadion-Calcium, hat eine ähnliche Wirkungsweise wie Trinexapac. Er hemmt später, verkürzt die Länge und verstärkt die Wand der Halme. Zudem wirkt er gleichmäßig auf Haupt- und Nebentriebe. Für eine gute Wirkung ist eine Mindesttemperatur von 12 °C erforderlich. Medax Top ist jetzt zusätzlich nach Artikel 51 zur Halmfestigung in Emmer, Einkorn und Khorasan-Weizen zugelassen.
In Prodax sind die Wirkstoffe Prohexadion-Calcium und Trinexapac kombiniert. Die Wirkstoffe verkürzen über einen längeren Zeitraum den Halm und erhöhen auch die Dicke der Halmwand. Das Mittel hat in Winter- und Sommergetreide ein breites Anwendungsfenster und kann auch in Dinkel und Durum zum Einsatz kommen. Neu sind zusätzliche Anwendungsgebiete nach Artikel 51 zur Halmfestigung in Einkorn, Emmer und Khorasan-Weizen.
Die Ethephon-Mittel Camposan Extra, Cerone 660 und Orlicht Plus wirken über das Pflanzenhormon Ethylen. Es verkürzt die Halmlänge. Die Halmwand wird nicht beeinflusst. Es reduziert auch das bei der Gerste gefürchtete Ährenknicken. Von allen Wachstumsreglern hat es die höchsten Temperaturansprüche von mindestens 14 °C und benötigt Wachstum förderndes Wetter für eine sichere Wirkung.
Das Mittel Bogota Ge enthält die Wirkstoffe Chlormequat und Ethephon. Die Kombination der beiden Wirkstoffe verkürzt und festigt den Halm.
Empfehlungen
Wenn der Einsatz von Wachstumsreglern erforderlich wird, sollte grundsätzlich beachtet werden, dass eine gute Standfestigkeit vor allem dann erreicht wird, wenn im unteren Teil des Halmes die Abschnitte zwischen den Knoten verkürzt werden.
Dies gelingt bei einem möglichst frühzeitigen Einsatz der entsprechenden Mittel am besten. Ein verspäteter Einsatz bewirkt eine Verkürzung im oberen Teil des Halmes mit der unerwünschten Folge, dass die Ähren nur wenig über das Fahnenblatt hinausragen. Unter solchen Bedingungen trocknen die Ähren schlechter ab und werden anfälliger für Krankheitsbefall.
Chlormequat-Mittel kürzen im Vergleich zur Kontrolle die Halme am geringsten. Eine Kombination mit Moddus wirkt besser. Die stärksten Einkürzungen erzielen Medax Top + Turbo und Prodax. In Gerste führt die zusätzliche Anwendung eines Ethephon-Mittels zu einer weiteren Reduzierung der Halmlänge. In Winterroggen ist meist eine Maßnahme erforderlich. In der Reihe folgen Wintergerste und Triticale. Hohe Lagergefahr besteht auch in Hafer. In dieser Getreideart können zum Beispiel Chlormequat-Mittel, Moddus, Countdown NT, Flexa, Modan 250 EC oder Medax Top sowie Prodax während des Schossens zur Anwendung kommen.
Die meisten Winterweizensorten sind sehr standfest und haben den geringsten Bedarf. In standfesten Sorten wie Barranco, Beryll, Boss, Kamerad, KWS Fontas, Partner, Poniticus, RGT Reform und anderen ist, insbesondere in trockenen Jahren, kein Einsatz erforderlich. Anwendungen können unter diesen Bedingungen sogar zu Mindererträgen führen.
Vorsicht bei Mischungen
Vorsicht ist geboten bei Tankmischungen von Wachstumsreglern mit Fungiziden, die Azole enthalten wie Adexar, Ascra Xpro, Capalo, Ceriax, Eleando, Elatus Era, Epoxion Top, Folicur, Gigant, Input Classic, Matador, Seguris, Opus Top oder mit Herbiziden, wie beispielsweise Wuchsstoffen. Die Herstellerfirmen geben hierzu Hinweise in der Gebrauchsanleitung.
In Kombination mit Azolfungiziden wird die Wirkung der Wachstumsregler verstärkt. Deshalb ist mit diesen Tankmischungen trotz einer verringerten Aufwandmenge der Wachstumsregler die gleiche Einkürzung zu erzielen. Dies zeigte sich in Versuchen sowohl bei Behandlungen des Winterweizens als auch der Wintergerste.
Auch wenn das Getreide nicht ins Lager geht, kann der Einsatz von Wachstumsreglern zu Mehrerträgen führen. Bei Berechnungen der Wirtschaftlichkeit ist allerdings festzustellen, dass vor allem Behandlungen mit hohen Aufwandmengen oft unrentabel sind oder nur geringfügige Mehrerlöse erbringen. Dies gilt insbesondere für Anwendungen
in standfesten Winterweizensorten.