Betrieb und Wirtschaft | 22. Oktober 2014

Gut beobachten, flexibel

Von Gerda Oswald/ René Bossert
Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben Milchviehbetriebe mit Weidegang auf Vollkostenbasis betriebswirtschaftlich ausgewertet. Christoph Fehrenbach aus Gütenbach lag bei dem Vergleich weit vorne mit dabei. Was ist sein Erfolgsrezept?
Christoph Fehrenbach (55) ist seit mehr als 30 Jahren Landwirtschaftsmeister und betreibt den Obergrundhof in Gütenbach mit durchschnittlich 43 Milchkühen alleine. Zum Heuen und für die Gülleausbringung beauftragt er den  Maschinenring oder Landwirte von den Nachbarhöfen. 
„Ich habe nicht ‚das‘ Erfolgsrezept”, sagt der Biomilch-Erzeuger Fehrenbach und  beschreibt sein System: Rund um den Hof sind 62 Hektar Grünland. Zehn Hektar sind ausschließlich Weide und werden hauptsächlich von den Jungtieren beweidet. Das übrige Grünland gehört den Vorderwälder-Kühen. Die Flächen liegen auf einer Höhe von 960 bis 1030 Höhenmetern.
Vorderwälder-Züchter Christoph Fehrenbach setzt auf seine Kuhfamilien mit flacher Laktationskurve.

Anfang Mai beginnt in normalen Jahren die Weideperiode.   Anfang Oktober fängt Fehrenbach an, im Stall etwas zuzufüttern. Die Kühe sind dann je nach Witterung aber noch bis Ende Oktober oder Anfang November auf der Weide. Fehrenbachs  Devise: Im Frühjahr so früh wie möglich raus, dafür lieber im Herbst nicht zu lange weiden, um die Flächen nicht zu sehr zu strapazieren. 
  „Das Wetter, und damit die Vegetation, ist entscheidend dafür, wo wir Heu machen, Silage einfahren oder durchweiden, je nachdem,  wie der Bedarf im Betrieb ist”, erklärt er.  In der Regel gibt es drei Nutzungen im Jahr. Das sei kein festes System, sondern vielmehr Beobachtung der Natur, um danach flexibel eine Entscheidung  zu fällen.
Die Grünlandflächen für die Kühe sind in etwa zehn Koppeln verschiedener Größe unterteilt, die sich durch Bachläufe oder Wege ergeben. Zwei größere Koppeln gibt es speziell für die Nachtweide, zwischen ihnen wird täglich gewechselt.  Die einzelnen Tag-Koppeln werden im täglichen oder zweitägigen Wechsel beweidet, so dass die Kühe alle  fünf bis sechs Tage wieder auf die Koppel kommen.
 Die Winterfutterration besteht zu rund 75 % aus Grassilage, der Rest sind Heu und Öhmd. Fehrenbach sät nicht systematisch nach, sondern nur dort, wo es  aufgrund beispielsweise von starken Trittschäden nötig ist. Bei der Gülleausbringung verdünnt er grundsätzlich mit Wasser, damit die guten Gräser geschont werden.
Die durchschnittliche Jahresleistung seiner Herde liegt bei gut   5300 Kilogramm.    Zwei Jahre lang versuchte es  Fehrenbach ganz ohne  Kraftfutter. „Aber die Tiere wurden mir nach dem Abkalben zu ausgezehrt, das konnte ich nicht mitansehen”, sagt er.     Die  aus dem Grundfutter erzeugte Milch beträgt knapp   5000   Kilogramm pro Kuh im Jahr. „Das sind keine Spitzenwerte”, sagt Fehrenbach, „aber es rechnet sich.”   Rund 300 Kilogramm Kraftfutter gibt er pro Kuh im Jahr.    Seit Juni hat er übrigens für die Kühe keinen Tierarzt mehr  gebraucht.
 Die saisonale Abkalbung ist für ihn wegen der Arbeitsspitze nicht passend, sagt er. Ganz ad acta hat er das Thema aber noch nicht gelegt. „In den vergangenen Jahren standen bei mir auch einige Baumaßnahmen zur Verbesserung des Kuhkomforts im Vordergrund. Da wollte ich mich nicht noch gleichzeitig mit dem Thema saisonale Abkalbung beschäftigen”, erzählt er.
Im Sommer sind alle Tiere Tag und Nacht draußen. Nach dem Melken öffnet Fehrenbach einfach die Stalltür und die Tiere können nachts auf die Nacht-Koppeln, wann immer sie wollen. Es gibt kein Scheuchen und Treiben. Morgens kommen sie von  alleine wieder in den Stall und warten, dass sie um 6 Uhr gemolken werden.
„Momentan ist es fast eine halbe Stunde später, weil es morgens noch dunkel ist. Ja, dann ist es eben so”, sagt der Melker. Die Tiere sind übrigens sehr ruhig – man möchte beinahe sagen:  tiefenentspannt. Auch Christoph Fehrenbach ist kein Hektiker.  Wer diese Ruhe auf wen überträgt, ist letztlich egal.