Die Landesregierung hat am Dienstag den Entwurf eines Landesgrundsteuergesetzes zur Anhörung freigegeben. Dieses sieht eine modifizierte Bodenwertsteuer für Baden-Württemberg vor.
Das Land bringt mit dem Bodenwertmodell eine eigene Gesetzgebung für die Grundsteuer auf den Weg.
„Wir nutzen die seltene Chance, ein eigenes Steuergesetz zu erlassen. Als erstes Bundesland haben wir uns dafür entschieden, komplett vom Bundesrecht abzuweichen und einen ganz eigenen Weg zu gehen”, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
„Passgenaue Lösung für unser Land”
Als elementare, verlässliche Steuer für die Kommunen
bezeichnete Finanzministerin Edith Sitzmann die Grundsteuer: „Mit
unserem Bodenwertmodell haben wir ein innovatives, neues Konzept
entwickelt, mit dem auch die kommunalen Landesverbände zufrieden sind.
Es ist transparent und einfach, nachvollziehbar und bürokratiearm. Die
neue Grundsteuer ist eine passgenaue Lösung für unser Land – ein echtes
Baden-Württemberg-Modell.”
Hintergrund: Am 10. April 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das
Bewertungssystem der bisherigen Grundsteuer für verfassungswidrig
erklärt. In seiner Entscheidung räumte das Gericht dem Gesetzgeber eine
Frist bis Ende 2019 ein, um eine neue Regelung zu treffen. Für die
Umsetzung gilt eine weitere Frist bis Ende 2024. Ab 1. Januar 2025 muss
die reformierte Grundsteuer angewandt werden.
Ende 2019 wurde auf Bundesebene ein Grundsteuerreformgesetz
verabschiedet. Beim sogenannten Bundesmodell fließen in die Berechnung
der Grundsteuer der Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche,
Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und das Gebäudealter mit
ein. Das Gesetz gibt den Ländern laut Stuttgarter Staatsministerium mit
einer Öffnungsklausel die Möglichkeit, vom Bundesgesetz abzuweichen,
eigene Grundsteuermodelle zu entwickeln und umzusetzen.
Davon wird Baden-Württemberg laut Staatsministerium mit dem
Bodenwertmodell Gebrauch machen. Es basiert demnach im Wesentlichen auf
zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die
Bewertung werden beide Werte miteinander multipliziert.
Steuermesszahl gemäß Nutzung
Im weiteren Schritt wird eine gesetzlich festgelegte
Steuermesszahl angewandt – modifiziert nach der Nutzung des Grundstücks.
Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke gibt es einen
Abschlag. „Es ist uns wichtig, dass Wohnen im Durchschnitt nicht teurer
werden darf”, sagte die Finanzministerin. „Ein großes Plus des
Bodenwertmodells ist es, dass neu geschaffener Wohnraum keine höhere
Besteuerung auslöst. Denn die Gebäudefläche spielt bei der
baden-württembergischen Grundsteuer grundsätzlich keine Rolle.” Die
Grundsteuerreform soll aufkommensneutral erfolgen. Dabei sind auch die
Kommunen gefragt, so das Staatsministerium. Mit den Hebesätzen, die sie
auf die Grundsteuermessbeträge anwenden, hätten sie wesentlichen
Einfluss auf die Höhe der Grundsteuer.
Verfassungsgericht sorgt für Handlungsdruck
Die bisherige Grundsteuer
basiert auf den Einheitswerten: Im Westen Deutschlands stammen diese
Grundstückswerte von 1964, im Osten von 1935. In seiner Entscheidung vom
10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht diese Werte als
veraltet und verfassungswidrig beurteilt. Deshalb müssen Grundstücke nun
neu bewertet werden. 2019 lagen die Grundsteuereinnahmen im Land bei
knapp 1,8 Milliarden Euro. Sie kommen den Kommunen zugute.