Politik | 30. Juli 2020

Grundstücksfläche mal Bodenrichtwert

Von AgE
Die Landesregierung hat am Dienstag den Entwurf eines Landesgrundsteuergesetzes zur Anhörung freigegeben. Dieses sieht eine modifizierte Bodenwertsteuer für Baden-Württemberg vor.
Das Land bringt mit dem Bodenwertmodell eine eigene Gesetzgebung für die Grundsteuer auf den Weg.
„Wir nutzen die seltene Chance, ein eigenes Steuergesetz zu erlassen. Als erstes Bundesland haben wir uns dafür entschieden, komplett vom Bundesrecht abzuweichen und einen ganz eigenen Weg zu gehen”, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
„Passgenaue Lösung für unser Land”
Als elementare, verlässliche Steuer für die Kommunen bezeichnete Finanzministerin Edith Sitzmann die Grundsteuer: „Mit unserem Bodenwertmodell haben wir ein innovatives, neues Konzept entwickelt, mit dem auch die kommunalen Landesverbände zufrieden sind. Es ist transparent und einfach, nachvollziehbar und bürokratiearm. Die neue Grundsteuer ist eine passgenaue Lösung für unser Land – ein echtes Baden-Württemberg-Modell.”
Hintergrund: Am 10. April 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht das Bewertungssystem der bisherigen Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. In seiner Entscheidung räumte das Gericht dem Gesetzgeber eine Frist bis Ende 2019 ein, um eine neue Regelung zu treffen. Für die Umsetzung gilt eine weitere Frist bis Ende 2024. Ab 1. Januar 2025 muss die reformierte Grundsteuer angewandt werden.
Ende 2019 wurde auf Bundesebene ein Grundsteuerreformgesetz verabschiedet. Beim sogenannten Bundesmodell fließen in die Berechnung der Grundsteuer der Bodenrichtwert, die Grundstücksfläche, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und das Gebäudealter mit ein. Das Gesetz gibt den Ländern laut Stuttgarter Staatsministerium mit einer Öffnungsklausel die Möglichkeit, vom Bundesgesetz abzuweichen, eigene Grundsteuermodelle zu entwickeln und umzusetzen.
Davon wird Baden-Württemberg laut Staatsministerium mit dem Bodenwertmodell Gebrauch machen. Es basiert demnach im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Bewertung werden beide Werte miteinander multipliziert.
Steuermesszahl gemäß Nutzung
Im weiteren Schritt wird eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl angewandt – modifiziert nach der Nutzung des Grundstücks. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke gibt es einen Abschlag. „Es ist uns wichtig, dass Wohnen im Durchschnitt nicht teurer werden darf”, sagte die Finanzministerin. „Ein großes Plus des Bodenwertmodells ist es, dass neu geschaffener Wohnraum keine höhere Besteuerung auslöst. Denn die Gebäudefläche spielt bei der baden-württembergischen Grundsteuer grundsätzlich keine Rolle.” Die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral erfolgen. Dabei sind auch die Kommunen gefragt, so das Staatsministerium. Mit den Hebesätzen, die sie auf die Grundsteuermessbeträge anwenden, hätten sie wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Grundsteuer.
Verfassungsgericht sorgt für Handlungsdruck
Die bisherige Grundsteuer basiert auf den  Einheitswerten: Im Westen Deutschlands stammen diese Grundstückswerte von 1964, im Osten von 1935. In seiner Entscheidung vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht diese Werte als veraltet und verfassungswidrig beurteilt. Deshalb müssen Grundstücke nun neu bewertet werden.   2019 lagen die Grundsteuereinnahmen im Land bei knapp 1,8 Milliarden Euro. Sie kommen den Kommunen zugute.