Grüne Karriere | 27. Mai 2021

Von nahrhaft bis genussreich

Von Petra Littner
Nahrungs- und Genussmittel zu erzeugen, ist eine ebenso abwechslungsreiche wie verantwortungsvolle und spannende Aufgabe. Was die beliebten Grünen Berufe Landwirt, Winzer und Brenner kennzeichnet, ist in dieser Folge unserer BBZ-Serie „Agrar-Karriere” zu lesen.
Im praxisnahen Unterricht an der Fachschule erhalten die angehenden Landwirte auch technische Kenntnisse.
Eine Gedankenreise: Stell dir vor, der Schwarzwald ist komplett von Wald bedeckt, und in der Rheinebene gibt es nur wilde Auen und wucherndes Grasland. Vor rund eintausend Jahren war das so. Dann siedelten  Menschen und begannen, die Region auch landwirtschaftlich zu nutzen. Mit der Errichtung von Klöstern, beispielsweise in St. Blasien im 9. Jahrhundert, begannen sie auch, Land als Äcker und Weiden zu bewirtschaften und am Schluchsee auf Jagd und Fischfang zu gehen. Mönche, unter anderem vom Orden der Kartäuser, Augustiner oder Zisterzienser, waren bekanntlich auch dem Wein nicht abgeneigt und ließen klimatisch begünstigte Lagen wie im Markgräflerland, Breisgau und am Kaiserstuhl für den Anbau von Reben erschließen. Heute ist Baden mit rund 15800 Hektar Ertragsfläche das drittgrößte der 13 Weinanbaugebiete Deutschlands und durch seine Rebterrassen ebenso geprägt wie der Schwarzwald durch offenes Grünland.
Dass Böden und Klima in Südbaden für landwirtschaftliche Nutzung ideal sind, haben die Menschen also schon früh erkannt und durch dessen Bewirtschaftung im Laufe der Jahrhunderte das ursprüngliche Landschaftsbild der Region stark verändert und geprägt. In vielen Berufen sind Traditionen wiederzufinden, wenngleich moderne Technik und Forschung mühsame Handarbeit ersetzen und leistungsfähiger machen. Die Aufgaben von Landwirten, Winzern und Brennern sind damit auch komplex und anspruchsvoll geworden und erfordern vielfältige Kenntnisse. Diese erlangt man mit der Ausbildung, die sodann den Grundstein für die berufliche Zukunft legt. Danach ist es quasi unerlässlich, sich stetig weiterzubilden oder zu spezialisieren.
Vom Feld auf den Teller
Dass wir alle täglich etwas zu essen auf dem Teller haben, dafür sorgen die Landwirtinnen und Landwirte. Sie bestellen die Felder und ziehen tierischen Nachwuchs auf und liefern darüber hinaus Produkte zur Energiegewinnung. Die Aufgabenbereiche in der Landwirtschaft sind sehr umfangreich. Sie lassen sich in die Teilgebiete Acker-, Obst- und Gemüsebau, Tierhaltung und Waldwirtschaft einteilen, für die man sich nach der allgemeinen Ausbildung spezialisieren kann. Die Lehre wird abwechselnd in der Schule und auf einem Betrieb absolviert und dauert in der Regel drei Jahre. Dabei lernt man, worauf es beim Umgang mit Nutztieren, bei der Bodenbearbeitung und Ernte und auch beim Bedienen von Maschinen ankommt. Zu den neueren Aufgabenfeldern der Landwirtschaft zählen die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen sowie deren energetische Verwertung: Auf vielen Bauernhöfe werden gleichzeitig Rohstoffe produziert und Biogasanlagen betrieben.
Große Agrarbetriebe setzen manchmal ein Studium der Agrarwirtschaft voraus, zum Beispiel für Leitungspositionen oder Stellen in Vertrieb oder Marketing. Dual Studierende – konventionell oder ökologisch ausgerichtet – profitieren von der praxisorientierten Gestaltung, das heißt sie können theoretisches Lernen an der Hochschule durch praktische
Tätigkeit im Betrieb ergänzen und zusätzlich bei Exkursionen, Praktikum oder Auslandssemester Erfahrungen sammeln.
Ein landwirtschaftlicher Meisterbrief wird im Übrigen oftmals dem Bachelor in Agrarwirtschaft gleichgestellt. Wer also zunächst eine klassische Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Beruf gemacht hat und danach zwei Jahre Berufserfahrung sammelte, kann sich durch einen anschließenden Meisterkurs ebenfalls für Positionen mit höheren Anforderungen und mehr Verantwortung sowie als Betriebsleiter und Ausbilder qualifizieren.
Vom Rebstock in die Flasche
Das Winzerjahr wird vorwiegend von Arbeiten im Freien bestimmt.
In einer dreijährigen dualen Ausbildung zum Winzer wird in der Berufsschule und in einem Ausbildungsbetrieb alles rund um Traubenerzeugung, Ernte und Verarbeitung vermittelt. Wie in den meisten Grünen Berufen sind Winzer vom Rebschnitt über Laub- und Bodenarbeiten bis hin zur Traubenlese vorwiegend im Freien tätig. Sie arbeiten mit und in der Natur und sorgen durch qualitätsregulierende Maßnahmen für ein optimales Gedeihen der Früchte. Bevor die hochwertigen Weine und Sekte in Flaschen gefüllt und verkauft werden können, liegen viele spannende Arbeitsschritte in der Weinbereitung  dazwischen.
Mit Fingerspitzengefühl, technischem Know-how und sensorischen Fähigkeiten lässt sich aus frisch gepresstem Traubenmost ein charaktervolles alkoholisches Getränk erzeugen. Wie das gelingt, lernen die Weintechnologen. Sie sind auf die Weiterverarbeitung spezialisiert und begleiten den Weg der Trauben von der Anlieferung über den Ausbau in Fässern und Tank bis zur Abfüllung. Währenddessen müssen Zucker-, Säure- und Alkoholgehalt sowie Farbe und Geschmack geprüft und dokumentiert werden. Weintechnologen − der Beruf wurde bis 2013 „Weinküfer” genannt − sind also dafür verantwortlich, dass der Kunde ein verlässliches Qualitätsprodukt erhält. Darüber hinaus ist deren Fachwissen gefragt: Ausgebildete Experten sind häufig geschätzte Moderatoren von Weinproben. Auch Kellermeister werden oft als fachkundige Berater hinzugezogen.
Darüber hinaus gibt es für junge Menschen mit technischen und betriebswirtschaftlichen Interessen seit 2019 den Studiengang „Wein-Technologie-Management” (Duale Hochschule  Heilbronn www.heilbronn.dhbw.de in Kooperation mit der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau [LVWO] Weinsberg https://lvwo.landwirtschaft-bw.de).
Weitere weinbauliche Bachelor- und Masterstudiengänge wie „Weinbau und Önologie” (auch deutsch-französisch), „Internationale Weinwirtschaft” oder  „Wine, Sustainability & Sales” bieten der Weincampus Neustadt www.weincampus-neustadt.de und die Hochschule Geisenheim University www.hs-geisenheim.de
Vom Most zum Hochprozentigen
Computergesteuerte Technik unterstützt den Brennvorgang.
Wer Interesse an chemisch-biologischen Vorgängen hat und es spannend findet, beispielsweise aus Obst, Getreide oder Kartoffeln alkoholhaltige Getränke herzustellen, kann sich im Beruf „Brenner” verwirklichen. Während der dreijährigen Ausbildung geht es um die Aufbereitung der Rohstoffe, das Maischen, die Gärung und das Destillieren.
Neben der Verarbeitung mit modernen, computergesteuerten Geräten lernt man das Verkosten, Abfüllen und Vermarkten der hochprozentigen Destillate, führt Qualitätskontrollen durch und zeichnet für Hygiene verantwortlich. Der Beruf geht mit großer Verantwortung im Umgang mit Alkohol einher. Deshalb müssen Auszubildende volljährig sein oder das Einverständnis der Eltern vorweisen.
Der Unterricht an der Berufsschule findet in der Regel in Blöcken statt. Fundierte theoretische Kenntnisse zur Obst- und Getreidebrennerei sowie in Wirtschafts- und Betriebslehre werden durch Einheiten im Labor und die praktische Arbeit im Ausbildungsbetrieb ergänzt. Nach dem Abschluss kann die Meisterprüfung oder ein Studium erfolgen, mit der eine selbstständige Tätigkeit und Eröffnung einer eigenen Brennerei möglich ist.
Die Ausbildung im Brennereiwesen kann sowohl in landwirtschaftlichen Betrieben als auch in Betrieben der gewerblichen Wirtschaft erfolgen. Im Rahmen der dualen Ausbildung besuchen Azubis  die zentrale Bundesfachklasse für Brenner am Fritz-Henßler-Berufskolleg in Dortmund. Für Brenner  im Nebenerwerb gibt es fachschulische Ergänzungsangebote in Verbindung mit Praxiszeiten, die befähigen, an der Berufsabschlussprüfung teilzunehmen.
Eines ist den Berufen gemeinsam: In allen Bereichen werden Lebensmittel produziert und verarbeitet. Das Feld ist dabei breit gefächert. Es reicht von den Grundnahrungsmitteln wie Fleisch, Gemüse und Obst bis hin zu Genussgütern wie Wein und Spirituosen. Obst- und Gemüsebauern, Winzer und Edelbrenner sorgen aber nicht nur für die Ernährung der Bevölkerung, sondern leisten mit ihrer täglichen Arbeit auch einen respektablen Beitrag zum Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft.
 
Neugierig geworden? Dann klicke dich doch einmal durch folgende Infoportale: www.agrajo.com; www.ausbildung.de; www.krassgruen.de; www.bildungsserveragrar.de. Eine Ausbildungsbörse für Anbieter und Suchende in Südbaden, die auch Adressen von Ausbildungsberatern enthält, gibt es unter www.laju-suedbaden.de.
 
Tipps und Anregungen?
 
Die Serie „Agrar-Karriere” ist als Hilfestellung bei der beruflichen Orientierung gedacht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir freuen uns Die Serie „Agrar-Karriere” ist als Hilfestellung bei der beruflichen Orientierung gedacht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir freuen uns über Tipps oder Infos per E-Mail: littner(at)blv-freiburg.de.