SERIE . Milchtechnologe und Milchwirtschaftlicher Laborant – das sind zwei spannende Berufe für Perfektionisten mit handwerklichem Geschick und technischem Verständnis. Die Ausbildung öffnet viele Türen in der Lebensmittelbranche.
Kathrin Meyer hat in der Herstellung von Käse eine ebenso
abwechslungsreiche wie erfüllende Tätigkeit gefunden.
Manchmal läuft es ganz anders als gedacht. Zum Beispiel bei Kathrin Meyer: Sie ist in einem Winzerdorf am Kaiserstuhl aufgewachsen, hatte von klein auf mit dem Weinbau Berührung und bewirtschaftet inzwischen sogar ein eigenes Rebstück. Eine Winzerlehre wäre naheliegend gewesen, dennoch hat sie sich für eine Ausbildung zur Milchtechnologin entschieden. Und das kam so: Bei einem Informationsabend der beruflichen Gymnasien in Freiburg wurde sie auf das Agrarwissenschaftliche Gymnasium (AG) der
Edith-Stein-Schule aufmerksam. „Mich haben die Themen sofort angesprochen”, erklärt die junge Frau. Sie interessiere sich sehr für nachhaltige landwirtschaftliche Produktion sowie Genetik und Züchtung. Die Wahlfächer Biotechnologie und Ernährungswissenschaften begeisterten sie ebenfalls. Und so stellte Kathrin Meyer mit dem Wechsel an das AG die Weichen für ihre landwirtschaftlich orientierte Laufbahn.
Während der Schulzeit hat die Klasse gemeinsame Exkursionen zur
Molkerei Schwarzwaldmilch in Freiburg und zum biologisch-dynamisch bewirtschafteten
Breitenwegerhof in Eichstetten unternommen. Dabei und aufgrund verschiedener Praktika auf einer Schweizer Alp, auf einer Milchviehfarm in Kanada und bei der
Ziegenkäserei Monte Ziego in Teningen festigte sich ihr Entschluss, in der Milch- und Molkereibranche
arbeiten zu wollen. Die Ausbildung begann Kathrin Meyer nach dem Agrarwissenschaftlichen Abitur schließlich bei
Monte Ziego, wo sie nun unter anderem lernt, wie man aus frischer Ziegenmilch leckeren Käse und die ganze Palette weiterer verschiedener Produkte herstellt.
Von der Rohmilch zur Trinkmilch
Die Aufgaben der Milchtechnologen
sind vielfältig und beginnen bei der Anlieferung der Rohmilch. Dabei
entnehmen sie Proben für die Qualitätsprüfung und betreuen anschließend
die komplette Verarbeitung in Reifungsbehältern, dem Käsefertiger sowie
der Trocknungs- und Abfüllanlage – also von der Pasteurisierung bis hin
zur Verpackung. Dies erfordert Technik- und Computerkenntnisse. Außerdem werden sensorische Fähigkeiten trainiert, die zur Beurteilung
von Geruch, Geschmack und Konsistenz wichtig sind. Mit einem gewissen Sinn für Perfektionismus ist man in der
milchverarbeitenden Branche richtig. Hier muss man nämlich auf kleinste
Details achten, denn schon winzige Beschädigungen, zum Beispiel an
Leitungen oder an der Verpackung oder auch ein falsches
Mindesthaltbarkeitsdatum könnten zu einem Gesundheitsrisiko für den
Konsumenten werden.
Die duale Ausbildung zum Milchtechnologen dauert drei Jahre. Der theoretische Teil findet im Blockunterricht an
der Berufsschule, das heißt über mehrere Wochen, statt. Auf dem
Stundenplan stehen dabei die Verarbeitungsprozesse, Roh- und
Zusatzstoffe sowie Rezepturen für verschiedene Milchprodukte, aber auch
Wirtschafts- und Sozialkunde.
Schwerpunktthemen sind im ersten Ausbildungsjahr Qualitätsbeurteilung,
Fett- und Proteingehalte, Herstellung von Trinkmilch und
Wärmebehandlungsverfahren. Im zweiten Jahr geht es vor allem um
Butterherstellung, Anlagensteuerung und Behebung technischer Störungen
sowie die besonderen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften. Die
Herstellung verschiedener Käsesorten und weiterer Produkte sowie
Richtlinien zur Qualitätssicherung werden im dritten Lehrjahr
vermittelt.
Die theoretischen Inhalte können sodann
im Lehrbetrieb direkt in die Praxis umgesetzt werden. Azubis lernen
dort zudem die Produktpalette und die betrieblichen Abläufe kennen. Da
täglich Milch angeliefert wird und weil diese schnell verderben kann,
arbeiten Milchtechnologen in Schichten – auch am Wochenende und
teilweise sogar nachts. In Bezug auf Sicherheit und Hygiene gelten in
allen Produktionsbereichen strenge Regeln, wie das Tragen von
Schutzkleidung, Desinfektion und Haarnetzen. Im Umfeld von Maschinen ist
darüber hinaus ein Gehörschutz vorgeschrieben.
Naturwissenschaften bilden Schwerpunkt
Für eine Ausbildung zum Milchtechnologen sollte man die
Mittlere Reife abgeschlossen und Spaß an Biologie, Mathematik, Physik
und Chemie haben. Mit dem Gesellenbrief in der Tasche eröffnen sich für
Milchtechnologen interessante Betätigungsfelder in der
Lebensmittelbranche, aber auch in der Kosmetikindustrie, in
Laboratorien, Forschungseinrichtungen und in der Lebensmittelüberwachung.
Durch Fortbildungen kann man sich zum Molkereimeister,
Milchwirtschaftlichen Labormeister oder auch Industriemeister
Fachrichtung Lebensmittel qualifizieren. Abiturienten haben zudem die
Möglichkeit, direkt ins Studium einzusteigen oder auf die Ausbildung
aufzubauen.
Akademische Laufbahn Der Studiengang Lebensmitteltechnologie wird zum Beispiel an der Hochschule
Weihenstephan Triesdorf angeboten, Lebensmittelwissenschaft und
Biotechnologie stehen bei der Uni Hohenheim in Stuttgart zur Auswahl.
Weitere Hochschulen befinden sich unter anderem in Berlin, Fulda und
Ostwestfalen-Lippe. Der Einstieg erfolgt meistens zum Wintersemester.
Abhängig davon, ob ein Praktikum in den Studienverlauf integriert ist,
kann man nach sechs bis sieben Semestern den Bachelor of Science (B.Sc.)
ablegen. Das Masterstudium beansprucht nochmal zwei bis vier Semester.
www.studycheck.de.
Kontrolle von der Kuh bis zum Supermarkt
Bevor Milch in den Verkauf kommt, werden viele Kontrollen zur Qualitätssicherung durchgeführt.
Milch ist eines der am besten kontrollierten Lebensmittel. Das heißt, auf dem Weg von der Kuh bis in den Supermarkt werden Milch und Milchprodukte kontinuierlich überwacht. Das beginnt bereits bei der Anlieferung der Rohmilch, wo Proben entnommen und einer Qualitäts- und Hygieneprüfung unterzogen werden. Auch die Verarbeitungsschritte werden überprüft, Ergebnisse dokumentiert und ausgewertet. Dafür sind milchwirtschaftliche Laboranten verantwortlich. Um die einwandfreie Qualität sicherzustellen, werden chemische, physikalische und mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt, ergänzt durch sensorische Tests. Mit verschiedenen Methoden lassen sich Fett-, Milchzucker- und Eiweißgehalt bestimmen oder auch Verunreinigungen feststellen. Milchtechnische Laboranten kümmern sich zudem um die Bereitstellung von Materialen, die zur Prüfung erforderlich sind, sowie um die Sauberkeit im Labor und um die Funktionstüchtigkeit der Geräte. Sie halten Messergebnisse fest und erstellen Prüfberichte.
Beruf mit Verantwortung
Der Beruf verlangt viel
Verantwortung, was nicht zuletzt an strengen Hygiene- und
Arbeitsschutzvorschriften erkennbar ist. Die duale Ausbildung, für die
man mindestens einen Hauptschulabschluss mitbringen sollte, dauert in
der Regel drei Jahre, kann unter bestimmten Voraussetzungen aber auf
zwei bis zweieinhalb Jahre verkürzt werden. Anschließend sind
Tätigkeiten sowohl in kleinen Familienbetrieben wie auch in einem
Großkonzern oder in Forschungseinrichtungen, milchwirtschaftlichen Lehr-
und Versuchsanstalten, in der öffentlichen Verwaltung oder einem milchverarbeitenden Unternehmen möglich.
Die Ernährungswirtschaft
ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland, und die
entsprechenden Berufe bieten einen sicheren Arbeitsplatz, spannende
Aufgaben und eine gute Bezahlung. Chancen und Möglichkeiten sind
vielfältig und abwechslungsreich und nach persönlichen Vorlieben,
Fähigkeiten und Interessen wählbar. Die Berufsprofile sind ausführlich
dargestellt unter
www.ausbildung.de.
Nachhaltiges Handwerk Der 1992
gegründete Verband für handwerkliche Milchverarbeitung, VHM, informiert
auf seiner Internetseite über die Angebote des Vereins Ökologischer
Landbau, der Hofkäsereien und Hofmolkereien mit fachkundiger Beratung,
Seminaren, Workshops und steht als Interessenvertretung zur Seite:
www.milch
handwerk.info. Unter
https://www.milchtechnologe.de/ hat der Fachverband der Milchwirtschafter Niedersachen/Sachsen-Anhalt
ausführliche Informationen über die beiden Berufsrichtungen
Milchtechnologe und Milchtechnologischer Laborant zusammengestellt.
Tipp: Testet auf dieser Seite doch einmal Euer Wissen beim
Milch-Quiz.
Informationen
zur Aus- und Weiterbildung stellt auch das Bundesinformationszentrum
Landwirtschaft zur Verfügung. Über
www.bildungsserveragrar.de kann
man zudem gratis Lehrmaterialien für verschiedene Klassenstufen
bestellen, nach Jobs suchen und die Bildungs- und Beratungszeitschrift
„B&B Agrar” beziehen. Zu den verschiedenen Bildungsgängen an der
Edith-Stein-Schule in Freiburg gelangt man über
https://www.hls-freiburg.de/.
Hättet Ihr's gewusst?
- In Deutschland werden in mehr als 166 Molkereien verschiedene leckere Milchprodukte hergestellt. Über vier Millionen Milchkühe liefern dafür insgesamt 30,8 Millionen Tonnen Milch, die von den Höfen abgeholt und dann zu den verarbeitenden Unternehmen gebracht wird. Dort werden aus der Rohmilch z.B. Trinkmilch, Butter, Käse, Sahne, Speiseeis aber auch Magermilch oder Spezialprodukte wie Babynahrung hergestellt.
- Mit einem Umsatz von insgesamt 22 Milliarden Euro ist die deutsche Milchindustrie die mit Abstand größte Lebensmittelbranche in Deutschland – und in Europa.
- 2020 stellten Molkereien neben 4,6 Mio. Tonnen Konsummilch unter anderem 2,64 Mio. Tonnen Käse, vor allem Schnitt- und Frischkäse, her. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von zusammen 15 kg gehören diese beiden Gruppen mit 30 % Anteil an der gesamten Käseherstellung zu den beliebtesten Käseerzeugnissen in Deutschland.
- Pro Kopf wurden 2020 insgesamt 25,4 kg Käse konsumiert:
Schnittkäse (7,9 kg), Frischkäse inklusive Quark (7,1), Pasta-filata-Käse, z.B. Mozzarella (3,8), Weichkäse (2,4), Hartkäse (2,1), Schmelzkäse/-zubereitungen (1,4 kg) sowie Sauermilch-, Koch-/Molkenkäse (0,6 kg).
- Der Anteil ökologisch erzeugter Milch stieg 2020 um vier Prozent.
- Die Zahl kuhhaltender Betriebe sank um 4,3 % auf rund 57300 mit insgesamt 3,92 Mio. Tieren. Damit betrug die Zahl der Milchkühe in Deutschland erstmals weniger als 4 Mio. Tiere seit der Erfassung im Jahr 1991.
- Der Milchertrag je Kuh lag 2020 mit 8457 kg rund 2,6 % höher als im Jahr zuvor.
Infos auch unter www.ble.de/milch
Tipps und Anregungen?
Die Serie „Agrar-Karriere” ist als
Hilfestellung bei der beruflichen Orientierung gedacht und erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Wir freuen uns Die Serie „Agrar-Karriere” ist als Hilfestellung bei der beruflichen
Orientierung gedacht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir
freuen uns über Tipps oder Infos per E-Mail: littner(at)blv-freiburg.de.