Grüne Karriere | 09. September 2021

Von lecker bis blitzeblank

Von Petra Littner
Mit dem Status „systemrelevant” wurde den Berufen der Hauswirtschaft ihre Bedeutung offiziell bestätigt. Über die vielfältigen und abwechslungsreichen Tätigkeiten berichten wir in dieser Folge der BBZ-Serie.
Die Zubereitung von Speisen ist nur ein Teil der hauswirtschaftlichen Aufgaben.
Erntezeit. Viel Obst und Gemüse sind reif, und weil man meist nicht alles auf einmal verzehren kann, ist es sinnvoll, die Früchte einzulagern oder für den Herbst und Winter zu konservieren. Wie man Lebensmittel haltbar macht, ist nur eine von vielen Kenntnissen, die in den Ausbildungsberufen rund um die Hauswirtschaft vermittelt werden. Denn es geht nicht nur um Ernährung, sondern auch um Reinigung und Textilpflege, Hygiene und Umwelt, Versorgung und Pflege von Familienmitgliedern und Hilfebedürftigen, die Betreuung von Feriengästen und vieles mehr in öffentlichen und privaten Haushalten.
Wer einen Beruf der Hauswirtschaft ergreift, muss sehr sauber, sorgfältig und zuverlässig arbeiten, gut planen und organisieren können und vor allem den Umgang mit Menschen mögen. Einsatzbereiche gibt es viele: soziale Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Ganztagesschulen, Pflegeheime, Kurkliniken oder auch Großküchen, Gastronomie und Hotellerie, Wäschereien und nicht zuletzt landwirtschaftliche Betriebe. Gerade in der Corona-Zeit sind die Notwendigkeit und Bedeutung dieser Berufsfelder deutlich geworden und die Nachfrage nach qualifiziertem Personal stark angestiegen.
 
Ein hübsch gedeckter Tisch und frisch zubereitete Speisen sorgen mit dafür, dass eine Feier gelingt. Bei den Vorbereitungen greifen viele hauswirtschaftliche Tätigkeiten ineinander.
Abhängig vom Unternehmen werden Tätigkeitsschwerpunkte  gesetzt, bei denen stets  Kreativität und Flexibilität gefragt sind. Aber egal ob in einer Firma, in einer sozialen Einrichtung  oder in einer Familie – im Alltag müssen zahlreiche Arbeiten erledigt werden, damit „der Laden läuft”.
Im Bereich Ernährung beispielsweise reichen die Aufgaben von der Planung der Mahlzeiten und dem Einkauf der Lebensmittel über Zubereitung und Servieren des Essens bis zum anschließenden Versorgen von Speiseresten, Reinigen des Geschirrs und Lagern von Vorräten. Bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind besondere Kenntnisse notwendig und man muss auch im Umgang mit den verschiedenen Haushaltsgeräten fit sein. Wäsche und Kleidung wiederum sind fachgerecht zu reinigen, aufzubereiten und eventuell zu flicken, während Wirtschafts- und Wohnräume im Hinblick auf die  jeweiligen Oberflächen sauber gehalten und gepflegt werden müssen. Menschen mit Spaß am Dekorieren können sich verwirklichen, wenn eine Veranstaltung oder ein Fest vorbereitet oder Waren in einem Hofladen präsentiert werden sollen.
Ein ebenso verantwortungsvoller Bereich ist die Betreuung von Kindern und Jugendlichen zu Hause oder in sozialen Einrichtungen oder von Personen, die gesundheitlich oder altersbedingt eingeschränkt sind.
Je nach Betrieb können es auch Haustiere sein, die man versorgt, oder ein Garten, um den sich das hauswirtschaftliche Personal kümmert. 
Drei Schwerpunkte
Seit August 2020 gilt für Berufe der Hauswirtschaft die neue Ausbildungsverordnung, in der neben „Personenbetreuende Dienstleistungen” und „Serviceorientierte Dienstleistungen” der neue Schwerpunkt „Ländlich-agrarische Dienstleistungen”  festgelegt wurde. Neben den veränderten Anforderungen haben eine steigende Nachfrage, zum Beispiel aus dem Agrartourismus und der ländlichen Gastronomie, zu der Reform beigetragen.
Grundkenntnisse in der Speisenzubereitung, Reinigung und Pflege von Räumen und Textilien sowie organisatorische Fähigkeiten sind beim Schwerpunkt ländlich-agrarische  Dienstleistungen auf die Bedürfnisse eines landwirtschaftlichen Unternehmens abgestimmt. Das heißt, bei der dualen Ausbildung – also sowohl in der Schule als auch auf dem Lehrbetrieb – werden Kernkompetenzen in Direktvermarktung, Agrartourismus (Urlaub auf dem Bauernhof) und für den Betriebszweig Bauernhofgastronomie vermittelt. Darüber hinaus werden die Azubis geschult, auf einem Bauernhof als Erlebnisort für Kinder und ältere Menschen mitzuarbeiten.
Fachschule
Die Fachrichtung Hauswirtschaft an der Fachschule für Landwirtschaft führt zum Abschluss „Staatlich geprüfter Wirtschafter bzw. Wirtschafterin in der ländlichen Hauswirtschaft”. Voraussetzung ist ein Abschlusszeugnis der Hauptschule oder ein vergleichbarer Bildungsstand. Auch mit einer anderen Ausbildung kann man in die Fachrichtung aufgenommen werden, wenn man mindestens ein Jahr eine hauswirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat. Wer keine Ausbildung vorweisen kann, muss mindestens fünf Jahre hauswirtschaftlich gearbeitet haben. (Weitere Infos:  www.landwirtschaft-bw.info).
Der Fachunterricht mit ländlich-agrarischem Fokus erfolgt unter Berücksichtigung der vielfältigen Verflechtungen zwischen Haushalt und landwirtschaftlichem Unternehmen und ist so ausgerichtet, dass Absolventen der Fachrichtung Hauswirtschaft der Übertritt in weiterführende Bildungsgänge und Berufswege im landwirtschaftlichen Bereich ermöglicht wird. Ebenso werden hier die wesentlichen Grundlagen für eine gegebenenfalls angestrebte Meisterprüfung in der ländlichen Hauswirtschaft gelegt.
Diese ist bundesweit einheitlich geregelt und erfordert eine eineinhalb bis dreijährige Fortbildung. Mit der Meisterprüfung wird zusätzlich die Ausbildereignungsprüfung absolviert, die aber auch separat bei der IHK (Industrie und Handelskammer) abgelegt werden kann.
Eine weitere Qualifikation besteht in der Weiterbildung zur hauswirtschaftlichen Betriebsleitung. Diese wird in Fachschulen und Fachakademien angeboten und dauert in Vollzeit zwei bis drei Jahre, in Teilzeit vier Jahre. Nicht zuletzt sei die Möglichkeit eines Studiums der Ernährungswissenschaft an einer Uni oder Fachhochschule erwähnt.
Der vielseitige Beruf bietet mit dem „Fachpraktiker/in Hauswirtschaft” eine  niederschwellige Einstiegsmöglichkeit. Die dreijährige Ausbildung orientiert sich am Beruf Hauswirtschafter und ist auch für Menschen mit einer Behinderung eine attraktive berufliche Tätigkeit und  gleichzeitig eine gute Startposition für zusätzliche Qualifikationen.
Erwachsene, die beispielsweise nach der Elternzeit, begleitend zur Berufstätigkeit oder Arbeit auf dem Hof, eine Prüfung ablegen möchten, können in Teilzeit (verteilt auf drei Halbjahre) eine Ausbildung zur Fachkraft Hauswirtschaft absolvieren. Die regionalen vier Fachschulen für Landwirtschaft in Donaueschingen, Emmendingen, Offenburg und Stockach  bieten die Teilzeitklassen sowie weitere Fortbildungen in Hauswirtschaft  an (www.landwirtschaft-bw.info).
Kein bisschen verstaubt
Hinter dem Begriff „Hauswirtschaft” steckt viel mehr als Waschen, Kochen und Putzen. Außerdem sind die Ansprüche daran im Vergleich zu den 50er-Jahren enorm gestiegen. Dazu beigetragen hat auch der technische Fortschritt, mit dem viele nützliche Haushaltsgeräte in unsere Küchen Einzug hielten. Laut Statischem Bundesamt hatten im Jahr 1962/63 nur rund 50 Prozent der Haushalte einen Kühlschrank und gerade mal 34 Prozent eine Waschmaschine. Im Jahr 1988 kam die Mikrowelle auf − zunächst besaßen zwölf Prozent die Neuheit, zehn Jahre später waren es 50 Prozent der Haushalte. Moderne Küchengeräte erleichtern die Arbeit, können Kompetenzen aber nicht ersetzen.
Zwar geht alles schneller, aber gleichzeitig gehen überlieferte Kenntnisse verloren. Ähnlich verhält es sich bei der Reinigung: Anstelle von Chemikalien wurden früher natürliche Hausmittel verwendet, die heute vielen Verbrauchern kaum noch bekannt sind.  
Nützliche Info-Adressen für Berufseinsteiger:
Hinweis: Die Liste der Info-Adressen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.