Pflanzenbau | 14. November 2019

Größe und Schlagkraft präg(t)en die Agritechnica

Von Gernot Raiser
Die Agritechnica ist sich auch 2019 treu geblieben und war wieder geprägt von großen und schlagkräftigen Maschinen und Traktoren sowie von der Digitalisierung als aktuellem Megatrend. Kleine und feine Innovationen waren auch vertreten – jedoch etwas im Abseits.
Der Nutzen von Maschinen liegt oft im Detail – viele Besucher legten ziemlich ungeniert Hand an, um „hinter die Kulissen” schauen zu können.
Um die Menschenmassen permanent in Bewegung durch sämtliche Hallen zu halten und den Ausstellern möglichst viele – wenn auch nur gefühlte? – Kundenkontakte für ihre hohen Standgebühren zu bieten, setzen die Messeveranstalter auf ein probates Mittel: die konsequente Verweigerung von Sitzgelegenheiten zum Ausruhen. Sitzen kann man auf der Agritechnica – zahlungspflichtig – zum Essen, bei Vorträgen, auf der Toilette und auf einer Handvoll Stühle.
Groß und klein
Große Maschinen und Schlepper waren auch 2019, wie in den Jahren davor, das optisch beherrschende Thema der Agritechnica. Dennoch gab es auch ausreichend Gelegenheit, kleinere und nicht so hoch technisierte Angebote in Augenschein zu nehmen. Vor allem Anbieter aus dem europäischen Ausland, aber auch chinesische sowie teilweise nordamerikanische Firmen suchten in Hannover Käufer für ihre Produkte.
Die Digitalisierung schwebte wie eine „Cloud” (Wolke) über all dem bunt lackierten Stahl und in allen Regenbogenfarben schillernden Kunststoff. An (fast) jedem Stand war etwas zur wunderbaren neuen Welt der virtuellen Landtechnik zu erfahren. Leider ist das Angebot bisher so unüberschaubar vielfältig, dass es einem Laien kaum möglich ist, die Spreu vom Weizen zu trennen und sinnvolle von weniger sinnvollen Angeboten zu unterscheiden.
Der große Umbruch kommt erst noch
Einen unkonventionellen Blick in die Zukunft wagte auf einer Presseveranstaltung des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) Walter Haefeker. Er ist Präsident der europäischen Vereinigung der Berufsimker. Seiner Ansicht nach steht der Digitalisierung der Landtechnik erst noch der ganz große Umbruch bevor, den er mit dem Begriff „Disruption” umschrieb. Haefeker warnte davor, die Digitalisierung nur vor dem Hintergrund der aktuell verfügbaren oder angekündigten Produkte zu diskutieren. Dies greife zu kurz. „Doch in Politik und Gesellschaft und zum Teil auch in der Agrarindustrie selbst fehlt zurzeit das Verständnis für das disruptive Potenzial der Digitalisierung”, kritisierte der Imker, der auf einige Jahre der Berufstätigkeit in Silicon Valley in den USA zurückblicken kann. Bisher würden die „alten” Maschinen mit dem nachträglichen Applizieren von elektronischen Hilfsmitteln „aufgehübscht”. Die entscheidende Schwelle werde erst überschritten, wenn die Maschinen vollautonom arbeiten könnten. In kleinen Feldrobotern sieht Haefeker die Zukunft – ganz ähnlich wie bei den boomenden Rasenmährobotern werde es möglich sein, die Technik ständig auf der Fläche zu belassen, um eine Kultur zu betreuen.
Zur Etablierung der Bestände bleibe schlagkräftige Technik unverzichtbar, aber die Roboter übernähmen dann die Pflege.