Der Green Deal der Europäischen Kommission wird von den Regierungen der EU-Staaten weitgehend mitgetragen. Das wurde Montag dieser Woche beim jüngsten Agrarrat deutlich, bei dem sich die Minister erstmals unter dem Vorsitz von Julia Klöckner in Brüssel trafen.
Nachdem der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) nun steht (siehe Kasten), forderten mehrere EU-Agrarminister eine zügige Umsetzung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).
Es habe sich gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten die Ziele des Green Deals unterstütze, so das Fazit von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Auch Agrarkommissar Janusz Wojciechowski betonte, dass die EU-Länder den Green Deal als gemeinsame Marschrichtung akzeptiert hätten.
Wie die Ökoziele errreichen?
Geklärt werden müsse nun, wie die Ökoziele erreicht werden
sollten; ein Instrument dafür stellten die nationalen Strategiepläne der
GAP dar. Die Brüsseler Behörde werde auf Austausch und nicht auf Druck
setzen.
Ähnlich äußerte sich EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Die
Kommission werde berücksichtigen, wie ihre Empfehlungen umgesetzt
würden, so die Zypriotin. Nationalen Besonderheiten werde ebenfalls
Rechnung getragen; die Kommission werde eng mit den Mitgliedstaaten
zusammenarbeiten. Die angestrebten Veränderungen seien mit Kosten
verbunden. Brüssel werde den Übergang mit finanziellen und
regulatorischen Instrumenten begleiten.
Zuvor hatten mehrere Mitgliedstaaten, darunter Belgien, Rumänien,
Griechenland, Irland und Lettland, besonders im Hinblick auf die Ziele
der Farm-to-Fork-Strategie Folgenabschätzungen gefordert. Spaniens
Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades betonte, es müsse
sichergestellt werden, dass die Landwirte den Wandel als Chance
verstünden. Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit müssten in Einklang
gebracht werden; dazu gehöre auch, Standards bei Importen
sicherzustellen. Deutlichere Worte fand seine italienische Amtskollegin
Teresa Bellanova. Flexibilität und Subsidiarität dürften nicht
eingeschränkt werden, erklärte sie. Zudem forderte sie, den Landwirten
bessere Instrumente zur Risikobewältigung zur Verfügung zu stellen.
Dafür sollte nach ihrer Ansicht ein Anteil der Direktzahlungen
aufgewendet werden. Polens Landwirtschaftsminister Jan Krzysztof
Ardanowski erklärte, die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen
Betriebe dürfe nicht unter den Tisch fallen. Er mahnte zudem, zügig zu
arbeiten.
GAP-Reform nicht verzögern
Der neue französische Minister Julien Denormandie
erinnerte daran, dass die GAP zwar die Farm-to-Fork-Strategie begleiten
könne, aber nicht das einzige Instrument zur Umsetzung sein dürfe. Auch
die Handelspolitik der EU müsse mit den Zielen in Einklang gebracht
werden. Denormandie forderte die Kommission zudem auf, ihre Empfehlungen
für die Strategiepläne zügig vorzulegen. In dieselbe Kerbe schlug die
österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Auch sie
forderte Folgenabschätzungen für die Ziele der Kommissionsstrategien;
ansonsten seien die Auswirkungen nicht absehbar. Dabei müssten bereits
erbrachte Vorleistungen berücksichtigt werden. Darauf pochte auch die
niederländische Landwirtschaftsministerin Carola Schouten.
Auch die Angleichung der Direktzahlungen wurde thematisiert. Gemeinsam
mit Bulgarien und Rumänien forderten die Viségrad-Staaten Polen,
Tschechien, Ungarn und Slowakei in einer Erklärung zur Reform der GAP,
die Unterschiede innerhalb der kommenden Förderperiode vollständig
abzuschaffen. Ebenfalls betont wurde die Notwendigkeit eines den
Herausforderungen angemessenen GAP-Budgets. Schlüssel zum Erfolg der
Reform sind nach Ansicht der sechs Staaten „realistische und
vereinfachte” Regelungen, die einfach umzusetzen und leicht zu verstehen
sein sollten.
Einigung über die künftigen EU-Agrarfinanzen
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich zum Wochenbeginn nach zähen Verhandlungen neben der Einigung über die finanzielle Ausstattung des kommenden Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) und des Wiederaufbaufonds auch auf Eckpunkte zum Agrarhaushalt verständigt. Für die Agrar- und Fischereipolitik sowie Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz sollen im Zeitraum von 2021 bis 2027 auf Grundlage des Preisniveaus von 2018 maximal 356,4 Milliarden (Mrd.) Euro bereitgestellt werden. Die Mittel für die Direktzahlungen werden auf 239,9 Mrd. Euro begrenzt; insgesamt wird die Erste Säule mit rund 258,6 Mrd. Euro ausgestattet. Für die Zweite Säule hat der Europäische Rat eine Gesamtsumme von 77,8 Mrd. Euro veranschlagt. Vorgesehen sind zudem Sonderzuwendungen für Mitgliedstaaten, die etwa besondere strukturelle Herausforderungen im Agrarsektor bewältigen müssen oder die Zweite Säule stark ausgebaut haben. In diesem Zusammenhang soll Deutschland 650 Millionen (Mio.) Euro erhalten.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll nach dem Willen der Staats- und Regierungschefs künftig auch das Tierwohl umfänglich berücksichtigen. Die nationalen Strategiepläne sollen mittels des neuen Umsetzungsmodels Erste und Zweite Säule programmatisch aufeinander abgestimmt werden und sicherstellen, dass die Ziele der Gemeinschaft erreicht werden und die Mitgliedstaaten mehr Flexibilität erhalten. Von den Mitteln der GAP sollen etwa 40 Prozent für den Kampf gegen den Klimawandel aufgewendet werden.
In der Ersten Säule soll das Niveau der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten weiter angeglichen werden. Alle Länder, die pro Hektar weniger als 90 Prozent des EU-Schnitts ausschütten, sollen die Differenz zu dieser Summe in sechs Schritten um die Hälfte verringern. Zudem sollen die Direktzahlungen in allen Mitgliedstaaten ab 2020 mindestens 200 Euro pro Hektar betragen und bis 2027 auf 215 Euro/ha angehoben werden.
Ab einem Betrag von 100000 Euro pro Empfänger soll den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden, unter Berücksichtigung der Arbeitskosten eine Kappung einzuführen.
Die Staats- und Regierungschefs sind bei ihrer Einigung weitgehend der EU-Kommission gefolgt.