Beim Thema Glyphosat fühlen sich Landwirte und Winzer in der Region an den Pranger gestellt, wie sie bei einem „Runden Tisch” am Dienstag in Freiburg bekundeten. Zu dem Austausch hatte die Freiburger
Grünen-Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae eingeladen.
Andreae beackert das Thema „Glyphosatfreie Gemeinde” seit dem Sommer und konnte bisher erreichen, dass einige Gemeinden in ihrem Wahlkreis auf gemeindeeigenen Flächen kein Glyphosat mehr einsetzen.
Nun wollte sie sich ein Bild darüber verschaffen, was Landwirte und Winzer aus der Region über den Verzicht auf Glyphosat denken. Deren Botschaft bei dem Gespräch in etwa 30-köpfiger Runde war klar: Bei Obst und Wein könne man nicht auf Glyphosat verzichten. Den Mehraufwand bei mechanischen Verfahren bekomme man am Markt nicht bezahlt. Den jahrelang praktizierten Herbizidverzicht im Weinbau am Tuniberg etwa habe man teuer bezahlt. Alternativverfahren steckten noch in den Kinderschuhen. Außerdem sei bei mechanischen Verfahren die höhrere Zahl der Überfahrten gegenzurechnen.
In vielen Sonderkulturen ist Glyphosat schwierig zu ersetzen.
Die Landwirte brachten auch ihren Frust darüber zum Ausdruck, dass sie sich bei dem Thema an den Pranger gestellt fühlen und dass nicht gewürdigt werde, was in Sachen umweltschonender Anbau in der Region bereits an Initiativen laufe. Kritisiert wurde auch, dass Andreae zunächst über die Kommunen das Thema angepackt hatte und nicht das Gespräch mit Landwirten gesucht hatte.
Ernährungswende vor Agrarwende
Es sei nicht ihre Absicht, jemanden an den Pranger zu stellen, erklärte
Andreae. Es gehe ihr auch nicht um Verbote – aber man brauche ein
Ausstiegsszenario. „Sie wissen nicht, was in fünf Jahren ist”, sagte die
Abgeordnete.
Man müsse Druck aufbauen, damit Alternativen entwickelt
werden.
Ins gleiche Horn stieß Maria Heubuch. Die Grünen-Europaparlamentarierin
und Bäuerin aus dem Allgäu ist Mitglied im Sonderausschuss Pestizide des
Europaparlaments. Sie berichtete, dass der Verkauf von Glyphosat in
Deutschland 2017 nach einem jahrelangen Rückgang zuvor wieder von 3800
auf 4700 Tonnen angestiegen sei. 67 Tonnen davon kaufte die Deutsche
Bahn, 39 Tonnen gingen an Privatverbraucher.
Glyphosat sei systemrelevant, aber dieses System sei nicht mehr
zukunftsträchtig, sagte sie. Die Landwirtschaft müsse auch aus eigenem
Interesse schauen, wie sie aus diesem System herauskomme. Wenn sich der Mehraufwand nicht durch höhere Preise ausgleichen lasse, müsse die
Politik aktiv werden und Anreize schaffen für eine Landwirtschaft ohne
Glyphosat.
Ernährungswende vor Agrarwende
Der Agrarwende müsse eine Ernährungswende vorausgehen, meinte der
Freiburger BLHV-Kreisvorsitzende Friedbert Schill auf die teuren Küchen
und billigen Nahrungsmittel der Deutschen anspielend. Man müsse die
Verbraucher in die Pflicht nehmen.
Aus der Sicht von Heubuch müssen
Agrar- und Ernährungswende parallel verlaufen. Kerstin Andreae will am Thema dranbleiben und einen Ausstiegspfad
entwickeln. Bei diesem spielen ihrer Ansicht nach auch die Kommunen
eine wichtige Rolle. Als nächstes will sie das Thema mit Vertretern des
Lebensmittelhandels diskutieren, kündigte sie an.