Taten, Weiterentwicklung und Vorbilder
Warum nehmen das noch immer so viele Frauen hin? Vermutlich, weil sie sich wie selbstverständlich für einen großen Teil der Sorgearbeit zuständig fühlen: Kinderbetreuung, Angehörigenpflege, Sozialkontakte und die Gestaltung des Familienlebens. Und, nicht zu vergessen: der Haushalt. Nicht nur Partner und Kinder verlassen sich meist darauf, dass Mama schon alles macht, sondern letztlich auch der Staat. Das wurde in der Coronakrise ganz besonders deutlich, als Kitas und Schulen geschlossen waren. Und: Zur Not gibt’s ja auch noch die Omas. Auch heute noch sind Ansichten im Umlauf, dass einerseits Männer und „Arbeit” zusammengehören und andererseits Frauen und der Haushalt. Weil Frauen sich ja angeblich „besser um die Kinder kümmern können” und von Natur aus scheinbar dafür geschaffen sind, Waschmaschinen und Spülmaschinen zu bedienen. Geht’s noch?
Leider wirkt Geschichte bis heute nach: Männer haben über Jahrhunderte ohne Frauen entschieden, was in Gesetzestexten steht. Mächtige Männer: Kirchenfürsten und Stammesführer, Grafen, Wissenschaftler, Bürgermeister, Adelige. All das ist so alt und etabliert, dass der von männlicher Macht geprägte Blick von allen, auch den Frauen, zu sehr verinnerlicht ist und noch immer zu wenig auffällt.
Was es ebenso braucht: „Sisterhood”, Schwesternschaft. Was nach einem dieser neuen soziologischen Begriffe klingt, ist eigentlich ein alter Hut. Gerade auf dem Land, da heißt es dann ganz bodenständig Landfrauenverband. Denn dort kann Schwesternschaft leben, Frauen spüren die Verbundenheit untereinander – und sie können Veränderungen erreichen, wenn sie es wollen. Denn je mehr Frauen sich bewusst machen, wo es hakt, sich zusammenschließen und den Mund für ihre Rechte aufmachen, desto eher werden sie gehört.
Auch eine verbesserte Infrastruktur auf dem Land würde Frauen in Sachen Gleichstellung helfen, also Angebote für Kinderbetreuung vor Ort und Schulen in erreichbarer Nähe, ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, leistungsfähiges Internet und ausreichend attraktive Arbeitsplätze und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie eine gut erreichbare medizinische Versorgung. Frauen, die Missstände benennen und damit in den Augen mancher „den Rahmen sprengen”, machen nichts kaputt, im Gegenteil: Sie machen den Rahmen für alle anderen größer, schöner und besser. Und ja, das kostet auch Kraft, aber es lohnt sich. Genauso wie es sich lohnt, sich als Frau politisch zu engagieren und so Veränderungen zu erreichen.
Das Frauenwahlrecht, zum Beispiel, wurde nicht einfach irgendwann eingeführt. Es wurde eingefordert gegen enorme Widerstände – und scheint heute – gerade mal gut 100 Jahre alt – so selbstverständlich zu sein.
Klar ist: Je mehr Menschen aller Altersklassen, Frauen wie Männer, verstehen, dass konsequente Gleichberechtigung grundlegend für Demokratie ist, und sich dafür einsetzen, desto mehr müssen und werden Politik, Wirtschaft und Gesellschaft darauf reagieren. Auf geht’s!
Wir sind doch alle längst gleichberechtigt! von Alexandra Zykunov, Ullstein, 2022, ISBN 978-3548065335, 10,99 Euro: Oder: „Dein Mann ‚hilft‘ dir aber viel im Haushalt!” – das nennt die Autorin „Bullshitsätze” und in jedem Kapitel wird einer analysiert und widerlegt. Rundumschlag aller Themen, die Frauen und Mütter – und Familien – heute betreffen. Sehr gut lesbar, sehr unterhaltsam und mit Energie und Schwung geschrieben; aber nicht leicht verdaulich.
Warum Feminismus gut für Männer ist von Jens van Tricht, Ch. Links Verlag, 2019, ISBN 978-3962890551, 20 Euro: Der Autor geht der spannenden Frage nach, welche Vorstellungen von Männlichkeit und welche einengenden Rollenerwartungen vorherrschen. Er zeigt, wie sie sich verändern lassen und dass davon alle Menschen profitieren.
Die Erfindung der Hausfrau von Evke Rulffes, Harper Collins, 2021, ISBN 978-374990 2408, 22 Euro: „Das bisschen Haushalt” ist unsäglich anstrengend und undankbar und kostet Frauen bis heute Kraft, Zeit – und damit viel Geld außerdem. In diesem Buch sind die historischen Entwicklungen von der gleichberechtigten „Jägerin und Sammlerin” zur vom Herrn des Hauses abhängigen Hausfrau sehr unterhaltsam beschrieben; und was diese Entwicklung mit dem – ungerechtfertigten – dauerschlechten Gewissen aller Mütter zu tun hat, wird auch gezeigt …
Auf Kosten der Mütter von Birgit Happel, Kösel, 2023, ISBN 978-3466311934, 18 Euro: Hier geht es wirklich um die Kosten und die Autorin beschreibt genau, wie Frauen auch heute noch mehr oder weniger unfreiwillig abhängig sind; warum finanzielle Selbstbestimmung für Frauen mit Familie so wichtig ist, warum es ihnen so schwerfällt und wie es sich vielleicht doch umsetzen lässt.
Wir werden nicht unterwürfig geboren von Manon Garcia, Suhrkamp, 2021,