Tierhaltung | 30. September 2016

Giftwirkung nicht unterschätzen

Von Dr. Anja Töpper, LTZ Augustenberg
Erfahrungen aus der amtlichen Futtermittelkontrolle in Baden-Württemberg zeigen, dass in Heu und Silage von extensiv genutzten Flächen immer wieder Giftpflanzen wie die Herbstzeitlose vorzufinden sind. Um Schadensfällen vor-zubeugen, sollte man im Zweifelsfall das Futter prüfen lassen.
Wer den Verdacht hat, dass ein Futtermittel Herbstzeitlose enthält, sollte es untersuchen lassen.
Gerade die Heugewinnung für Pferde  ist oft mit der Nutzung von FFH- oder Greening-Flächen sowie Förderprogrammen wie FAKT gekoppelt.  Dort vorgeschriebene späte Schnittzeitpunkte und mäßige Düngung führen zu einem Futter, wie es von Pferdehaltern oft gewünscht wird.  Diese Flächen bringen aber durchaus Probleme mit sich, die jeder Bewirtschafter bedenken muss, ehe  er dort gewonnene Futtermittel verkauft oder  verfüttert. Denn Giftpflanzen wie zum Beispiel die Herbstzeitlose treten hier verstärkt auf. Erfahrungen aus der amtlichen Futtermittelkontrolle in Baden-Württemberg zeigen, dass Belastungen von Heu und Silage durch Giftpflanzen immer wieder vorzufinden sind. Für die amtliche Futtermittelkontrolle zuständige Behörden und Ansprechpartner sind die Regierungspräsidien (https://rp.baden-wuerttemberg.de).
Todesfälle nicht selten
Insbesondere späte Schnittzeitpunkte sowie die zum Teil vorgeschriebene und berücksichtigte mäßige Düngung haben zur Folge, dass für Giftpflanzen, wie die Herbstzeitlose, auf diesen Flächen gute Wachstums- und Vermehrungsbedingungen herrschen. Die Herbstzeitlose ist  jedoch eine sehr stark giftige Pflanze, die als Bestandteil in Futtermitteln zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen bei Tieren führen kann.
Sie kann über 20 verschiedene organische Verbindungen, sogenannte Alkaloide, ausbilden. Das bekannteste und  giftigste  ist das Colchicin, das als Mitose-Gift die Zellteilung blockiert.
Todesfälle sind aufgrund der hohen Giftwirkung nicht selten und treten in der Regel nach einem bis drei  Tagen (bis zu 7 Tage möglich) durch Atemlähmung ein.  Die Ausscheidung der Gifte erfolgt auch über die Milch laktierender Tiere, die klinisch symptomlos sind. Pferde und Schweine reagieren auf Herbstzeitlose im Futter insgesamt noch deutlich empfindlicher als Rinder oder Schafe.
Ein Abbau der giftig wirkenden Stoffe bei der Heu- oder Silagebereitung und während der Lagerung erfolgt nicht. Möglichkeiten zur Bekämpfung dieser giftigen Pflanze bzw.  zur Eindämmung ihrer Ausbreitung  können beim LAZBW in Aulendorf erfragt bzw. nachgelesen werden (www.lazbw.de).
Verantwortlich
Heu oder Silage, die Herbstzeitlose enthalten, können nicht mehr unbedenklich verfüttert werden. Nach Artikel 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Lebensmittelsicherheit dürfen Futtermittel nicht verfüttert werden, wenn davon auszugehen ist, dass sie die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen oder wenn sie bewirken, dass die Lebensmittel, die von den Tieren gewonnen werden, als nicht sicher für den Verzehr durch den Menschen anzusehen sind.
 Ob ein Futter noch sicher ist, wenn es Herbstzeitlose enthält, muss daher im Einzelfall in Abhängigkeit von der enthaltenen Menge an Herbstzeitlosen beurteilt werden. Sowohl die Verkehrs- als auch die Verwendungsfähigkeit eines Heus oder einer Silage, die Herbstzeitlose enthält, ist deshalb zu prüfen.
Der Landwirt, der Heu oder Silage produziert, steht als Erster in der Verantwortung. Er muss dafür Sorge tragen, dass nur einwandfreie Grundfutter hergestellt werden. Aber auch Käufer und Personen, die für die Fütterung verantwortlich sind (beispielsweise in einem Pensionspferdebetrieb), stehen in der Pflicht. Sie müssen sicherstellen, dass sie nur einwandfreie Futtermittel erwerben und zur Verfütterung geben. Daher  sind auch sie angehalten, die zum Einsatz kommenden Futtermittel zu prüfen und einen  Kauf oder die Verfütterung gegebenenfalls abzulehnen.
Auch im Heu zu erkennen
Die Herbstzeitlose ist eine sehr charakteristische Pflanze, die auch in Heu relativ gut erkennbar ist. In getrocknetem Zustand haben die Blätter meist eine beige bis braune Färbung, sind länglich, ähnlich wie bei einer Tulpe geformt und in der Regel mehrere Zentimeter lang. Ausgebildete Samenkapseln sind meist braun und kelchförmig.
Wer den Verdacht hat, dass ein Futtermittel Herbstzeitlose enthält, und sich absichern will, kann das Futtermittel zur Untersuchung einsenden. Am LTZ Augustenberg in Karlsruhe werden solche Futtermitteluntersuchungen durchgeführt. Als Ansprechpartner zur Verfügung  stehen  Dr. Anja Töpper (Tel. 0721/9468-160) und  Dr. Johannes Ostertag (-206).