Tierhaltung | 18. Februar 2014

Gesucht: Bioland-Schweine aus der Region

Von Rudolf Wiedmann
Seit vergangenem Sommer ist Bioland Exklusivlieferant von Edeka Südwest: Artgerechte Tierhaltung und regionale Herkunft sind bei den Verbrauchern immer mehr gefragt. Wie baden-württembergische Schweinehalter davon profitieren können, zeigt der folgende Beitrag.
Bundesweit gesehen steht die ökologische Schweinehaltung  nach großen Zuwachsraten in der vergangenen Zeit seit nunmehr einem Jahr unter einem starken Preisdruck. Es fehlt an Nachfrage,  die Verkaufserlöse stagnieren. Anders sieht es dagegen im Südwesten der Republik und vor allem in Baden-Württemberg aus. Hier  ist Edeka Südwest eine Zusammenarbeit mit Bioland eingegangen, um der wachsenden Nachfrage der Verbraucher nach regionalen und  biologisch erzeugten Produkten entgegenzukommen.  Immer mehr Konsumenten wünschen sich vor allem bei frischen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst und Fleisch ein größeres regionales Angebot. So bevorzugt jeder Dritte befragte Konsument Fleisch aus der Region, auch um dadurch die lokale Wirtschaft zu unterstützen und die Transportwege kurz zu halten.
Edeka Südwest will das Bio-Segment in Kooperation mit Bioland auf allen Produktebenen weiterentwickeln, bei Obst und Gemüse, bei Molkereiprodukten, bei Brot und vor allem bei Fleisch. Seit vergangenem  Sommer wird ein SB-Sortiment mit Fleisch von Bioland-Höfen angeboten. Alle Lebensmittel kommen von Erzeugern aus dem Absatzgebiet der Edeka-Südwest, also aus Rheinland-Pfalz,   Baden-Württemberg, Hessen oder dem  Saarland. Die Produkte werden hier erzeugt, verarbeitet, kontrolliert, verpackt und verkauft. Die Wertschöpfung kommt den Unternehmen und Menschen in der Region zugute.
Der Markt ist da – die Schweine fehlen
Unversehrte Schwänze sind ein sichtbares Merkmal von Ökoschweinen.
Durch die Kooperation mit Edeka-Südwest haben  die  Biolandbetriebe aus der Region Zugang zu einer breiten Verbraucherschaft erhalten, die vorzugsweise in den Supermärkten einkauft. Der Markt ist also da – doch nun mangelt es an Schweinen. Interessierte Mäster sind daher gesucht. Für die  Umstellung auf  Bioland-Erzeugung und die Einhaltung der entsprechenden Richtlinien sind in der Regel  mindestens zwei  Jahre notwendig. Die Bioland-Beratung unterstützt den Betrieb in dieser schwierigen Phase besonders intensiv. Denn es muss sichergestellt sein, dass  nach der Umstellungsphase, in der höchstwahrscheinlich Ertragseinbußen hinzunehmen sind, eine nachhaltige, sichere aber vor allem vollkostendeckende Produktion erreichbar ist.
Der Abnahmepreis ist vollkostenorientiert
Der Markt ist nur die eine Seite der Medaille, doch wie ist es um die Wirtschaftlichkeit der ökologischen Schweinehaltung bei diesem Vermarktungsweg bestellt? Die Tabelle gibt die Situation in der Kalenderwoche 3 wieder. In ihr wurden  die zu diesem Zeitpunkt  aktuellen Preise für Bioland-Ferkel und die Futterkosten sowie die Verkaufserlöse zugrunde gelegt.Etwa 50 Euro direktkostenfreie Leistungen je verkauftes Schwein setzen ein sehr deutliches Preissignal. Im Vergleich dazu sind bei der überregionalen Vermarktung von konventionellen Schweinen beim aktuellen Vereinigungspreis  kaum positive direktkostenfreie Leistungen erzielbar.Mit der Bioland-Vermarktung an Edeka belaufen sich bei  2,2 Umtrieben die direktkostenfreien Leistungen auf etwa 115 Euro je Mastplatz und Jahr. Davon müssen noch die festen Kosten abgezogen werden, die je nach baulicher Situation von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich sind. In Betrieben mit Neubaukosten von etwa 1000 Euro je Mastplatz und einem Festkostenanteil von 8 % für Abschreibung, Verzinsung und Unterhaltung sind 80 Euro je Mastplatz und Jahr anzusetzen. Somit verbleiben 35 Euro je Mastplatz zur Entlohnung der Arbeitskräfte und Abgeltung des Unternehmerrisikos.
Was ist bei Ökoschweinen anders?
Die Neubaukosten hängen vom Haltungsverfahren, der Fütterungstechnik und Bestandgröße sowie – falls möglich – von dem Maß an erbrachten Eigenleistungen ab. Die relativ hohen Stallplatzkosten entstehen vor allem durch den hohen Platzanspruch, der im Vergleich zur konventionellen Haltung nahezu dreimal so hoch ist. Herausragendes Merkmal der ökologischen Schweinehaltung sind Ausläufe, die allen Schweinen  in entsprechender Größe zur Verfügung stehen müssen. Die Buchtenfläche darf  nur zu einem Teil aus Spaltenboden bestehen, wobei der Liegebereich eingestreut sein muss.
Grundlage für die Fütterung sind die im eigenen Betrieb erzeugten Futtermittel, deren Anteil mindestens 50 % betragen muss. Falls diese vor allem hinsichtlich der Eiweißqualität nicht ausreichen, dürfen die Rationen mit maximal fünf Prozent  konventionellen Futtermitteln ergänzt werden. In der Praxis betrifft dies den Einsatz von konventionellem Kartoffeleiweiß, da alle anderen möglichen Komponenten grundsätzlich aus ökologischer Herkunft verfügbar sind. Ab  2015 schreibt die EU-Verordnung die 100-prozentige  Ökofütterung vor. Für Biolandschweine gilt bereits jetzt die 100-prozentige Ökofütterung ab 50 kg Lebendgewicht.
Darüber hinaus ist in der Ökoschweinehaltung der vorbeugende Einsatz von chemisch-synthetischen allopathischen Arzneimitteln oder von Antibiotika verboten. Nach einer unabweisbaren Behandlung mit solchen Mitteln ist die gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit zu verdoppeln. Tiere mit einem Lebenszyklus von weniger als einem Jahr – wie Mastschweine – dürfen maximal einmal allopathisch behandelt werden. Ein besonders deutliches Qualitätsmerkmal von Ökoschweinen ist der unversehrte Schwanz.
Familie Frey ist mit dabei
Martin Frey aus Dürrenmettstetten bei Sulz a. N.  gehört  zu den Pionieren des Biolandbaus. Seit 1989 bewirtschaftet er seinen  Betrieb nach Bioland-Richtlinien. Die landwirtschaftliche Nutzfläche umfasst 70 ha, wovon 40 ha Ackerfläche sind. Angebaut werden unter anderem Dinkel,  Lein, Kartoffeln und  Gemüse. Etwa wöchentlich wird ein Mastschwein zum Verkauf im Hofladen geschlachtet, der vor allem  von Freys Ehefrau Cornelia betrieben wird. Er ist von Mittwoch bis Samstag geöffnet. Am Freitag wird noch Brot aus eigener Herstellung verkauft.
Lorenz Frey vor den fertiggestellten Betonarbeiten des neuen Maststalles: Stall- und Auslaufflächen sind komplett planbefestigt und mit entsprechendem Gefälle ausgestattet.
Junior Lorenz besuchte drei Semester lang die Staatliche Fachschule für Ökologischen Landbau in Landshut. In der Zielplanung seiner Meisterarbeit hat er den Ausbau der Mastschweinehaltung auf 250 Plätze vorgesehen. An der Hofstelle gab es bisher nur 30 Plätze, die für die Hofvermarktung ausreichten, jedoch über keine Ausläufe verfügten, weshalb Handlungsbedarf bestand. Platz für den neuen Maststall gab es beim bereits 2003 ausgesiedelten Mutterkuhstall, der 35 Kühen plus Kälbern Platz bietet. Dort wurden im Jahr 2000 eine neue Maschinenhalle und das Kartoffellager errichtet.
Inzwischen  sind die Betonarbeiten des neuen Maststalles abgeschlossen. Um die Baukosten möglichst niedrig zu halten, werden entsprechend Eigenleistungen eingebracht. Lorenz’ Schwager Daniel Kirschbaum, der  bei einem Bauunternehmen arbeitet, sorgt  für einen vorbildlichen Wegebau rund um die Baustelle. Lorenz’ Bruder Matthias hat sich als Maschinenbauingenieur ein neuartiges Entmistungssystem einfallen lassen: Die Mastbuchten können ohne gemeinsame Mistachse einzeln entmistet werden, ohne dass man dabei den Schlepper beim Entmisten verlassen muss.
Mit dem neuen Maststall können jährlich etwa  500 Schweine erzeugt  werden, die über die rebio GmbH Rottenburg – die Vermarktungsorganisation von Bioland – an Edeka Südwest vermarktet werden. Der Ferkelbezug erfolgt ebenfalls über die rebio von einem Betrieb in unmittelbarer Nähe.