Betrieb und Wirtschaft | 19. März 2015

Gentechnikfreies Europa gefordert

Von Gernot Raiser
Es sind derzeit in Deutschland keine gentechnisch veränderten Pflanzen im Anbau. Dennoch wird es immer aufwendiger, Lebensmittel frei von solchen Verunreinigungen zu halten. Hauptgrund ist der umfangreiche Import von Futtermitteln, vor allem Soja, die meist mit GVO-Sorten produziert werden.
„GVO-Freiheit als Unternehmenswert sichern” – dieses Anliegen propagierten bei der gleichnamigen Tagung mehrere Unternehmer (von links): Rudolph Bühler (Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall w.V.), André Freidler (Alb-Gold Teigwaren GmbH, Trochtelfingen), Dr. Katharina Reuter (Moderatorin und Geschäftsführerin UnternehmensGrün e.V., Berlin), Hansjörg Reiss (Präsidiumsmitglied von Donau Soja e.V., Wien), Alfons Graf (Taifun, Life Food GmbH, Freiburg) und Gottfried Härle (Brauerei Clemens Härle, Leutkirch).
Da der Verbraucher dennoch die Wahlmöglichkeit behalten soll, Nahrungsmittel mit oder ohne gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu sich zu nehmen, müssen die beiden Produktionsketten aufwendig voneinander getrennt werden. Die Kosten dafür und die Kosten der GVO-Verschleppung hat am 13. März eine Tagung in Freiburg diskutiert.  Gefordert wurde die Einführung des Verursacherprinzips.
Veranstalter der Tagung waren der Wirtschaftsverband UnternehmensGrün,  der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik und das Ministerium Ländlicher Raum.  Verbraucherminister Alexander Bonde machte in seinem Grußwort die  massive Spannung, ja die Unvereinbarkeit zwischen Verbraucherwünschen und politischer sowie wirtschaftlicher Realität deutlich. „Einerseits wollen 80 bis 90 % der baden-württembergischen Bevölkerung gentechnikfreie Lebensmittel”,  zitierte er entsprechende Befragungen. Andererseits werden die kommenden EU-Regelungen zu weiteren Zulassungen von gentechnisch veränderten Sorten führen, ist der Landespolitiker überzeugt.
Anbauverbote als Chance
Der baden-württembergische Minister Alexander Bonde will das Land frei von Grüner Gentechnik halten.
Er ergänzte: „Es stehen auf EU- und nationaler Ebene Entscheidungen von großer Tragweite an, die wir begleiten müssen, um dem Verbraucherinteresse zum Durchbruch zu verhelfen.” Für besonders wichtig hält Bonde in diesem Zusammenhang die in Aussicht gestellte Möglichkeit, nationale Anbauverbote der Risikotechnologie, wie er sie nannte, durchzusetzen (Opt-out-Regelung), um die Wahlfreiheit zu gewährleisten. Die Landesregierung werde alles tun,  um Baden-Württemberg auch zukünftig frei von Grüner Gentechnik zu halten, ließ der Minister keinen Zweifel. 
Die Kosten tragen die Gentechnik-Vermeider
Axel Wirz vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zeigte die weniger offensichtlichen Kosten der Grünen Gentechnik auf.
Die  gegebenen wirtschaftlichen Schäden durch  die Kosten für die Sicherung der Gentechnikfreiheit skizzierte in Freiburg Axel Wirz. „400000 Euro kosten jährlich die Analysen allein in Deutschland, um die gesetzliche Kennzeichnungspflicht zu überprüfen”, empörte sich der Fachmann vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Weitere Zusatzkosten ergeben sich aus dem höheren Einkaufspreis für GVO-freie Futtermittel, der Reinigung von Lägern, Transportmitteln und Verarbeitungsmaschinen sowie den ständigen Routineproben entlang der Produktionskette. In der Summe müsste dann beispielsweise ein Liter Milch „ohne Gentechnik” im Kühlregal sieben Cent mehr kosten als „normale” Ware.  „Wir könnten in der gesamten deutschen Wertschöpfungskette 2,6 Milliarden Euro im Jahr sparen, wenn wir unsere 31 Milliarden Kilogramm Milch konsequent gentechnikfrei erzeugen würden”, rechnete Wirz vor. „Bisher tragen diese Kosten allein die Vermeider, nicht die Verursacher gentechnischer Verunreinigungen”, empörte er sich. Das FiBL fordert deshalb eine GVO-freie Eiweißstrategie für ganz Europa, ein bundesweites Anbauverbot und die Einführung des Verursacherprinzips.