Die EU-Umweltminister haben sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Diskussion über nationale Anbauverbote europaweit zugelassener gentechnisch veränderter Organismen (GVO) wieder aufzunehmen.
Fast alle Minister unterstützten beim Rat am Montag dieser Woche die Vorlage der griechischen Präsidentschaft als gute Verhandlungsgrundlage. Die bisherige Sperrminorität Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Belgiens scheint durchbrochen, denn London signalisierte ausdrücklich den Willen voranzuschreiten.
Ziel ist es jetzt, bis spätestens zum Jahresende eine Einigung in Erster Lesung mit dem Europaparlament zu finden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hob die uneinheitlichen Positionen innerhalb der Bundesregierung hervor. Man sei in Berlin mittlerweile jedoch von einer völligen Ablehnung abgerückt und habe nur noch einen Prüfvorbehalt. Sie stellte klar, selbst für eine Opt-out-Möglichkeit zu sein, und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, bis zum nächsten Umweltrat im Juni die ganze Regierung auf ihre Seite zu ziehen. Das Tauwetter in Berlin wurde insbesondere vom österreichischen Minister Andrä Rupprechter begrüßt. „Die Hoffnung stirbt zuletzt”, meinte Rupprechter an Hendricks gerichtet.
Zweistufiger Ansatz
Die Grüne Gentechnik beschäftigte am Montag die EU-Umweltminister. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gab ihrer Hoffnung Ausdruck, bis zum nächsten Umweltrat im Juni die ganze Bundesregierung auf ihre Seite zu ziehen.
Der Rat wird also in den nächsten Wochen einen
zweistufigen Ansatz weiterentwickeln. Danach erhalten die
Mitgliedstaaten grundsätzlich das Recht, den Anbau von EU-weit
zugelassenen GVO zu verbieten. Dabei soll zunächst geprüft werden, ob
der Hersteller davon überzeugt werden kann, bereits in seinem Antrag die
gewünschten Gebiete auszunehmen. Zeigt sich das Unternehmen nicht dazu
bereit, könnte die Regierung beispielsweise befürchtete negative Effekte
vor Ort durch eine Änderung der landwirtschaftlichen Praktiken, der
Biodiversität oder des Landschaftsbildes als Gründe anführen – aber
keine Gesundheits- oder Umweltrisiken.
Paris brachte eine völlige Renationalisierung ins Spiel. Danach sollen
EU-geprüfte GVO nicht unmittelbar zugelassen sein, sondern lediglich auf
eine Auswahlliste gelangen. Hersteller müssten dann ausgehend von
dieser Liste in jedem Land extra eine Zulassung beantragen.
Umweltminister Philippe Martin verspricht sich von diesem Vorgehen
einen besseren Schutz gegen eventuelle Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO).
Frankreich war mit diesem Gegenvorschlag jedoch weitgehend isoliert;
lediglich Hendricks rief die Europäische Kommission auf, diese
„interessante” Idee zu prüfen.
Schutzklausel nicht rechtssicher
EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg hatte die Minister zuvor aufgerufen, die Diskussion voranzubringen. Er
erinnerte daran, dass die bisherige Schutzklausel, die den
Mitgliedstaaten Verbote auf Grundlage neuer Hinweise auf Gesundheits-
oder Umweltgefahren ermöglicht, keine Rechtssicherheit biete. Der
französischen Alternative erteilte auch er eine Absage; es gebe keinen
besseren Kompromiss als den der Präsidentschaft. Er versicherte Martin,
diese Vorschläge hätten auch vor der WTO Bestand. Es sei jetzt Zeit, in
den abfahrbereit wartenden Bus einzusteigen. Es gehe nicht darum, einen
neuen zu bauen. Gleichzeitig zeigte Borg sich zu weiteren
Anpassungen bereit, beispielsweise was Fristen und Zeiträume angeht.
Ferner kam er jenen Mitgliedstaaten entgegen, die Bedenken geäußert
hatten, mit privaten Unternehmen bilateral in Verhandlungen
einzusteigen. Der Kommissar stellte in Aussicht, einen solchen Austausch
zentral über seine Dienststellen laufen zu lassen.