Gemeinsamer Protest mit Wirkung
Nach Auffassung von DBV und GLFA wird der der Inhalt des Referentenentwurfs dem Namen des Gesetzes nicht gerecht. Aufgrund der vorgesehenen Regelungen handele es sich um ein Tarifautonomie-Verringerungsgesetz, heißt es in der Stellungnahme. Darin bedauern beide Verbände, dass keine ihrer Anregungen und Hinweise aus dem Branchendialog Eingang in den Referentenentwurf gefunden hätten.
Die vorgesehenen Regelungen führten dazu, dass in vielen Fällen ein Einsatz von Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll sei, so DBV und GLFA. Da im Bereich der Sonderkulturen die Lohnkosten bis zu 70 Prozent der Produktionskosten ausmachten, wirke sich deren Anstieg überproportional aus. Vor allem kleinstrukturierte Betriebe würden durch den gesetzlich festgelegten Mindestlohn von 8,50 Euro aus der Produktion ausscheiden, warnten die beiden Verbände.
In ihrer gemeinsamen Stellungnahme zum Entwurf für ein „Tarifautonomie-Stärkungsgesetz” weisen DBV und GLFA darauf hin, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Arbeitsstunde der Praxis in der Landwirtschaft nicht gerecht werde. Ihren Ausführungen zufolge würden durch die Festsetzung des Mindestlohns als Bruttolohn je Zeitstunde die bei vielen landwirtschaftlichen Saisonarbeitskräften angewandten Entlohnungsmodelle nach Akkord nahezu unmöglich werden.
Nicht akzeptabel sei die Vorgabe, bestehende Tarifverträge durch den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Januar 2015 außer Kraft zu setzen. Die von den landwirtschaftlichen Arbeitgebern und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) abgeschlossenen Tarifverträge müssten bis zum Ende der Laufzeit am 31. Dezember 2018 weiter gelten.
Mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wird frühestens zur Sommerpause gerechnet. Möglicherweise erfolgt der zweite Durchgang im Bundesrat erst im Frühherbst.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt würdigte die erreichte Lösung wie folgt: „Wir haben einen Kompromiss im Gesetzentwurf gefunden, der im Interesse der Landwirtschaft und der Saisonarbeiter ist. Ich bin sehr froh, dass die besonderen Anpassungsprobleme für die landwirtschaftlichen Betriebe von allen Beteiligten gesehen wurden und jetzt berücksichtigt worden sind.” Man werde die Tarifvertragsparteien dabei unterstützen, die Voraussetzungen für eine gleitende Anpassung an den allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro je Zeitstunde bis zum 1. Januar 2017 zu schaffen.
Schmidt hob hervor, dass Wettbewerbsverzerrungen und eine Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen ins Ausland in der Landwirtschaft nur durch den vereinbarten gleitenden Übergang bei der Einführung des Mindestlohns zu vermeiden seien. „Mit einer solchen Branchenlösung kann auch die Landwirtschaft, die durch Saisonarbeit besonders geprägt wird, mit Beginn des Jahres 2017 am allgemeinen Mindestlohn teilnehmen.” Jetzt liege es an den Tarifvertragsparteien, zügig Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, die eröffneten Möglichkeiten eines gleitenden Übergangs zu nutzen.
Geklärt wurden laut BMEL auch die offenen Fragen bei der Entlohnung. Die Vereinbarung von Stücklöhnen und Akkordlöhnen bleibe nach Einführung des Mindestlohns zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird. „Dies ist ein wichtiges Signal für unsere Landwirte mit Sonderkulturbetrieben und für den Erhalt der Produktion in Deutschland”, so Schmidts Fazit der Auswirkungen des am Mittwoch beschlossenen Gesetzes.