Pflanzenbau | 25. April 2019

Gemeinsam etwas für die Natur tun

Von von Kobylinski
Damit Landwirtschaft und Naturschutz einander näher kommen, geht der Verband der Süddeutschen Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) in die Offensive. Zusammen mit dem NABU stellte er am 16. April einen gemeinsamen, beispielhaften Maßnahmenkatalog vor.
Mit Naturschutzmaßnahmen den Verbund zwischen Natur und Landwirtschaft fördern will das Pilotprojekt von VSSE und NABU. Vor einem Totholzhaufen stehen (von links): Armin Jendrysik, Diplom-Geograph vom NABU Rhein-Neckar-Odenwald; Rolf Enderle, Betriebsleiter Erdbeerland Durmersheim; Jochen Goedecke, Landwirtschaftsreferent des NABU Baden-Württemberg; Joachim Huber, selbstvermarktender Spargel- und Erdbeererzeuger, Iffezheim; Simon Schumacher, Vorstandssprecher des VSSE.
Ort des Geschehens war der Betrieb von Landwirt Joachim Huber in Iffezheim.
Mit dem neuen Konzept möchte der VSSE seinen Mitgliedern eine Möglichkeit eröffnen, der Öffentlichkeit besser den Zusammenhang ihrer Produktion mit dem Naturschutz klarzumachen. Denn häufig werden Spargel- und Erdbeerproduzenten öffentlich kritisiert, insbesondere wegen des Anbaus unter Folie.
Folien sind auch ökologisch sinnvoll
Eine Ansaat von Weißklee zur Bedeckung des Bodens zwischen Folientunneln steht ebenfalls auf dem Programm.
Gleichzeitig ist der Folieneinsatz jedoch unentbehrlich, weil Spargel und Erdbeeren hierzulande nur auf diese Weise effizient und konkurrenzfähig erzeugt werden können. „Umso wichtiger ist es daher, dass Landwirte, Naturschützer und Bürger in einen gemeinsamen Dialog treten, um sich über die Erfordernisse der Produktionsweise auszutauschen”, erläuterte Simon Schumacher, Vorstandssprecher des VSSE, bei dem Vor-Ort-Termin in Iffezheim. Er berichtete von Gesprächen mit Vertretern des NABU Baden-Württemberg. Schumacher argumentiert, dass der Folieneinsatz neben dem Effekt von Verfrühung und Frostschutz für die Kulturen auch ein Mittel ist, um auf chemischen Pflanzenschutz möglichst verzichten zu können. Insgesamt gehe es um die Sicherung der heimischen Produktion ebenso wie um Ressourcenschutz und um die CO2-Bi-
lanz. Die sehe bei der Importware schon allein wegen des Transportaufwands erheblich ungünstiger aus als bei den inländischen Erzeugnissen, insbesondere, wenn per Flugzeug angeliefert wird.
NABU lobt das Projekt
Angesichts des Pilotprojekts mit dem VSSE stellte Jochen Goedecke vom NABU gegenüber der Presse in Iffezheim fest, dass immer mehr Landwirte sich der Verantwortung für die Artenvielfalt bewusst werden und sich selbst aktiv einbringen. Er lobte dabei das Engagement der Betriebsleiter Joachim Huber und Rolf Enderle aus Durmersheim, die mit ihren Familien und gemeinsam mit dem NABU Blühstreifen anlegen und Lebensräume vernetzen, sodass Insekten, Vögel und Niederwild auf den Flächen Nahrung und Deckung finden. Der Beauftragte für Landwirtschaft des NABU Baden-Württemberg möchte jetzt eine nachhaltige Kooperation entstehen lassen und diese auf eine Vielzahl anderer Landwirte ausdehnen.
Insgesamt wurden für den Spargelanbau sieben Maßnahmen und für den Erdbeerbereich acht Maßnahmen gemeinsam mit dem NABU ausgearbeitet. Unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit haben die Pilotbetriebe davon vier Maßnahmen übernommen. Das Programm sieht die Übernahme von mindestens drei Maßnahmen vor. Direkter Kooperationspartner für die Landwirte ist jeweils eine der lokalen NABU-Gruppen. Bei gemeinsamen Begehungen mit dem Betriebsleiter werden die Art und das Ausmaß der Umsetzung abgestimmt. Das Ergebnis wird protokolliert und damit zu einem relevanten Bestandteil eines schriftlichen Lizenzvertrages zwischen dem Landwirt und dem Naturschutzverband. Diese Vereinbarung wiederum berechtigt den Betriebsleiter zur Nutzung des NABU-Logos für seine Öffentlichkeitsarbeit. Er darf dann seinen Spargel- oder Erdbeeranbau mit dem Titel „naturschutzfördernd” versehen und dies beispielsweise auf Hinweisschildern der Allgemeinheit zur Kenntnis bringen. Für Betriebe in Vogelschutzgebieten gilt das allerdings nicht ohne Weiteres: Dort können Spargelflächen unter Folie von der Teilnahme am Projekt ausgeschlossen werden.
Beispiel aus der Praxis
Totholzhaufen aus Baum- und Heckenschnitt bieten Kleinlebewesen und Säugetieren Unterschlupf.
Der Selbstvermarkter Joachim Huber hat für seinen Spargel- und Erdbeerbetrieb folgende Maßnahmen vereinbart: neben der Anlage von Blühstreifen das Installieren von Nistkästen für Vögel, die Errichtung von Totholzhaufen und das Aufstellen von Sitzstangen für Greifvögel, inklusive Brutröhren für den Steinkauz. Die naturschutzfachliche Beratung lag bei der NABU-Gruppe Rastatt und der Zentrale in Stuttgart. Landwirt Rolf Enderle, Leiter des zweiten Pilotbetriebes in Durmersheim, hat auf seinen Erdbeerflächen den Nützlingseinsatz in den Tunneln gewählt, Grünstreifen zwischen den Erdbeertunneln und die Installation von Nistkästen. Beide Landwirte zeigten sich beeindruckt von der Zusammenarbeit mit dem NABU. „Wir haben weitere Hinweise bekommen, was wir verbessern können”, so Huber. Enderle findet, „dass wir bei der Zusammenarbeit im Naturschutz gar nicht so weit auseinander liegen.”
Hans Lehar, Geschäftsführer der Nordbadischen Gemüse- und Absatzgenossenschaft OGA, begrüßte in Iffezheim ausdrücklich die Initiative des VSSE und hofft, dass das Beispiel der Pilotbetriebe schnell Schule machen wird. Schließlich profitiere  auch die landwirtschaftliche Erzeugung selbst von einem intakten Naturhaushalt. Er erwähnte die Bestäubungsarbeit der Bienen und die Schädlingsvernichtung durch die Vögel als Beispiele. Unabhängig davon sollten die Erzeuger bei den vertraglichen Vereinbarungen mit den Naturschutzverbänden die praktische Umsetzbarkeit der vereinbarten Maßnahmen nie aus dem Auge verlieren.