Tierhaltung | 30. Dezember 2020

Geflügelschlachtmobil rollt durch Südbaden

Von Christoph Ziechaus
Im Mai hat die BBZ über die ersten Geflügelschlachtmobile in Deutschland berichtet. Seit Kurzem rollt auch eines durch Südbaden.
Das Team von Daniel Harter (links) mit Metzgergeselle Thomas Blum (Mitte) und Metzgermeister Franz Männle vor dem Geflügelschlachtmobil.
Das erste Geflügelschlachtmobil in Baden-Württemberg hat seine Bewährungsprobe bei den ersten Einsätzen bestanden. Auch die Veterinärämter, die für die Genehmigung für das Schlachten auf den Höfen und für die Kontrolle zuständig sind, äußerten sich zufrieden mit dem Schlachtmobil und der Arbeit von Daniel Harter und seinen beiden fest angestellten Metzgern Thomas Blum und Franz Männle.
Nach vielen Recherchen und langen Überlegungen war der Geflügelhalter aus Gengenbach-Schwaibach auf die Firma Rowa aus Melle in Niedersachsen gestoßen. Bei seinem Besuch in Melle fand er, wonach er fast zwei Jahre lang gesucht hatte. In den ersten Modellen sah Harter viele seiner Vorstellungen für ein Schlachtmobil realisiert, konnte aber noch eigene Ideen und Verbesserungen in die Ausstattung für sein eigenes Mobil einbringen.
Die Zulassung des Schlachtmobils dauerte länger als gedacht. Denn auf seine Nachfragen zeigten sich die zuständigen Ämter laut Harter zwar offen und interessiert, dennoch seien sie vorsichtig zurückhaltend dem neuen Geschäftsmodell gegenüber gewesen. Die Vorschriften zum Inverkehrbringen von leicht verderblichen Lebensmitteln gelten auch für eine mobile Schlachtstätte.
Ausstattung
Im Schwarzbereich werden die Tiere betäubt und enblutet. Danach, wie auf dem Bild zu sehen, gebrüht und gerupft.
Nach den bekannten Vorgaben zu kleineren EU-konformen Schlachtstätten und den Erfahrungen der Praktiker bei Schlachtungen von Geflügel stand die grundsätzlich notwendige Ausstattung von Räumen und Geräten fest. Auf dem begrenzten Raum eines Anhängers musste es in zwei getrennten Bereichen genügend Platz geben für die notwendigen Geräte mit Strom- und Wasseranschlüssen sowie für drei bis vier Arbeitsplätze. Das Veterinäramt im Ortenaukreis begleitete den Bau von Beginn an und erteilte nach genauer Prüfung die endgültige Genehmigung.
Geschlachtet wird im Geflügelschlachtmobil in zwei getrennten Bereichen, jeweils mit Wasser- und Stromversorgung ausgestattet. Im Schwarzbereich braucht es Anschlüsse für Starkstrom mit 16 und 32 Ampere  sowie fließendes Wasser mit ausreichend Druck für den Durchlauferhitzer des Brühkessels mit einer Leistung von 27 kWh. Die innenliegende Elektrotechnik muss in einem wasserdichten Staukasten abgesichert sein.
Durch eine Schwingtür gelangt man in den Weißbereich, in dem die gerupften Schlachtkörper am Ausweidetisch mit bis zu drei Arbeitsplätzen gereinigt und zum Auskühlen im hofeigenen Kühlraum vorbereitet werden. Die sauberen Suppenhühner müssen im Kühlraum bei Temperaturen unter vier Grad Celsius gelagert werden.
Beide Schlachtbereiche sind mit Handwaschbecken mit fließendem Kalt- und Warmwasser sowie Dosierern für Seife und Desinfektionsmittel ausgestattet. Die Bereiche sind durch eine eingehängte Wand getrennt und  können auch von außen über ausziehbare Treppen betreten werden. So stand schließlich der Anhänger mit den Maßen von 6 mal 2,45 Metern und dem geschlossenen Aufbau mit einer Höhe von 3,2 Metern bei einem Gesamtgewicht von 2,4 Tonnen auf einer Tandemachse. Fast 60000 Euro hat der Anhänger nach den Wünschen von Daniel Harter gekostet. Für das schwere Geflügelschlachtmobil benötigt Harter zusätzlich einen Pickup, um sicher auf die Höfe im Schwarzwald rollen zu können.
Verantwortung bleibt beim Landwirt
Nach dem Lebensmittelrecht dürfen Geflügelhalter bis zu 10000 Tiere im Jahr in einem hofeigenen Schlachtraum schlachten. Die gleiche Regelung gilt für das Geflügelschlachtmobil, das vom Geflügelhalter zur zeitweisen Nutzung auf dem eigenen Hofgelände gemietet wird. Als „Inverkehrbringer von Lebensmitteln” muss der Hofbesitzer den ordnungsgemäßen Zustand der Schlachträume und die Hygiene der Einrichtung mit ihren Geräten im Übergabeprotokoll bestätigen. Zudem kann er Personen mit Sachkundenachweis mit dem Schlachten des eigenen Geflügels beauftragen. Der Geflügelhalter ist verantwortlich für die saubere und tiergerechte Arbeit in der gemieteten Schlachtanlage auf dem eigenen Hof.
Eine Woche vorher muss die Schlachtung mit Tierart und Anzahl beim zuständigen Veterinäramt angemeldet und dort registriert werden. Der Hofbesitzer stellt die Starkstromanschlüsse, den Wasseranschluss mit ausreichendem Druck und einen Abfluss zur Verfügung. Die Schlachtreste muss er sachgemäß entsorgen.
Geflügelhalter Adrian Schmid in Waldmössingen hatte all das vorbereitet und eine Hühnergruppe mit etwa 200 knapp zwei Jahre alten Tieren in seinem Hühnermobil auf den Hof gefahren. Nun konnten Daniel Harter und seine beiden Mitarbeiter mit dem Geflügelschlachtmobil in den Hof rollen und mit ihrer Arbeit beginnen. Metzgergeselle Thomas Blum arbeitet im Schwarzbereich, Metzgermeister Franz Männle und Geschäftsführer Daniel Harter übernehmen die Arbeit im Weißbereich.
So läuft es ab
Über eine Durchreiche gelangen die Schlachtkörper in den Weißbereich, wo sie von Franz Männle und Daniel Harter ausgeweidet und gereinigt werden.
Sobald alles überprüft und das Übergabeprotokoll unterzeichnet ist, können die Geräte im Schlachtmobil an die Versorgungsleitungen angeschlossen werden. Ein Helfer bringt die Hühner in Transportkisten zum Schwarzbereich. Dort übernimmt der Metzger die Betäubung im Elektrogerät mit Datenlogger, mit dem die Daten der elektrischen Betäubung dokumentiert werden. Im drehbaren Schlachtrondell mit acht Trichtern bluten die Tiere aus. Dann wird die gesamte Gruppe im Brühkessel mit automatischer Wärmeregulierung gebrüht. Die Wassertemperatur von mindestens 65 Grad Celsius im 300 Liter fassenden Brühkessel überprüft der Metzger in regelmäßigen Abständen.
Im nächsten Schritt landen die toten Tiere zwischen den Gummifingern in der Rupfmaschine, aus der die nassen Federn in einen Behälter quellen. Von den letzten Federresten befreit, werden die Körper über die Durchreiche auf den Ausweidetisch aus Edelstahl im Weißbereich durchgeschoben. Hier können bis zu drei Mitarbeiter die Innereien entfernen, die Schlachtkörper ausschaben und sie nach dem Reinigen auf Hakenreihen zum Abtropfen aufhängen. Zum Auskühlen werden die Suppenhühner in den hofeigenen Kühlraum gebracht, um sie bei höchstens vier Grad bis zum Verkauf zu kühlen.
Das Schlachten kostet für Hühner drei Euro pro Stück, für Hähnchen 3,50 Euro. Dazu kommen die Kosten für die Anfahrt im Schlachtmobil von einem Euro pro Kilometer. Jeder Geflügelhalter im weiten Umkreis von Gengenbach kann das Schlachtmobil mit Besatzung mieten, wenn er die erforderlichen Versorgungsleitungen zur Verfügung stellen kann und über einen Kühlraum verfügt – egal ob Hühner, Enten oder Gänse. Daniel Harter klärt über gesetzliche und technische Bedingungen für eine mobile Hofschlachtung bei der telefonischen Anmeldung auf.
Er sieht einen großen Bedarf für sein Angebot, weil Geflügelhaltungen mit Mobilställen groß im Kommen sind. Auch die Halterinnen und Halter von Bruderhähnen zählt er zu seinem künftigen Kundenkreis, weil die meisten Höfe kein eigenes Schlachthaus betreiben. Sein Geflügelschlachtmobil ermöglicht eine artgerechte Schlachtung der Tiere vor Ort. Damit werden lange Tiertransporte überflüssig, weil das Geflügel im eigenen Mobilstall auf den Hof gebracht wird. Daniel Harter sieht seinen mobilen Schlachtbetrieb im Aufbau und kann sich über zahlreiche Anfragen auch aus Freiburg und sogar Stuttgart freuen.