Tierhaltung | 31. März 2021

Geflügelpest in Südbaden

Von Maria Wehrle
Vergangene Woche wurde klar, dass das hochpathogene aviäre Influenza-Virus nach Baden-Württemberg eingeschleppt wurde. Obwohl mutmaßlich nur Privathaltungen betroffen sind, wird das Folgen für die gewerblichen Betriebe haben. Ein Sperrbezirk wurde bereits errichtet.
Viele private Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter sind nicht als solche bei den Veterinärämtern registriert. Das erschwert die Nachverfolgung im Seuchenfall.
Mitte März hat ein mobiler Geflügelhändler aus dem Raum Paderborn in Nordrhein-Westfalen, der Geflügel an Klein- und Hobbyhaltungen verkauft, die Geflügelpest nach Baden-Württemberg eingeschleppt. Nach jetzigem Kenntnisstand hat er nur Tiere an Privathaltungen verkauft. Die Behörden wissen bundesweit von rund 130 Betrieben, die in Kontakt mit dem Junghennenaufzüchter in Nordrhein-Westfalen stehen. Es wird aber davon ausgegangen, dass es weit mehr sind.
Da der Handel mit Geflügel in Deutschland nicht reguliert ist, bleibt die Situation unübersichtlich. „Man kann schon von einem GAU sprechen”, schätzt Dr. Eva Güttler vom Veterinäramt Freiburg die Lage ein. Teilweise hätten die Tierhalterinnen und Tierhalter nicht einmal einen Lieferschein. Das mache es schwierig nachzuvollziehen, wer Tiere von dem Seuchenbetrieb in Nordrhein-Westfalen erhalten hat.
Von zehn Landkreisen im Regierungsbezirk Freiburg sind acht von der Geflügelpest betroffen. Seit letzter Woche sind  der Ortenaukreis mit zwei und der Landkreis Rottweil mit einem bestätigten Seuchenfall hinzugekommen. Nur im Landkreis Konstanz ist es bei Verdachtsfällen geblieben.
Der Ausbruch gilt als amtlich festgestellt, wenn die Ergebnisse des Landeslabors durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigt wurden. Das war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses der BBZ am Dienstag bei zwei Haltungen im Landkreis Emmendingen und bei einem Betrieb in St. Märgen im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Fall.
Restriktionen im Landkreis Waldshut angekündigt
Um den Ausbruchsbetrieb in St. Märgen wurden ein Sperrbezirk von drei Kilometern und ein Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern errichtet. Dort gilt seit dem 26. März eine Allgemeinverfügung auf Grundlage der Geflügelpest-Verordnung. Danach umfasst der Sperrbezirk Teile der Gemarkungen der Gemeinden St. Märgen, Buchenbach, Breitnau und der Stadt Titisee-Neustadt.
Im Beobachtungsgebiet liegen die Gemeinden St. Peter, St. Märgen und Buchenbach sowie Teilbereiche der Gemeinden Hinterzarten, Eisenbach und der Stadt Titisee-Neustadt. Hier geht es zur ausführlichen Allgemeinverfügung. Darin enthalten ist auch eine Karte mit den genauen Grenzen der Restriktionszonen.
Auch im Landkreis Waldshut sollen in Kürze Restriktionsgebiete ausgewiesen werden. Einer Pressemitteilung des zuständigen Veterinäramtes zufolge werden folgende Gemeinden  teilweise oder ganz im Sperrbezirk liegen: Wehr, Bad Säckingen, Murg, Laufenburg, Albbruck, Rickenbach, Görwihl, Herrischried, Todtmoos, Dachsberg, Ibach, Häusern, St. Blasien, Waldshut, Weilheim, Wutach, Bonndorf und Stühlingen. Eine Allgemeinverfügung wird in den nächsten Tagen veröffentlicht. Das Beobachtungsgebiet umfasst etwa drei Viertel des Landkreises. Davon ausgenommen sind nach den bisherigen Kenntnissen die Gemeinden Lauchringen, Wutöschingen, Klettgau, Hohentengen, Dettighofen, Jestetten und Lottstetten.
Wo Restriktionsgebiete errichtet werden und wo nicht, hängt vom Seuchengeschehen und von der Risikobeurteilung der Veterinärämter ab. Handelt es sich bei den betroffenen Haltungen um reine Hobbyhaltung, kann laut Regierungspräsidium Freiburg von der Errichtung von Restriktionszonen abgesehen werden.
Fallzahlen in den Landkreisen
In den Landkreisen wurden bislang folgende Fallzahlen vom Landeslabor bestätigt (Stand vom 30. März): Lörrach vier, ein weiterer Verdachtsfall; Konstanz null; Emmendingen zehn; Stadtkreis Freiburg vier, zwei weitere Verdachtsfälle; Ortenaukreis zwei; Rottweil eins; Breisgau-Hochschwarzwald sieben, 25 weitere Verdachtsfälle; Schwarzwald-Baar-Kreis fünf; Waldshut 15, sieben weitere Verdachtsfälle. Hinzu kommt ein Verdachtsfall bei einem Wildvogel im Landkreis Emmendingen. In den meisten Fällen fehlen noch die Ergebnisse des FLI, sodass noch keine Restriktionsgebiete eingerichtet wurden. Das kann sich jedoch jederzeit ändern und wird über Allgemeinverfügungen bekannt gegeben.
Damit ist zu rechnen
Grundsätzlich gilt in den Sperrbezirken die Aufstallungspflicht – auch für Biobetriebe sowie Freilandhaltungen oder Mobilställe. Die Tiere müssen in geschlossenen Ställen oder unter einer Schutzvorrichtung gehalten werden. Die Eier können weiterhin als Produkte aus Freilandhaltung beziehungsweise Ökolandbau vermarket werden. Bei Eiern aus Freilandhaltung ist dies auf 16 Wochen beschränkt, bei einer länger andauernden Stallpflicht muss die Kennzeichnung auf Bodenhaltung geändert werden. Im Ökolandbau gibt es zwar keine zeitliche Beschränkung, jedoch müssen die Tiere während mindestens eines Drittels ihrer Lebensdauer Zugang zu Freigelände haben.
Zudem gilt im gesamten Restriktionsgebiet das Verbringungsverbot für Geflügel und deren Erzeugnisse. Laut dem Stuttgarter Landwirtschaftsministerium (MLR) kann die zuständige Behörde Ausnahmen für Konsumeier aus anerkannten Packstellen genehmigen. Dort könne die Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden. Die Direktvermarktung zum Beispiel im Hofladen oder auf dem Markt ist nicht zulässig.
Die Sperrbezirke werden so lange aufrechterhalten, bis der Ausbruchbetrieb desinfiziert wurde. Zudem müssen mindestens 21 Tage vergangen sein und alle geflügelhaltenden Betriebe im Sperrbezirk untersucht worden sein. Das Beobachtungsgebiet wird frühestens nach 30 Tagen aufgehoben. Sollten immer wieder Ausbrüche bekannt werden, kann es sich bis zur Aufhebung der Restriktionsgebiete hinziehen. Das Regierungspräsidium Freiburg schätzt, dass dies mehrere Monate dauern kann.
Deshalb ist es wichtig, dass möglichst schnell alle betroffenen Bestände ermittelt werden. Halterinnen und -halter, die in Kontakt mit dem Junghennenaufzüchter aus Nordrhein-Westfalen standen, sollen sich beim Veterinäramt vor Ort melden. Zudem weisen die Behörden darauf  hin, dass Geflügelhalterinnen und -halter bereits ab dem ersten Tier dazu verpflichtet sind, sich beim Kreisveterinäramt zu registrieren.