Politik | 19. Mai 2022

GAP: Fruchtwechsel ein Jahr später?

Von AgE
Die Fruchtwechsel-Vorgabe im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) soll nach den Vorstellungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir noch nicht im nächsten Jahr zur Anwendung kommen.
Auf rund 600000 Hektar wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland Stoppelweizen angebaut.
Gemäß dem GLÖZ 7-Standard in der Konditionalität ist von Betrieben mit mehr als  zehn Hektar  Ackerland ein Fruchtwechsel vorzunehmen. Der Anbau derselben Hauptkultur zwei Jahre hintereinander auf derselben Ackerfläche ist damit grundsätzlich nicht mehr zulässig. Mit Blick auf die weltweite Ernährungssicherung setzt sich Agrarminister Özdemir in Brüssel dafür ein, dass die neue Regelung zum Fruchtwechsel verschoben wird.  Andernfalls könne schon bei dieser Herbstaussaat nicht mehr Weizen auf Weizen angebaut werden.
Nur erster Schritt
Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Artenschutz seien die großen Aufgaben dieser Zeit. „Daran müssen wir uns messen lassen”, sagte Özdemir. Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte die Initiative. „Wir wollen weiter im bisherigen Umfang Brotweizen anbauen können”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Ein Fruchtwechsel-Aufschub könne jedoch nur ein erster Schritt sein. „Wir erwarten jetzt Vorschläge aus Brüssel und Berlin, wie die Ernährungskrise gelöst werden kann”, betonte Rukwied. Nach Schätzung des DBV kann bei einem Verzicht auf die Fruchtwechsel-Vorgabe im Rahmen der Konditionalität im Jahr 2023 eine Ernte von Stoppelweizen im Umfang von rund vier Millionen Tonnen  aufrechterhalten werden.
Die Brüsseler  EU-Kommission soll klarstellen, dass der Fruchtwechsel erst im Jahr 2024 im Vergleich zum Jahr 2023 erfüllt sein muss. Dies würde dem Berliner Agrarressort zufolge die laufenden Anbauplanungen der Landwirte und die Abwicklung der EU-Agrarförderung im Jahr 2023 erheblich erleichtern, ohne dass damit nennenswerte negative Auswirkungen auf den Klimaschutz oder die Biodiversität verbunden wären.
Als „Irrweg” kritisierte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus den Vorschlag seines Berliner Amtskollegen. „Ich frage mich allmählich, wer Herrn Özdemir berät”, so der SPD-Politiker.  Bei Özdemirs Vorschlag müsse man sich  wundern, wo die  grünen Positionen blieben. Erneut übte Backhaus Kritik an Özdemirs ablehnender Haltung gegenüber dem Vorschlag, Brachflächen zur Nahrungsmittelproduktion freizugeben.
Im Krisenmanagement angekommen
Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, Norbert Lins, signalisierte Özdemir hingegen Unterstützung. Dessen Vorstoß zum Fruchtwechsel wertet der CDU-Politiker als Signal, dass der Minister „nun langsam auch im Krisenmanagement angekommen ist.”
Darüber hinaus regte Lins an, auch die Aussetzung der Stilllegungsfrage in Brüssel gemeinsam voranzubringen. Hier soll der Anteil nach jetzigem Stand beim Inkrafttreten der GAP ab dem kommenden Jahr auf vier Prozent der Ackerfläche erhöht werden.