Betrieb und Wirtschaft | 03. Mai 2018

Frostjahr sorgte für Umsatzeinbußen

Von René Bossert
Die genossenschaftlichen Erzeugergroßmärkte und ihre Vertriebsgesellschaften in Baden-Württemberg setzten mit Obst und Gemüse im vergangenen Jahr 434 Millionen Euro um. Das ist ein Rückgang um 5,5 Prozent, für den nicht zuletzt starke Frostschäden beim Obst verantwortlich waren.
Vom Gesamtumsatz entfielen 179 Mio.  Euro (Vorjahr: 176 Mio. Euro) auf Obst und 226 Mio. Euro (Vorjahr: 247 Mio. Euro) auf Gemüse. Dazu kommen 32 Mio. Euro, die Gartenbau-Genossenschaften umsetzen. In allen drei Bereichen zusammen gibt es 21 Genossenschaften mit 5000 Einzelmitgliedern in Baden-Württemberg.
Mengenmäßig fehlten beim Obst mit 177000 Tonnen 21 % gegenüber dem bereits schwachen Erntejahr 2016, bei Gemüse wurden mit 83000 Tonnen 3 % mehr als im Vorjahr vermarktet. Wie massiv die Einbußen waren, werde dabei aus der Umsatzentwicklung 2017  gar nicht vollständig deutlich, weil die Einbußen beim Kernobst sich teilweise erst 2018 bei den Umsätzen  auswirken werden, betonte Dr. Roman Glaser vergangene Woche vor Journalisten in Karlsruhe.
Im Raiffeisen-Jubiläumsjahr – in diesem Jahr jährt sich der Geburtstag des Genossenschaftspioniers zum 200. Mal – konnten Roman Glaser (links) und Johannes Bliestle, Geschäftsführer der Reichenau-Gemüse eG, leider von keiner erfreulichen Umsatzentwicklung berichten.
Der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes  berichtete, dass 2017 nur 110000 Tonnen Äpfel geerntet wurden, 280000 Tonnen waren es dagegen im Jahr zuvor. Für das Kalenderjahr 2017 steht aber ein rund 10% höhererer Kernobstumsatz von 88 Mio. Euro zu Buche.
Auch 60 Prozent weniger Zwetschgen
Auch bei Beeren und Zwetschgen gab es  erhebliche Mengeneinbußen: 60 % waren es bei den Zwetschgen, 26 % bei den Erdbeeren und bei den Strauchbeeren.  Immerhin sorgten höhere Preise  (beispielsweise  3,19 Euro/kg  im Durchschnitt bei  Erdbeeren) für einen gewissen Ausgleich.
Unauffälliger verlief die Saison dagegen bei Spargel:  Mit 5700 Tonnen  wurde  die Absatzmenge  um knapp 3 % gesteigert. Der Umsatz ging dagegen wegen geringerer Preise (4,24 Euro/kg)  um 3% Prozent auf 24,1 Mio.  Euro zurück.
Der Tomatenanbau im Gewächshaus wurde erweitert. Mit 15700 Tonnen konnte die Erntemenge bei Tomaten um 23 % gesteigert werden. Bei gleichzeitig auf 1,70 Euro/kg gesunkenem Durchschnittserlös (Vorjahr:  1,90 Euro) wurde mit 26,6 Mio.  Euro ein Umsatzplus von 10 % erreicht. An Paprika gelangten  mit 5300 Tonnen 10 % weniger in die Vermarktung, der Umsatz ging um 4 % auf 9,8 Mio.  Euro
zurück. Die Preise für Salate
und Fruchtgemüse waren in der Frühsaison durchschnittlich und gaben in der Hauptsaison  deutlich nach.
Regionale Schnittblumen
Positiv schauen die neun Gartenbaugenossenschaften im Südwesten auf das Jahr zurück. Sie haben  mit ihren Mitgliedern einen Gesamtumsatz von rund 32 Mio.  Euro erzielt,  ein Plus von 7 %.   Die Verbraucher setzen bei  Schnittblumen – neben Beetblumen und Topfkräutern einer der  wichtigen Umsatzträger – zunehmend auf regionale Ware. Der Selbstversorgungsgrad bei Schnittblumen in Deutschland liegt bei 20 %, während der Saison von Mai bis November bei 80 %.
Glaser machte deutlich, dass die Frage von Zuschüssen für die Absicherung von Risiken, etwa für eine Mehrgefahren- oder Ernteausfalldeckung, einen immer größeren Stellenwert einnehme. Daher würden aktuell auch genossenschaftliche Selbsthilfefonds diskutiert.
Das insbesondere für die Obstbauern sehr schwierige Jahr 2017 zeige, wie wichtig Risikovorsorge sei. Ohne die finanzielle Hilfe des Landes  wären manche Apfelbetriebe in Existenzschwierigkeiten gekommen.  „Baden-Württemberg hat Gott sei Dank geholfen, aber es ist schwierig, wenn man immer die öffentliche Hand um Hilfe bitten muss”, betonte Glaser.  Der Genossenschaftsverband setze sich seit Längerem für die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage  ein. Dieses Instrument passe hervorragend zum genossenschaftlichen Selbstverständnis der „Hilfe zur Selbsthilfe”. 
 Ein weiteres Instrument sei die Mehrgefahrenversicherung. Sie   müsse aber durch Zuschüsse verbilligt werden. Glaser sprach sich für das österreichische Modell aus, wonach die Erzeuger die Hälfte der Prämien bezahlen und die andere Hälfte durch Bund und Bundesländer je hälftig getragen werden. „Wenn solche Modelle angeboten werden, dann werden sie auch von der Praxis angenommen”, zeigte sich Glaser überzeugt. Auf Brüsseler Geld will Glaser in diesem Bereich nicht setzen, schon weil Lösungen viel zu lange dauern würden. Österreich habe konsequent die Initiative ergriffen, so würde sich das Glaser auch hierzulande wünschen. 
Positive Signale
Dass eine neue Bundesregierung im Amt sei, gebe für die Instrumente zur Glättung und zur Risikovorsorge Anlass zur Hoffnugn. Sowohl vom baden-württembergischen Agrarminister Hauk als auch von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gebe es positive Signale.  Allerdings gebe es eine unterschiedlich starke Betroffenheit innerhalb der Bundesländer.
Mit Blick auf das Raiffeisen-Jahr 2018 sagte Glaser, dass an Raiffeisens Idee „Was den Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele”  sich bis heute nichts verändert habe. Dieses Zitat hält Glaser im Gegenteil für moderner denn je, weil es in einer zunehmen kompetetiven Wirtschaft  für den Einzelnen im schwieriger werde, sich langfristig zu behaupten.