Das Verwaltungsverfahren für die durch den Aprilfrost geschädigten Winzer und Obstbauern beginnt: Anträge können ab dem 11. September gestellt werden.
Der Spätfrost im April diesen Jahres schädigte viele Winzer extrem stark.
Nachdem nun die Haupternte der durch den Frost besonders stark betroffenen Kulturen Obst und Wein begonnen hat, die Ernte bei Erdbeeren und Kirschen weitgehend abgeschlossen ist, und somit die tatsächlichen Schäden ermittelbar sind, können wir zum 1. September die Verwaltungsvorschrift Frosthilfe 2017 in Kraft setzen”, sagte Landwirtschaftsminister Peter Hauk heute.
Anträge auf Frosthilfe können ab dem 11. September bis zum 30.
Oktober 2017 beim zuständigen Landratsamt (Landwirtschaftsamt) gestellt
werden. Der Antrag sowie die dazugehörigen
Datenblätter zur Ermittlung des Gesamtschadens sind fristgerecht, vollständig
ausgefüllt und unterschrieben einzureichen. Noch ausstehende
Belege wie Abrechnungen können bis zum 15. Dezember 2017
nachgereicht werden.
Beim Landwirtschaftsamt erhalten die
Antragsteller nach Terminvereinbarung Beratung und weitergehende Auskünfte zum Verfahren.
Die Antragsformulare
können ab dem 11. September 2017 unter
www.landwirtschaft-bw.info heruntergeladen werden oder liegen bei
den Landratsämtern aus. Unter der gleichen Adresse finden betroffene
Unternehmen auch detaillierte weitergehende Informationen zum
Verfahren.
Hilfe bei mindestens 30 Prozent Ertragsausfällen
Die Frosthilfe 2017 kann von landwirtschaftlichen Unternehmen in
Baden-Württemberg im Haupt- oder Nebenerwerb beantragt werden, die
unmittelbar durch das Frostereignis im April bedingte Ertragsausfälle an
landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen inklusive Obst- und
Weinbau haben. „Grundlage ist die nationale Rahmenregelung des Bundes,
die wir beachten müssen. Danach können Hilfen nur gewährt werden, wenn
eine Mindestschadensschwelle von 30 Prozent der normalen
Naturalerzeugung des Unternehmens überschritten ist”, betonte der
Minister.
Festgestellt wird das Erreichen der Mindestschadensschwelle auf
Basis der betroffenen Produktionsverfahren. Vergleichsbasis ist der
vorangegangene Drei- bzw. Fünfjahreszeitraum. Der Ertragsausfall ist
durch geeignete Dokumentationen und Unterlagen zu belegen.
Ist die Mindestschadensschwelle eines Produktionsverfahrens
überschritten, wird der monetäre Gesamtschaden unter Einbeziehung der
Preise aus dem Vergleich des Jahres 2017 mit dem vorangegangenen Drei-
bzw. Fünfjahreszeitraum errechnet.
Landtag muss über finanzielle Mittel entscheiden
„Nach
Feststellung der tatsächlichen Schadenssumme muss der Landtag über die
finanziellen Mittel entscheiden, die am Ende ausbezahlt werden können.
Die Hilfe des Landes wird dann Anfang 2018 ausbezahlt, da die
notwendigen Landesmittel erst im Haushaltsjahr 2018 zur Verfügung
gestellt werden können. Wir streben an, den Betroffenen zur
Existenzsicherung bis zu 50 Prozent des Gesamtschadens über einen
Zuschuss auszugleichen”, sagte der Minister.
In der
Verwaltungsvorschrift ‚Frosthilfe 2017‘ werden unter anderem Mindest-
und Maximalbeträge für die Hilfen festgelegt. In besonders begründeten
Härtefällen bei sehr hohen Gesamtschäden von über 100.000 Euro und
Existenzgefährdung können erhöhte Maximalbeträge gewährt werden.
„Dem
Ministerium sind im Gesamtverfahren klare Grenzen gesetzt, die wir aber
für unsere Bauern so weit wie möglich ausschöpfen wollen. Am Ende kann
das Land nur eine Hilfe zur Existenzsicherung geben. Leider können wir
daher nicht alle Schäden ausgleichen”, erklärt der Minister. Das
Verfahren wurde mit den Verbänden der betroffenen Erzeuger
abgestimmt.
L-Bank unterstützt das VerfahrenHärtefälle und Darlehen
Ein Schadensausgleich in
begründeten Härtefällen kann nur in Verbindung mit einem
Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank Baden-Württemberg gewährt
werden. Die Verbindung mit einem Darlehen ist vor allem für betroffene
Betriebe mit hohen Schadenssummen und entsprechend hohen
Liquiditätslücken interessant, da den
betroffenen Betrieben sofort wieder liquide Mittel zur Verfügung stehen
und durch den Zuschuss der aufzunehmende Darlehensbetrag merklich geringer ausfallen kann als bei einem
Kapitalmarktdarlehen.
Die Rolle der L-Bank hierbei: Die Unternehmen
können über ihre Hausbank einen zinsgünstigen Kredit mit einer
maximalen Darlehenshöhe von 150.000 Euro aufnehmen. Das Darlehen sei mit
einer zehnjährigen Laufzeit und zwei tilgungsfreien
Anfangsjahren ausgestattet, teilt die L-Bank mit. Bei Bedarf könne die
Bürgschaftsbank Baden-Württemberg eine Bürgschaft übernehmen.
Von einem Härtefall ist auszugehen,
wenn der bereinigte Gesamtschaden über 100.000 Euro liegt oder das
betroffene Unternehmen durch das Frostereignis in eine Existenz
gefährdende Lage gekommen ist und unter Berücksichtigung eines
zumutbaren Eingriffs in das Betriebs- und Privatvermögen oder unter
Aufnahme eines Kapitalmarktdarlehens eine Weiterbewirtschaftung des
landwirtschaftlichen Unternehmens nicht gewährleistet ist. Die
Existenzgefährdung ist nach einem vorgegebenen Schema im
Antragsverfahren zu belegen.
Das
Liquiditätssicherungsdarlehen der L-Bank wird bei der Hausbank
aufgenommen. Die Darlehenskonditionen der
L-Bank für die Endkreditnehmer sind genauso günstig wie die Konditionen der Darlehen der
Landwirtschaftlichen Rentenbank im Rahmen ihres
Liquiditätssicherungsprogramms für frostgeschädigte Landwirte. Die Sollzinsobergrenze wird von
der L-Bank für die Dauer der Darlehenslaufzeit festgelegt. Diese ist
durch das risikogerechte Zinssystem beeinflusst. Eine außerplanmäßige
Rückzahlung der Darlehen ist für die Dauer der Sollzinsbindung
grundsätzlich nicht zulässig.
Hintergrund
Die
Spätfröste in den Nächten vom 19. bis 21. April dieses Jahres führten zu großflächigen Frostschäden in der Landwirtschaft, insbesondere im Wein- und Obstbau. Landesweit wurden etwa ein Viertel des Weinbaus und ein Drittel des Erwerbsobstbaus sehr stark geschädigt. Es werden erhebliche Einkommenseinbußen erwartet, die vor allem in spezialisierten Obst- und Weinbaubetrieben bis zur Existenzgefährdung führen können. Insgesamt wird von Ertragseinbußen in
dreistelliger Millionenhöhe ausgegangen, genaue Zahlen lassen sich
jedoch erst nach Abschluss der Ernte benennen. Der Ministerrat stufte
den Frosteinbruch als ein einer Naturkatastrophe gleichzusetzendes widriges
Witterungsverhältnis ein und machte damit den Weg frei für finanzielle
Ausgleichsmaßnahmen.