Tierhaltung | 28. Mai 2020

Frisches, sauberes Wasser trotz heißer Tage

Von Jutta van der Linde und Dr. Kristian Düngelhoef
Wer sein Geflügel in Mobilställen hält, muss besonders im Sommer darauf achten, dass das Tränkwasser von hygienisch guter Qualität ist. Denn auch Hühner trinken nicht gerne abgestandenes, warmes Wasser. Zudem fühlen sich dort Keime wohl und gefährden die Tiergesundheit.
In autark betriebenen Mobilställen steht das Tränkwasser oft mehrere Tage im Vorratstank. Gerade in Hitzeperioden kann das zum Problem werden. Dann sollte der Tank täglich neu befüllt werden.
Seit Jahren steigt das Interesse an Mobilhaltung von Geflügel bei Landwirt und Verbraucher. Auch bei dieser Haltungsform sollten gewisse Standards eingehalten werden, um die Tiere vor Krankheiten zu schützen. Dazu gehört auch frisches und sauberes Tränkwasser.
In mobilen Systemen sind die technischen Möglichkeiten häufig anders gelagert als in Festställen. Gerade bei autark betriebenen Mobilställen steht das Tränkwasser oft mehrere Tage im Vorratstank. Dabei legt der zukünftige Tierhalter oft sogar besonderen Wert auf die Kapazität des Wasserbehälters. Schnell ist der Taschenrechner zur Hand, um zu berechnen, wie oft der IBC-Wassertank zum Stall gefahren werden muss, um das Reservoir aufzufüllen. Doch besonders im Sommer herrschen teils extreme Temperaturen im Tränkwassersystem und mit wenigen Tieren werden nur sehr niedrige  Durchflussgeschwindigkeiten erreicht. Die Vorteile eines großen Tanks machen sich dann nicht mehr bemerkbar.
Zu diesen speziellen Herausforderungen im Mobilstall kommen die Schwierigkeiten, die ohnehin für Legehennentränken gelten – auch in großen stationären Ställen. Dazu gehören zum Beispiel: Blinde Enden von Tränkesträngen, in denen sich abgestandenes Wasser am Ende sammeln kann; Nährstoffeinträge in das Tränksystem durch Ergänzungsfuttermittel, Vitamine, Arzneimittel und Impfstoffe, die über das Tränkwasser verabreicht werden; Keime und Schmutz gelangen über die Nippel in das Tränkesystem, wo sich ein Biofilm bildet und ausbreitet. Auch die lange Nutzungsdauer kann zum Problem werden. Erfahrene Geflügelhalter kennen diese Schwierigkeiten. Der überwiegende Teil der Mobilhalter ist jedoch neu in die Geflügelhaltung eingestiegen, sodass das Bewusstsein häufig fehlt für diese Vorgänge innerhalb von Geflügeltränksystemen.
Es kann jedoch einiges unternommen werden, um die Entstehung von Biofilm und keimbelastetem Wasser im Mobilstall zu minimieren.
Grundreinigung und laufende Desinfektion
Mit möglichst tiefen Wasserabläufen lässt sich der Wassertank beim Spülvorgang gut entleeren.
In der Serviceperiode, wenn die Ställe leerstehen, sollte eine Grundreinigung durchgeführt werden – und zwar nicht nur im Tierbereich, sondern auch im Tränkwassersystem. Ähnlich wie beim Reinigen von Melkmaschinen werden saure und alkalische Reiniger eingesetzt. Anschließend wird desinfiziert. Ohne vorherige Reinigung ist eine Desinfektion nicht durchführbar, da Dreck bekanntlich nur schlecht zu desinfizieren ist. Zur Desinfektion des Tränksystems eignen sich beispielsweise Virkon S, Peressigsäure oder Wasserstoffperoxid.
Erfahrungsgemäß funktioniert eine doppelte Desinfektion am besten: zunächst mit  Peressigsäure und dann mit Virkon S. Letzteres kann bis zur Einstallung in hoher Konzentration im Tränksystem verbleiben und muss dann kurz bevor die Tiere einziehen herausgespült werden.
Der in der Serviceperiode hergestellte gute Hygienestatus des Tränkwassersystems sollte im laufenden Durchgang beibehalten werden. Um das zu erreichen, sollten die Vorratsbehälter möglichst oft frisch befüllt werden – in heißen Witterungsphasen am besten täglich. Die Tränk-linien sollten regelmäßig gespült werden. Dies kann manuell erfolgen, in größeren Ställen wird hierfür oft ein automatisches Spülsystem verwendet.
Mobilhalter Dennis Hartmann dosiert keimhemmende Präparate, damit das Tränkwasser kontinuierlich desinfiziert wird.
Chemische Hilfsmittel, wie sie bei der Trinkwasseraufbereitung des Menschen verwendet werden, werden auch in der Tierhaltung eingesetzt. Diese Systeme sind in großen Geflügelställen weit verbreitet und sehr effizient: die Chlordioxid-Einspeisung, die Erzeugung eines Redoxpotenzials mittels Chlor- und Säure-Einspeisung oder das Anoden-/Kathodensystem wie bei den Produkten Blauer Tropfen oder Envirolyte. Allerdings scheiden sie für Mobilställe meist aufgrund der niedrigen Durchflussrate oder der Anschaffungskosten aus.
In Mobilställen können Chlorpräparate (Credence, Virbac Clean Pipe), Peressigsäurepräparate oder Virkon S eingesetzt werden, um das Tränke-system kontinuierlich zu desinfizieren. Es können auch verschiedene Systeme kombiniert werden, beispielsweise einmal wöchentlich Virkon S und an den restlichen Tagen ein Chlor- oder Peressigsäurepräparat.
Wichtig ist, dass der Einsatz von Tränkwasserdesinfektionsmitteln rechtzeitig unterbrochen wird, wenn Lebendimpfstoffe über das Tränksystem verabreicht werden. Ansonsten werden diese Impfstoffe inaktiviert. Um die beste Lösung für den eigenen Betrieb zu finden, ist in jedem Fall die Rücksprache mit Experten wie beispielsweise einem Fachtierarzt für Geflügel notwendig. Desinfektionsmittel sind Biozide und müssen sicher verwendet werden. Deshalb müssen vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformation aufmerksam gelesen und gemäß Vorgaben umgesetzt werden.
Sind die Wasserbehälter aus Metall, sollte mit dem Mobil-stallhersteller abgestimmt werden, wie Wasserzusätze das Tankmaterial beeinflussen könnten.
Aufwand steigt mit den Temperaturen
Einem angehenden Mobilstallbetreiber sollte bereits vor dem Kauf eines Mobilstalles bewusst sein, dass zum Beispiel in sommerlichen Hitzeperioden der Aufwand für die Aufrechterhaltung einer guten Tränkhygiene steigt. Mit dem Klimawandel dürfte diese Situation ein dauerhafter Begleiter werden.
Dabei muss auch die individuelle Betriebssituation berücksichtigt werden, eine wachsame Beurteilung durch den Tierhalter ist Voraussetzung. Beispiel: Bei hofnaher Position des Stalles und Festanschluss per oberirdischem Schlauch sollte in Hitzeperioden und an Sonnentagen der tägliche Wasserbedarf in den kühlen Morgenstunden aufgefüllt und der Zufluss dann abgestellt werden. Ein von der Sonne beschienener Schlauch leitet ansonsten das Wasser mit hohen Temperaturen in den Stall. In Folge sinken Wasserverbrauch, Futterverbrauch und damit die Legeleistung.
Wenn es um die Tränkehygiene geht, sollten sich Tierhalter grundsätzlich immer eine Frage stellen: Würde ich jetzt ein Gläschen davon trinken wollen?