Politik | 14. Februar 2014

Friedrich will unternehmerische Handlungsspielräume bieten

Von Walter Eberenz
Als Landwirtschaftsminister, der in Bauern nachhaltig wirtschaftende Unternehmer des Mittelstandes im ländlichen Raum sieht, präsentierte sich der neue Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich auf seiner ersten Grünen Woche in Berlin.
Der Neujahrsempfang des Deutschen Bauernverbandes auf der Grünen Woche bot Gelegenheit zu spontanen Spitzengesprächen wie hier (linkes Bild, von links) zwischen BLHV-Hauptgeschäftsführer Benjamin Fiebig, BLHV-Präsident Werner Räpple und Landwirtschaftsminister Alexander Bonde.
Hans-Peter  Friedrichs Steckenpferd ist Mittelstandspolitik, das bekannte der Minister auf der Grünen Woche mehrfach.  Die bäuerlichen Familienbetriebe zählt Friedrich nach eigenem Bekunden zu den tragenden Säulen des Mittelstands im ländlichen Raum. Daher habe unter anderem eine Substanzbesteuerung bei ihm keinen Platz und sei verhindert worden. Der Minister bezeichnete überdies „den Schutz des Eigentums als wichtiges Kulturgut unseres Gesellschafts- und Wertesystems”.
Hans-Peter Friedrich  betonte bei der traditionellen Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) in Berlin auf den Strukturwandel bezogen: „Das wichtigste Mittel gegen Höfesterben sind unternehmerische Handlungsspielräume für die Landwirte. Wir müssen den jungen Leuten Bewegungsfreiheit bieten – unternehmerisch, kreativ, an Märkten orientiert.”
Das Element der EU-Agrarreform, die ersten Hektare eines Betriebes besser zu fördern, begrüßte Friedrich ausdrücklich. Bis 96 Hektar würden Betriebe dadurch bevorzugt.   Der Minister lobte seine Vorgängerin Ilse Aigner in diesem Zusammenhang für ihre „hervorragende Verhandlungsführung” bei der EU-Agrarreform. 
Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich
Greening: Für Düngung und Pflanzenschutz
Klare Aussagen gab es von Friedrich zum Thema Greening bei der EU-Agrarreform. „Ich bin nicht dafür, dass wir Flächen pauschal stilllegen sollten. Wir wollen eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fläche”, sagte er. Friedrich bekräftigte dabei, dass im Hinblick auf die Bewirtschaftung der ökologischen Vorrangflächen die politischen Vorgaben eindeutig seien.
Unter nachhaltig fällt für ihn auch der Einsatz von Düngung und Pflanzenschutz auf ökologischen Vorrangflächen, „wenn auch möglicherweise unter Auflagen”. Friedrichs Begründung für Pflanzenschutz auf solchen Flächen: „Es kann nicht falsch sein, auf den ökologischen Vorrangflächen kranken Pflanzen dabei zu helfen, wieder gesund zu werden.” 
Tierschutz ist wichtiges Thema
Äußerungen zur Ausgestaltung des Greening gab es auf der Grünen Woche auch von EU-Agrarkommissar Dacian  Ciolos. Dies sei grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, so der Agrarkommissar. Sie sollen  Regeln erstellen, die Biodiversität und Bodenqualität fördern.  Ciolos wies auf Boden- und Klimaunterschiede innerhalb der EU hin, weshalb in Europa auch unterschiedliche Maßnahmen möglich sein müssten.  Er bestätigte die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, auf ökologischen Vorrangflächen den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln zu erlauben. Allerdings, so der EU-Kommissar, dürften die Vorrangflächen nicht in der gleichen Weise bewirtschaftet werden wie die übrigen Flächen. Er verwies darauf, dass das der Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament vom vorigen Jahr entspreche. Bei der Eröffnungsfeier zur Grünen Woche am Donnerstag voriger Woche kündigte  Ciolos außerdem an, dass die EU anstrebt, vollständig und bedingungslos auf Exporterstattungen bei Ausfuhren von Agrarprodukten nach Afrika zu verzichten. Man wolle so die Agrarpolitik und die Entwicklungspolitik der EU miteinander in Einklang bringen.
Plausch am Südbaden-Tisch während des Neujahrsempfangs des DBV.
Gefragt zu seinem Verhältnis zu Tierschutz antwortete Bundeslandwirtschaftsminister  Friedrich: „Der Tierschutz und der Umgang mit den Mitgeschöpfen ist ein wichtiges Thema für die Bundesregierung und für mich persönlich.” Friedrich begrüßte in diesem Zusammenhang die Initiative Tierwohl des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Übermäßiger Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung verbiete sich schon betriebswirtschaftlich. Niemandem mache es Spaß, Antibiotika einzusetzen, wenn er sie einsparen könne – schon aus Kostengründen, so Friedrich. 
Umgang mit Gentechnik
Beim Umgang mit der Grünen  Gentechnik will sich Friedrich vorrangig an den Wünschen der Verbraucher und der Landwirte orientieren: „Wenn wir feststellen, dass weder die Verbraucher noch die Landwirte das wollen, dann sollte die Politik das nicht forcieren wollen.”
Mehrfach versicherte der neue Bundeslandwirtschaftsminister, dass er sich in der bäuerlichen Welt sehr wohlfühle: „Vor dem Messerundgang zur Eröffnung hat man mich gewarnt. Ich hätte es noch etwas länger ausgehalten”, bemerkte er beim Neujahrsempfang des DBV  mit einem Augenzwinkern, wegen der zahlreichen Probierstationen.
Stabilitätsanker der Volkswirtschaft
 „Die Landwirtschaft ist eine Zukunftsbranche und ein Stabilitätsanker der Volkswirtschaft”, verkündete DBV-Präsident Joachim Rukwied den Teilnehmern der Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten auf der Grünen Woche. Die aktuelle Stimmungslage bei den Bauern bezeichnete er als „verhalten positiv”. Rukwied berief sich dabei auf den Index des Konjunkturbarometers Agrar, der im Dezember 2013 leicht nach oben gegangen sei. Bei den Investitionen seien Ställe und Stalltechnik dominierend. Das sei Investitionsbereitschaft „in noch mehr Tierwohl”.
Positiv bewertete Rukwied die Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich
Bernhard Krüsken, neuer Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), und DBV-Präsident Joachim Rukwied.
zu den Nutzungsmöglichkeiten von ökologischen Vorrangflächen und der Möglichkeit, den Aufwuchs zu düngen und mit Pflanzenschutzmitteln zu behandeln. „Das ist in unserem Sinne und notwendig”, betonte der DBV-Präsident hierzu.
Rukwied unterstrich die grundsätzliche Dialogbereitschaft des DBV – mit einer Einschränkung: „Wir sind nicht mehr bereit, über Kampfthemen zu diskutieren mit Leuten, deren Wünsche an die Existenz der bäuerlichen Familienbetriebe gehen”.
Landesauftritt mit Genießer-Box
Als „Genießerland” präsentiert sich Baden-Württemberg bis zum 26. Januar auf der Grünen Woche in Berlin in einem halben Hallenbereich.  Das Land tritt gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen auf, das die andere Hälfte belegt.  Marktforschungen hätten ergeben, dass die Themen Genuss und Kulinarik am häufigsten mit Baden-Württemberg verbunden würden, betonte Landwirtschafts- und Tourismusminister Alexander Bonde bei einer Präsentationsveranstaltung auf der Grünen Woche. Zudem stellt sich das Land auf der Grünen Woche  als Tourismusziel vor, unter Beteiligung der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW), der Schwarzwald Tourismus Gesellschaft und der Touristikgemeinschaft Hohenlohe. Einige Firmen und Verbände aus dem Land flankieren den Messeauftritt, darunter die   Kleinbrennerverbände.
Landwirtschaftsminister Alexander Bonde präsentierte die "Genießerland-Box".
Zusammen mit Dr. Alexander Wirsig, dem Geschäftsführer der Marketinggesellschaft für Agrar- und Forstprodukte aus Baden-Württemberg (MBW), präsentierte Bonde zudem als Neuheit die „Genießerland-Box”, mit europaweit geschützten Spezialitäten aus Baden-Württemberg (siehe Bild). Die „Genießerland-Box” wurde in Zusammenarbeit mit dem Landesmarketing im baden-württembergischen Staatsministerium und der TMBW entwickelt. Es soll sie  als Standard-Version und als „offenes Konzept” auch in anderen Zusammenstellungen geben. Als eine Bezugsmöglichkeit (ab März) wird der Online-Shop unter https://shop.baden-
wuerttemberg.de/ genannt. Geplant ist zudem ein Vertrieb über den Lebensmitteleinzelhandel.