Politik | 02. Mai 2024

Europaparlament stimmt für einfachere GAP

Von AgE
Das Europaparlament hat für deutliche Änderungen an den Konditionalitätsvorgaben der GAP votiert. So soll die Stilllegungspflicht weitgehend gestrichen werden. Vorgesehen sind zudem Flexibilisierungen beim Erosionsschutz, bei der Mindestbodenbedeckung und bei der Fruchtfolge.
Das Europaparlament hat in der letzten Sitzungswoche in Straßburg vor den Wahlen im Juni die Voraussetzungen für eine einfachere Ausgestaltung der GAP geschaffen.
Wenig überraschend hat das Europaparlament für die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Änderungen an der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) votiert. Dafür stimmten am Abend des 24. April 425 Europaabgeordnete von 588. Damit die Regelungen nun zeitnah in Kraft treten können, muss noch der Rat endgültig zustimmen. Dies gilt aber als reine Formsache.
Im März hatten die EU-Agrarminister bereits einstimmig für ein Eilverfahren des Gesetzgebungsprozesses votiert. Selbst Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte sich trotz einer deutschen Protestnote einem Verfahren ohne Änderungsanträge angeschlossen.
Ziel ist mehr Flexibilität
Konkret haben die Änderungen mehr Flexibilität zum Ziel. Vorgesehen sind aber auch deutliche Abstriche bei den Konditionalitätsvorgaben in der GAP. So soll der Standard GLÖZ 8 für eine verpflichtende Stilllegung weitgehend gestrichen werden. Der Schutz bestehender Landschaftsmerkmale soll beibehalten werden. Stattdessen sollen die Mitgliedstaaten Öko-Regelungen einführen, um den Landwirten einen Anreiz zur Stilllegung zu bieten. In Deutschland ist ein entsprechendes Eco-Scheme bereits in Kraft.
Zudem sollen die Mitgliedsländer den Landwirten spezifische Ausnahmen beim Schutz vor Erosion (GLÖZ 5), bei der Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) und bei der Fruchtfolge (GLÖZ7) zugestehen dürfen. Dies soll vor allem dann möglich sein, wenn Anforderungen ihren Zielen zuwiderlaufen. Als Begründung wird auf agronomische Besonderheiten bestimmter Bodentypen verwiesen.
Umbruchverbot bei Grünland lockern
Bei GLÖZ 9 zu umweltsensiblem Dauergrünland soll unter Umständen das bestehende Umbruchverbot gelockert werden. Beispielsweise ist geplant, das Pflügen zur Wiederherstellung von Dauergrünland in Natura-2000-Gebieten zu erlauben. Dies soll dann möglich sein, wenn die Flächen durch Raubtiere oder invasive Arten geschädigt werden.
Diese Ausnahmen bei den GLÖZ-Standards können für den gesamten GAP-Zeitraum in den nationalen strategischen Plänen festgelegt werden. Die Kommission hatte allerdings bereits im März darauf hingewiesen, dass die Ausnahmen „flächenmäßig begrenzt” und nur dann eingeführt werden sollten, wenn sie sich als notwendig erweisen würden. Ziel sei es, spezifische Probleme zu lösen. Die Umweltstandards würden nicht abgesenkt.
Keine Sanktionen bis zehn Hektar
In Fällen, in denen extrem ungünstige Witterungsbedingungen die Landwirte daran hindern, ordnungsgemäß zu arbeiten und die GLÖZ-Anforderungen zu erfüllen, soll es Härtefallregelungen geben. So sollen die Mitgliedstaaten dann weitere vorübergehende Ausnahmeregelungen umsetzen dürfen. Diese sollten nach Maßgabe der Kommission aber zeitlich klar begrenzt sein und nur für die betroffenen Betriebe gelten.
Um sicherzustellen, dass die EU-Länder ihre GAP-Strategiepläne häufiger an veränderte Bedingungen anpassen können, ist überdies vorgesehen, die Zahl der jährlich zulässigen Änderungen zu verdoppeln. Jede erfolgreiche Vereinfachungsmaßnahme müsse in Zusammenarbeit mit den nationalen Verwaltungen durchgeführt werden.
Darüber hinaus sollen landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von maximal zehn  Hektar in Zukunft von Kontrollen und damit auch von Sanktionen bei Verstößen gegen die Konditionalitätsregelungen ausgenommen werden. „Damit soll der mit den Kontrollen verbundene Verwaltungsaufwand verringert werden, der für kleine Betriebe höher ist als für größere”, heißt es zu der geplanten Änderung der GAP-Strategieplanverordnung.
DBV: Wichtiges Signal gesetzt
Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßt die große Mehrheit des Europaparlaments für die Änderungsvorschläge der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). „Die EU-Abgeordneten haben  gezeigt, dass sie die zentralen Anliegen der europäischen und deutschen Landwirte für mehr Bürokratieabbau, Entlastung und Praxistauglichkeit bei der Umsetzung der EU-Agrarförderung unterstützen”, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied nach der Abstimmung. Das sei ein wichtiges Signal für einen ebenso zukunfts- wie wettbewerbsfähigen Landwirtschaftsstandort Europa. Rukwied forderte die Bundesregierung auf, die verbesserten Rahmenbedingungen in Deutschland „praxistauglich und uneingeschränkt” umzusetzen. Effektiver Natur- und Artenschutz lasse sich  nur umsetzen, wenn die Betriebe auch wettbewerbsfähig seien und flexibel auf externe Einflüsse reagieren könnten.
 
Erleichtert bis beinahe entsetzt
Die Reaktionen auf die Zustimmung des Europaparlaments zu den Änderungen an der GAP gehen erwartungsgemäß weit auseinander. CDU und FDP zeigten sich erleichtert. Beinahe Entsetzen herrschte hingegen bei  Grünen und SPD. Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, Norbert Lins, lobte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie habe Mitte März bei der Vorstellung der Änderungsverordnungen Führungsstärke bewiesen.  Lins fordert nun von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, sich klar im Sinne der Landwirte zu positionieren. Der Agrarsprecher der Grünen/EFA, Martin Häusling, übt dagegen Kritik. „Die Rückabwicklung des Green Deals ist in vollem Gang. Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus werden als Reaktion auf die europaweiten Bauernproteste kurzerhand Umweltauflagen geschleift.”