Es ist Routine eingekehrt
Am 28. 2. 2018 wurde die Zweite Verordnung zur Änderung der TÄHAV veröffentlicht und trat ohne Übergangsfrist am 1. 3. 2018 in Kraft. Dies geschah anfangs ohne Auslegungshinweise, was zu erheblicher (rechtlicher) Verunsicherung in der Tierärzteschaft führte. Grund für die Änderung der TÄHAV ist die weltweite Zunahme von Antibiotikaresistenzen bei Tier und Mensch. Fälschlicherweise wird der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung in vielen Medien und von einigen Politikern als Hauptursache für die Resistenzentwicklung beim Menschen angesehen. Mit der Änderung der Verordnung sollte eine Minimierung des Antibiotikaeinsatzes – insbesondere im Bereich der Reserveantibiotika – und somit der Rückgang von Resistenzen erreicht werden. Ob die Verordnung diesem Ziel gerecht wird, ist heftig umstritten.
Als Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Behandlung gilt laut der TÄHAV, dass der Tierarzt einen „unmittelbaren physischen Kontakt” mit dem Tier aufnimmt, dieses also persönlich in Augenschein nimmt. Bei Anwendung eines Antibiotikums ist nun außerdem die Durchführung einer klinischen Untersuchung durch den Tierarzt erforderlich.
Durch diese Vorgaben dürfte es bei der Behandlung nahezu aller Tierarten zu Änderungen gekommen sein. Dies kann zum Teil als erfreulich eingestuft werden, wenn beispielsweise Mastitispräparate mit dem Wirkstoff Cefquinom nicht mehr als Mittel der ersten Wahl bei milden Erkrankungen angewendet werden. Für so manchen Landwirt hingegen unverständlich ist die Pflicht der klinischen Untersuchung des Tieres vor Abgabe eines antibiotischen Trockenstellers, obwohl hier Daten zum Tier und/oder eine zytobakteriologische Untersuchung der Milch weitaus mehr Aussagekraft hätten. Obwohl diese Argumentation ihre Berechtigung hat, ist der Tierarzt verpflichtet, das Tier in Augenschein zu nehmen.
Die meisten Tierärzte haben den Einsatz von kritischen Antibiotika, nämlich von Cephalosporinen der dritten und vierten Generation sowie Fluorchinolonen, erheblich eingeschränkt oder diese gar gänzlich aus ihrem Programm genommen. Deutlich gestiegen ist dagegen die Anzahl von Antibiogrammen, also von Antibiotika-Resistenzbestimmungen. So wurden direkt nach Inkrafttreten der Verordnung 40 Prozent mehr Milchproben am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg eingesandt als im gleichen Quartal des Vorjahres.
Vielleicht kann ja die neue TÄHAV auch als Anreiz genommen werden, den Antibiotikaeinsatz betriebsindividuell neu zu überdenken. Ein möglicher Ansatz für Milchviehbestände ist beispielsweise das Selektive Trockenstellen. Die Tiergesundheitsdienste beraten Interessenten hierzu gerne.