„Es geht mir um die Sache”
Von AgE
Vor dem Deutschen Bauerntag kommende Woche in Cottbus fordert Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), eine Neujustierung der europäischen und nationalen Agrarpolitik. Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit müssten im Vordergrund stehen.
Joachim Rukwied, 62, räumt ein, dass es aus persönlicher Sicht möglicherweise richtig gewesen wäre, nicht für eine vierte Amtszeit als Präsident des Deutschen Bauernverbandes zu kandidieren.
Rukwied fordert im Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe Konsequenzen aus den Ergebnissen der Europawahl: „Wettbewerbsfähigkeit, Zukunftsfähigkeit und Versorgungssicherheit müssen wieder im Vordergrund stehen.” In der Agrarumweltpolitik müssten Anreizsysteme und Honorierung Vorrang bekommen gegenüber Ordnungsrecht und Verboten.
Weichen nicht falsch stellen
Von der Ampelkoalition erwartet der DBV-Präsident, dass
sie die Gewinnglättung bei der Einkommensteuer auf den Weg bringt und
substanzielle Schritte zum Bürokratieabbau unternimmt. Er warnt vor
falschen Weichenstellungen bei der Novelle des Tierschutzgesetzes und in
der Pflanzenschutzpolitik. Neuerliche Bauernproteste schließt Rukwied
nicht aus: „Wir sind jederzeit in der Lage, einen bundesweiten,
wirksamen und sichtbaren Aktionstag auf den Weg zu bringen.”
Der DBV-Präsident bekennt sich zu den Vorschlägen der
Borchert-Kommission und sichert trotz schwieriger Diskussionen eine
weitere Mitarbeit in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) zu:
„Wir bleiben drin.”
Weiter mit den Umweltverbänden reden
Den Austausch mit den Umweltverbänden will
Rukwied fortsetzen: „Ich halte nichts davon, wieder in die Gräben
zurückzugehen.” Der 62-Jährige räumt ein, dass es aus persönlicher Sicht
möglicherweise richtig gewesen wäre, nicht für eine vierte Amtszeit zu
kandidieren. Bei der Entscheidung für die erneute Kandidatur hätten
jedoch persönliche Motive nicht im Vordergrund gestanden: „Es geht mir
um die Sache.” Seine künftige Nachfolge will der Präsident „in der
Bauernverbandsfamilie” besprechen: „Entscheidend ist, was die
Hofnachfolger, ob männlich der weiblich, wollen.”
Große Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit
52 Prozent der Bäuerinnen und Bauern in Deutschland haben bei der Europawahl CDU oder CSU gewählt. Für Joachim Rukwied hat das Wahlergebnis gezeigt, dass eine große Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit herrscht. „Nicht nur in der Landwirtschaft, sondern über alle Wählergruppen hinweg”, so Rukwied im Interview mit Agra-Europe.
Das Wahlergebnis sei ein klares Signal an die Ampel, den Regierungskurs anzupassen. „Ein ,Weiter so’ darf es nicht geben”, erklärt der Bauernpräsident.
Dass knapp ein Fünftel der Bauern AfD gewählt hat, wertet Rukwied nicht als branchenspezifisch. So habe auch die Generation Z im gleichen Umfang AfD gewählt. Zukunftsangst und eine tiefe Verunsicherung seien hier bedient worden und hätten am Ende zu dem Prozentsatz geführt.
Rukwied weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der DBV bei den Demonstrationen sehr deutlich gezeigt habe, „dass wir zur Verfassung und zum Grundgesetz stehen. Wir sind überzeugte Europäer und haben auch im Vorfeld der Wahlen noch mal aktiv, aus dem Verband heraus, einen Wahlaufruf gestartet mit dem klaren Bekenntnis zur Demokratie, zur Verfassung und zu einem gemeinsamen Europa”.