Die Erlösabschöpfung unter anderem bei Biogasanlagen kommt. Sie greift rückwirkend ab dem 1. Dezember, also deutlich später als ursprünglich geplant. Kleinere Anlagen bis ein Megawatt Bemessungsleistung sind befreit. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat erleichtert reagiert.
Der DBV geht davon aus, dass mit den jetzt gefallenen Entscheidungen die „bäuerliche Biogaserzeugung weitgehend von der Abschöpfung verschont” wird.
Die Gesetze zur Einführung von Strom- und Gaspreisbremsen wurden am 16. Dezember vom Bundestag verabschiedet. Einen Tag später passierten sie den Bundesrat. Damit werden zur Finanzierung der geplanten Energiekostenentlastung für Haushalte und Unternehmen bei den Stromerzeugern kriegs- und krisenbedingte Überschusserlöse rückwirkend ab dem 1. Dezember abgeschöpft.
Gilt zunächst bis 30. Juni 2023
Die Erlösobergrenze, ab der abgeschöpft wird, ergibt
sich bei Biogasanlagen aus der technologiespezifischen Förderhöhe des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und einem Sicherheitszuschlag, der
nach längerer Debatte letztlich bei 9 Cent/kWh festgelegt wurde. Mit
diesem gegenüber anderen Technologien erhöhten Sicherheitszuschlag wurde
auf die vergleichsweise hohen Kosten von Biogasanlagen reagiert. Alle
Einnahmen, die über die Erlösobergenze hinausgehen, werden vom Staat zu
90 Prozent abgeschöpft. Die übrigen zehn Prozent verbleiben beim
Erzeuger, um Anreize für ein effizientes Verhalten am Markt zu schaffen. Bei kleineren Biogasanlagen soll es keine Abschöpfung geben.
Beschlossen wurde eine Bagatellgrenze von 1 Megawatt Bemessungsleistung.
Die Laufzeit der Abschöpfung ist zunächst bis zum 30. Juni 2023
befristet. Eine Verlängerung ist höchstens bis zum 30. April 2024
möglich. Für einen Antrag Bayerns im Bundesrat, mit dem eine Erhöhung
des Sicherheitszuschlags bei Biogasanlagen auf 10Cent/kWh gefordert
wurde, fand am vorigen Freitag im Plenum keine sofortige
Sachentscheidung statt. Er wurde in die Ausschüsse überwiesen. Auf die
von Bundestag und Bundesrat gefällten Beschlüsse gab es aus Politik und
Wirtschaft in Teilen Lob, aber auch heftige Kritik. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag kritisierte das Vorgehen der
Bundesregierung im Gesetzgebungsprozess scharf. Geplante Investitionen
in Biogasanlagen seien dadurch verhindert worden, stellte der
agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, fest.
Union: Vollständige Herausnahme besser
Bioenergie als einzig flexibel einsetzbare
erneuerbare Energie sei essenziell für das Gelingen der Energiewende.
Die Bundesregierung habe mit ihrem Vorgehen die Energiesicherheit in
Deutschland aufs Spiel gesetzt. Der zuständige Berichterstatter für
landwirtschaftliche Energieerzeugung in der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Oliver
Vogt, ergänzte, dass die Erhöhung des Sicherheitspuffers auf 9 Cent/kWh
bei weitem nicht ausreiche, um die gestiegenen Produktionskosten für
Biogasanlagen auszugleichen. „Als Union haben wir immer klargestellt,
dass Biogasanlagen vollständig aus der Erlösabschöpfung ausgenommen
werden müssen”, so Vogt. Auch nach Einschätzung der AfD-Fraktion im
Bundestag wäre eine vollständige Ausnahme von Biogasanlagen und der
Bioenergie von der Umsatzabschöpfung richtig gewesen.
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk begrüßte, dass die
Bundesregierung „auf die massiven Forderungen aus den Ländern
eingegangen ist und eine rückwirkende Erlösabschöpfung vom Tisch ist”.
Hauk sieht Licht und Schatten
„Leider sind trotz erheblicher und dringend notwendiger
Nachbesserungen noch wichtige Punkte offengeblieben. So ist es nicht
nachvollziehbar, dass die Erlöse aus der flexiblen und netzdienlichen
Stromerzeugung weiterhin unter die Abschöpfung fallen und erneuerbare
Wärme und Strom aus fester Biomasse derart benachteiligt wird,
klimaschädliche Steinkohle aber vom Abschöpfungsmechanismus ausgenommen
bleibt.” Insgesamt gehe die Entwicklung in die richtige Richtung, es
bleibe aber noch einiges zu tun, resümierte Hauk. Das Hauptstadtbüro
Bioenergie (HBB) sprach von einem „wichtigen Schritt hin zu mehr
Versorgungssicherheit”. Es sei zu begrüßen, dass die Abschöpfung von
Strommarkterlösen erst ab einem Megawatt Bemessungsleistung greife und
Satelliten-Blockheizkraftwerke nicht in die Berechnung der Leistung
eingingen. Positiv wertete das HBB den Sicherheitszuschlag von
9Cent/kWh für Biogasanlagen. Dadurch werde bei den meisten Anlagen mit
einer Leistung oberhalb der Bagatellgrenze die jüngste Steigerung der
variablen und fixen Betriebskosten kompensiert. Es sei aber energiewirtschaftlich kontraproduktiv, dass die Erlöse aus der flexiblen
und netzdienlichen Stromerzeugung unter die Abschöpfung fielen.
Alarm schlug das HBB mit Blick auf die Restholz- und
Strohheizkraftwerke. Für deren Betreiber sei der nun beschlossene
Abschöpfungsmechanismus desaströs. Ohne eine Anhebung des
Sicherheitszuschlags stünden die Anlagen vor dem Aus.
Erleichtert, aber Vertrauen geschädigt
Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht davon aus, dass mit den jetzt gefallenen Entscheidungen die „bäuerliche Biogaserzeugung weitgehend von der Abschöpfung verschont” wird. Damit werde der Beitrag der Bioenergie zur Stabilisierung der Stromproduktion in der Energiekrise anerkannt, so DBV-Präsident Joachim Rukwied. Bestehen bleibe aber der „große Vertrauensschaden, den das Bundeswirtschaftsministerium mit seinen Plänen zur Erlösabschöpfung ausgelöst” habe. Viele Investitionsprojekte in Erneuerbare Energien seien wegen dieser Debatte gestoppt worden. Darauf verwies auch der BLHV bei seiner Weihnachtspressefahrt (siehe BBZ 50, Seite 8). Biogasanlagen sollten gar nicht in die Erlösabschöpfung einbezogen werden. Wenn kleine- und mittelständische Unternehmer in den Klimaschutz investierten, bräuchten sie die Rückendeckung der Politik, unterstrich BLHV-Präsident Bernhard Bolkart. Mit solchen Aktionen treibe man den Landwirten „die Lust auf Klimaschutz vollends aus”.