Politik | 22. Dezember 2022

Erlösabschöpfung erst ab einem Megawatt

Von AgE
Die Erlösabschöpfung unter anderem bei Biogasanlagen kommt. Sie greift rückwirkend ab dem 1. Dezember, also deutlich später als ursprünglich geplant. Kleinere Anlagen bis ein Megawatt Bemessungsleistung sind befreit. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat erleichtert reagiert.
Der DBV geht davon aus, dass mit den jetzt gefallenen Entscheidungen die „bäuerliche Biogaserzeugung weitgehend von der Abschöpfung verschont” wird.
Die Gesetze zur Einführung von Strom- und Gaspreisbremsen wurden am 16. Dezember vom Bundestag verabschiedet. Einen Tag später passierten sie den Bundesrat. Damit werden zur Finanzierung der geplanten Energiekostenentlastung für Haushalte und Unternehmen bei den Stromerzeugern kriegs- und krisenbedingte Überschusserlöse rückwirkend ab dem 1. Dezember abgeschöpft.
Gilt zunächst bis 30. Juni 2023
Die Erlösobergrenze, ab der abgeschöpft wird, ergibt sich bei Biogasanlagen aus der technologiespezifischen Förderhöhe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und einem Sicherheitszuschlag, der nach längerer Debatte letztlich bei 9 Cent/kWh festgelegt wurde. Mit diesem gegenüber anderen Technologien erhöhten Sicherheitszuschlag wurde auf die vergleichsweise hohen Kosten von Biogasanlagen reagiert. Alle Einnahmen, die über die Erlösobergenze hinausgehen, werden vom Staat zu 90 Prozent abgeschöpft. Die übrigen zehn Prozent verbleiben beim Erzeuger, um Anreize für ein effizientes Verhalten am Markt zu schaffen. Bei kleineren Biogasanlagen soll es keine Abschöpfung geben. Beschlossen wurde eine Bagatellgrenze von 1 Megawatt Bemessungsleistung. Die Laufzeit der Abschöpfung ist zunächst bis zum 30. Juni 2023 befristet. Eine Verlängerung ist höchstens bis zum 30. April 2024 möglich. Für einen Antrag Bayerns im Bundesrat, mit dem eine Erhöhung des Sicherheitszuschlags bei Biogasanlagen auf 10Cent/kWh gefordert wurde, fand am vorigen Freitag im Plenum keine sofortige Sachentscheidung statt. Er wurde in die  Ausschüsse überwiesen. Auf die von Bundestag und Bundesrat gefällten Beschlüsse gab es aus Politik und Wirtschaft in Teilen Lob, aber auch heftige Kritik. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung im Gesetzgebungsprozess scharf. Geplante Investitionen in Biogasanlagen seien dadurch verhindert worden, stellte der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, fest. 
Union: Vollständige Herausnahme besser
Bioenergie als einzig flexibel einsetzbare erneuerbare Energie sei essenziell für das Gelingen der Energiewende. Die Bundesregierung habe mit ihrem Vorgehen die Energiesicherheit in Deutschland aufs Spiel gesetzt. Der zuständige Berichterstatter für landwirtschaftliche Energieerzeugung in der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Oliver Vogt, ergänzte, dass die Erhöhung des Sicherheitspuffers auf 9 Cent/kWh bei weitem nicht ausreiche, um die gestiegenen Produktionskosten für Biogasanlagen auszugleichen. „Als Union haben wir immer klargestellt, dass Biogasanlagen vollständig aus der Erlösabschöpfung ausgenommen werden müssen”, so Vogt. Auch nach Einschätzung der AfD-Fraktion im Bundestag wäre eine vollständige Ausnahme von Biogasanlagen und der Bioenergie von der Umsatzabschöpfung richtig gewesen.
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk begrüßte, dass die Bundesregierung „auf die massiven Forderungen aus den Ländern eingegangen ist und eine rückwirkende Erlösabschöpfung vom Tisch ist”. 
 
Hauk sieht Licht und Schatten
„Leider sind trotz erheblicher und dringend notwendiger Nachbesserungen noch wichtige Punkte offengeblieben. So ist es  nicht nachvollziehbar, dass die Erlöse aus der flexiblen und netzdienlichen Stromerzeugung weiterhin unter die Abschöpfung fallen und erneuerbare Wärme und Strom aus fester Biomasse derart benachteiligt wird, klimaschädliche Steinkohle aber vom Abschöpfungsmechanismus ausgenommen bleibt.” Insgesamt gehe die Entwicklung in die richtige Richtung, es bleibe aber noch einiges zu tun, resümierte  Hauk. Das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) sprach von einem „wichtigen Schritt hin zu mehr Versorgungssicherheit”. Es sei zu begrüßen, dass die Abschöpfung von Strommarkterlösen erst ab einem Megawatt Bemessungsleistung greife und Satelliten-Blockheizkraftwerke nicht in die Berechnung der Leistung eingingen. Positiv wertete das HBB  den Sicherheitszuschlag von 9Cent/kWh für Biogasanlagen. Dadurch werde bei den meisten Anlagen mit einer Leistung oberhalb der Bagatellgrenze die jüngste Steigerung der variablen und fixen Betriebskosten kompensiert. Es sei aber  energiewirtschaftlich kontraproduktiv, dass die Erlöse aus der flexiblen und netzdienlichen Stromerzeugung unter die Abschöpfung fielen.
Alarm schlug das HBB mit Blick auf die Restholz- und Strohheizkraftwerke. Für deren Betreiber sei der nun beschlossene Abschöpfungsmechanismus desaströs. Ohne eine Anhebung des Sicherheitszuschlags stünden die Anlagen vor dem Aus. 
Erleichtert, aber Vertrauen geschädigt
Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht davon aus, dass mit den jetzt gefallenen Entscheidungen die „bäuerliche Biogaserzeugung weitgehend von der Abschöpfung verschont” wird. Damit werde der Beitrag der Bioenergie zur Stabilisierung der Stromproduktion in der Energiekrise anerkannt, so DBV-Präsident Joachim Rukwied. Bestehen bleibe aber der „große Vertrauensschaden, den das Bundeswirtschaftsministerium mit seinen Plänen zur Erlösabschöpfung ausgelöst” habe. Viele Investitionsprojekte in Erneuerbare Energien seien wegen dieser Debatte gestoppt worden. Darauf verwies auch der BLHV bei seiner Weihnachtspressefahrt (siehe BBZ 50, Seite 8). Biogasanlagen sollten gar nicht in die Erlösabschöpfung einbezogen werden. Wenn kleine- und mittelständische Unternehmer in den Klimaschutz investierten, bräuchten sie die Rückendeckung der Politik, unterstrich BLHV-Präsident Bernhard Bolkart. Mit solchen Aktionen treibe man den Landwirten „die Lust auf Klimaschutz vollends aus”.