Erleichterungen bis 2,5 Hektar in Kraft
Von Hubert God, Bauern-Solar
Die Bundesregierung will Erleichterungen für kleine Agri-PV-Anlagen einführen. Das ist auch nötig, zumal Skaleneffekte kleine Anlagen oft unwirtschaftlich machen.
Die Privilegierung einer Agri-PV-Anlage im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb ist am 7.Juli 2023 in Kraft getreten.
Agri-PV-Anlagen haben den großen Charme, dass die landwirtschaftliche Nutzung auf einem Großteil der betreffenden Solarfläche gewährleistet bleibt. Landwirte bleiben als Bewirtschafter auf der Fläche und können in angrenzenden Modulreihen zusätzlich Strom erzeugen.
Privilegierung für kleine Agri-PV
Die angekündigte Privilegierung einer Agri-PV-Anlage im
räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen
Betrieb ist am 7. Juli 2023 in Kraft getreten. Dies erfolgte mit der
Einführung der Ziffer 9 in § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch.
Im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem im Außenbereich
privilegierten Betrieb der Landwirtschaft, des Forsts oder des
Gartenbaus ist jetzt eine Agri-Photovoltaikanlage bis 2,5 Hektar
privilegiert. Das bedeutet, dass ein Bauantrag ohne vorherige
Aufstellung eines Bebauungsplanes genehmigt werden kann.
Die Realisierung kleiner Agri-PV-Anlagen ist also nicht mehr davon
abhängig, dass der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss für einen
Bebauungsplan fasst. Der Bauantrag kann nun direkt eingereicht werden.
Liegen alle geforderten Gutachten und Unterlagen vor und stehen keine
öffentlichen Pläne wie zum Beispiel der Regionalplan entgegen, ist mit
hoher Wahrscheinlichkeit mit einer baurechtlichen Genehmigung zu
rechnen. Wermutstropfen: Es sind letztlich die gleichen Gutachten und
Unterlagen für den Bauantrag beizubringen wie ohne Privilegierung. Das
wird für kleine Projekte zur eigentlichen Nagelprobe.
Bis 270 kW an den Trafo
Die Kosten für Netzanschluss und neue
Trafostation sind enorm angestiegen. Im Solarpaket 1 nennt die
Bundesregierung weitere Vereinfachungen für kleine Einspeiseleistungen
bis 270 kW beziehungsweise installierter Leistung bis 500 kW, wie sie
aktuell lediglich für Anlagen bis 135 kW gelten.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits Entwürfe für zwei geplante
Verordnungen veröffentlicht. Für kleine Agri-PV-Anlagen würden die
Anwendung von Niederspannungsregeln für den Netzanschluss in der
geplanten Verordnung TAV und ein Verzicht auf Anlagen-Zertifikate in der
geplanten Änderung der Verordnung NELEV eine beachtliche
Kostenentlastung beim Netzanschluss bedeuten. Im Idealfall könnte
einfach eine naheliegende vorhandene Trafostation des Netzbetreibers
genutzt werden.
Wenn die so möglichen Kosteneinsparungen zusammentreffen mit Vorteilen
eines hohen Eigenverbrauchs, können kleine Agri-PV-Anlagen
wirtschaftlich sein. Ob die angekündigten Erleichterungen bis 270kW aber
so kommen werden, bleibt abzuwarten. Das Solarpaket 1 soll
voraussichtlich Anfang 2024 wirksam werden. Für einen breiten Durchbruch
der Agri-PV auf intensiv genutzten Flächen wäre hilfreich, wenn
zusätzlich auf teure Artenschutzgutachten und Naturschutzausgleich
verzichtet und die Einspeisevergütung für Agri-PV im EEG weiter
angehoben würde. Dies ist aktuell jedoch nicht in Sicht. Der BLHV wird
die weiteren Entwicklungen verfolgen.
Große Flächen
Projektierer und Investoren bieten langfristige Pachtverträge für landwirtschaftliche Flächen häufig erst ab etwa vier Hektar an. Für
große Anlagen verteilen sich Genehmigungs- und Planungsaufwand auf eine
größere Fläche, so dass die spezifischen Kosten je Hektar niedriger
sind. Der BLHV empfiehlt, Pachtvertragsangebote erst einmal individuell
vom Steuerberater und Anwalt prüfen zu lassen und sich
Vergleichsangebote einzuholen.
Die Agrardienst Baden GmbH hat eine Kooperation mit dem Freiburger
Projektierer iACCESS vereinbart. Grundlage soll ein fairer Pachtvertrag
sein, der die Interessen des Projektierers, Grundeigentümers und
Landwirts berücksichtigt. Interessierte BLHV-Mitglieder können sich zur
Einholung eines Angebotes unter Nennung der betreffenden
Flurstücksnummern und Gemarkung an den Agrardienst Baden wenden unter
info@agrar
dienst-baden.de
Die wichtigsten Kriterien für Agri-PV
- Die DIN SPEC91434-2021-05 definiert, welche Kriterien eine Agri-PV-Anlage einhalten muss. Hierauf stützen sich diverse weitere Regelungen.
- Eine landwirtschaftliche Nutzung muss im Falle von bodennah aufgeständerten Anlagen auf 85Prozent der Fläche nachgewiesen werden. Bei hoch aufgeständerten Anlagen sind es 90Prozent.
- Im Vorhinein muss ein Nutzungskonzept erstellt werden. Während der Laufzeit ist dann ein Monitoring gefordert. Der Ertrag muss nachweislich 66Prozent des normalen Ertrags erreichen.
- Die GAP-Prämie wird für 85Prozent der Fläche einer Agri-PV-Anlage gewährt.
- Agri-PV-Anlagen sind steuerlich dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugeordnet. Das hat der Fiskus klargestellt. Bei Agri-PV „tickt also keine Bombe” bei der Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer.
- Nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) können Ackerflächen, Dauerkulturflächen und auch Grünland gefördert werden. Ausgenommen sind Naturschutzgebiete und Moorböden, sofern sie nicht wiedervernässt werden. Kleine Anlagen mit einer installierten Leistung bis 1 MWp brauchen nicht in die EEG-Ausschreibung. In EEG-Kulissen wie benachteiligte Gebiete oder im 500m-Streifen entlang von Autobahnen und Bahnlinien kommen sie an die EEG-Vergütung von derzeit 7 Cent je kWh abzüglich der Direktvermarktungsprämie. Die installierte Leistung von Agri-PV-Anlagen bis 2,5Hektar bewegt sich regelmäßig unter dieser Schwelle.
- Hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen, bei denen sich die untere Modulkante mindestens 2,10 m über dem Boden befindet, können mit einem Technologie-Bonus rechnen für den Fall, dass sie in die EEG-Ausschreibung gehen und dort den Zuschlag erhalten. Der Bonus beträgt 2023 1,2 Ct/kWh und geht 2024 auf 1,0 Ct/kWh zurück. Allerdings verursachen hohe Aufständerungen sehr hohe Kosten.
- Die Bundesnetzagentur wird die Abgrenzungen von Agri-PV noch im Detail festlegen.