Der Holzsektor muss die Herausforderungen einer großen Kalamität bewältigen. Das wurde auch bei einer Waldbesitzerversammlung vergangene Woche in Ottenhöfen deutlich, zu der die Forstverwaltung des
Ortenaukreises eingeladen hatte.
„In diesem zweiten Halbjahr wurden unsere Planungen völlig über den Haufen geworfen”, berichtete Stefan Ackermann, Leiter des Rundholzeinkaufs beim Lichtenauer Sägewerk Keller. Die Situation sei geprägt von der Kombination aus starkem Schädlingsbefall und außerordentlicher Trockenheit. Jetzt fällt so viel Holz zur Aufarbeitung und für den Weitertransport an, dass die Mengen kaum mehr bewältigt werden können. Das Ausmaß sei mit den Schäden durch den Sturm Lothar vergleichbar, wobei der Markt wegen der europaweiten Trockenheit weniger aufnahmebereit sei als damals.
Stefan Ackermann (links) und Kurt Weber informierten über den Holzmarkt.
Ackermann erwähnte dabei auch den hohen Anteil an verblautem Holz, eine Erscheinung, die von Bakterien verursacht wird. Deren Übertragung erfolgt insbesondere durch die Borkenkäfer. Auch wenn die Verfärbung so gut wie keine Nachteile für der Festigkeit des Holzes bedeutet, entsteht daraus dennoch wirtschaftlicher Schaden, „weil kein Bauherr einen blauen Dachstuhl haben will”, so Ackermann. Seiner Ansicht nach muss blaues Holz als D-Holz gelten. Nur Großbetriebe hätten Verwertungsvorteile, zumal sie die blauen Stämme noch als „Füllmaterial” verarbeiten könnten. Nur für die Außenseiten ihrer Fertigbauteile (Brettsperrhölzer) müssten sie intaktes Holz einsetzen. Bei den mittelständischen Holzverarbeitern hingegen sei das nicht möglich. Sie könnten auch nicht wie die Großbetriebe auf den chinesischen oder afrikanischen Markt ausweichen. Die für den Fernhandel rentablen Losgrößen seien so umfangreich, dass sie mit herkömmlicher Maschinenausstattung nicht bewältigt werden könnten.
Obwohl aktuell auch die Preise für A/B-Holz nachgeben, drängt vor allem das Transportproblem: Es fehlt an Personal und an Lkw für den Holztransport, um die Rundholzmengen aus dem Wald bis in die Sägewerke zu transportieren.
Sortierung
Gleichzeitig fällt der Poltereinrichtung und der Sortierung eine entscheidende Bedeutung zu. Beim Einschlag empfahlen die Revierförster Yvonne Chtioui und Theo Blaich „eine grundsätzliche Zurückhaltung beim Frischholz” von Fichte und Tanne. Trotzdem werden von Stefan Ackermann Frischholzangebote grundsätzlich begrüßt; mehr noch: Wegen eines fortbestehenden Interesses der Frischholzkunden werde man bei der Abholung die Posten mit frischem Holz tendenziell bevorzugen.
Gegenüber den mehr als 60 Waldbesitzern des Forstbezirks Oberkirch empfahl Yvonne Chtioui daraufhin eine genaue Unterscheidung zwischen den vorhandenen Borkenkäferarten: Vom Kupferstecher sei meist nur der obere Teil eines Baumes betroffen, der Rest des Stammes – bis zu 80 % – könne weiterhin als Frischholz gelten. Ganz anders dagegen der Schaden durch den Buchdrucker, der vornehmlich die untere Hälfte des Stammes befällt und damit den Baum als Ganzes gefährdet.
Laut Kurt Weber, Vorstand der Waldservice Ortenau eG (WSO), kann sowohl der untere Teil
von Kupferstecherstämmen als Frischholz gelten als auch unbefallenes Holz, das allein durch den jüngsten Wassermangel abgestorben ist. Die Revierleiter empfahlen eine genaue Bestandsbeobachtung: Bäume mit abgefallener Rinde und Spechtlöchern könnten vorerst stehen bleiben, weil dort der Buchdrucker als Schädling den Stamm bereits wieder verlassen hat und somit keine unmittelbare Infektionsgefahr droht.
Probleme im nächsten Frühjahr
Zur Entlastung der angespannten Transport- und
Verarbeitungskapazitäten wurden von der WSO Zwischenlager für die Stämme
eingerichtet, beispielsweise in Bottenau. 2019 werden die
Lkw-Mautgebühren um 38 % erhöht, obendrein wird eine Begrenzung der
Stammlänge auf 19 Meter wirksam.
„Mit steigenden Transportkosten aber wird der Zwang zur sorgfältigen
Sortierung größer”, stellte Chtioui klar und forderte die Waldbesitzer
zu vermehrter Kooperation auf, damit unter der Leitung der Revierleiter
große und gleichmäßig sortierte Polter entstehen könnten.
„Ein
Zusammensammeln von kleinen Posten per Lkw wird es nicht mehr geben”,
mahnte Ackermann. Zur weiteren Entlastung der Verarbeitungsstufe
empfahlen die Revierleiter den Waldbesitzern auch ein Ausweichen auf
Sondersortimente wie Laubholz, Rotholz oder Papierholz, wo es noch
keine Begrenzungen gebe.
Kurt Weber von der WSO ist mit der gleichmäßigen Beschickung der Verarbeitungsbetriebe beschäftigt. Die Liefermenge für Januar werde voraussichtlich schnell bereit sein. Weitaus problematischer könnte es in den Monaten März/April werden, wenn mit den steigenden Temperaturen der Befall mit der nächsten Käfergeneration einsetzt. Bis dahin müssten die angelegten Zwischenlager geleert sein, um die neuen Holzanlieferungswellen abzupuffern.