Betrieb und Wirtschaft | 30. Januar 2020

Elsässer suchen badische Erzeuger

Von René Bossert
Die Genossenschaft Cristal Union sucht Lieferanten aus dem badischen Rheintal für ihre Zuckerfabrik im elsässischen Erstein. Neue Maschinen muss man nicht kaufen, um in den Anbau einsteigen zu können.
Erstein liegt grenznah etwa 30 Kilometer südlich von Straßburg. Die Gemarkung reicht bis an den Rhein, auf der anderen Rheinseite liegt Neuried.
Die Zuckerfabrik gehört zur genossenschaftlichen Gruppe Cristal Union. Diese hat einen Umsatz von rund 1,7 Millionen Euro und ist in Frankreich bei Zucker die Nummer zwei.  2018/19 hat Cristal Union wegen der schwierigen Situation im Zuckersektor einen Verlust von 99 Mio. Euro verbucht. Cristal Union stellt auch Alkohol und Bioethanol her und hat insgesamt 18 Produktionsstandorte, wobei zwei Zuckerfabriken geschlossen werden sollen. Rund 10.000 Landwirte sind Genossen.
Blick von oben auf die Zuckerfabrik im elsässischen Erstein. 6200 Tonnen Rüben wurden in der Kampagne 2019 im Schnitt am Tag hier verarbeitet. Die Kampagne dauerte von 1. Oktober bis 27. Dezember.
Bild: pr
Blick von oben auf die Zuckerfabrik im elsässischen Erstein. 6200 Tonnen Rüben wurden in der Kampagne 2019 im Schnitt am Tag hier verarbeitet. Die Kampagne dauerte von 1. Oktober bis 27. Dezember.

Die Zuckerfabrik Erstein hat in diesem Jahr einen Teil der Verpackungsabteilung geschlossen, dem fielen über 60 Arbeitsplätze zum Opfer. In die Produktionsanlage wurde aber investiert, wie das elsässische Wochenblatt L’ Est agricole et viticole berichtet.   
Auslasten
2019 bauten im Elsass 533 Erzeuger etwa 6000 Hektar Zuckerrüben an. Der durchschnittliche Ertrag lag 2019 bei 88 bis 89 t/ha, was auch etwa dem fünfjährigen Durchschnitt entsprach. Rund 38 % der elsässischen Rüben werden beregnet.
„Wenn wir unsere Zuckerfabrik erhalten wollen, müssen wir sie auch gut auslasten”, sagt Gérard Lorber, Vorsitzender der elsässischen Cristal-Union-Genossen. 7000 Hektar Anbaufläche seien dafür nötig.
Lorber wirbt daher auch auf der badischen Rheinseite um Erzeuger. Die Betriebe sollten maximal 90 Kilometer von der Fabrik entfernt sein. Man müsse als Anbauer nicht unbedingt Mitglied bei der Genossenschaft werden, betont Lorber.
Beratung und Maschinen
Allerdings bekommen die Mitglieder einen besseren Rübenpreis, der für 2020 bei 23 Euro/t – bezogen auf 16 % Zuckergehalt – liegt. Nicht-Mitglieder erhalten 22 Euro/t. Ein Einstieg sei bereits 2020 möglich, wobei die Aussaat in der Regel Mitte März erfolgt. Genügend Saatgut sei vorhanden. Aber auch ein Einstieg im Jahr 2021 sei möglich.
Lorber weist darauf hin, dass eine Beratung für die Anbauer gewährleistet sei. Es gebe auch mehrere Versuchsfelder im Elsass. Sowohl die Aussaat als auch die Ernte und der Transport der Rüben werde von der Zuckerfabrik Erstein durchgeführt. Anbauer brauchen also keine Maschinen anzuschaffen.
Die Zuckerrübe sei ein interessantes weiteres Fruchtfolgeglied. Rüben seien eine gute Vorfrucht für Weizen. Eine pfluglose Saat von Weizen bzw. Mais sei möglich. Weiterer Vorteil der Rüben sei, dass sie  den Zyklus von Fusarium, Septoria und Helminthosporium brechen. Die Rübe habe einen niedrigeren Wasserverbrauch als Mais und Sommertrockenheit mache ihr weniger zu schaffen als dem Mais. 
Erfahrungen aus Baden
Gerold Stöcklin aus Weisweil liefert seit gut zehn Jahren Zuckerrüben nach Erstein. Er ist einer von drei Anbauern auf der badischen Rheinseite und auch Mitglied der Genossenschaft. Früher hat der Betrieb für Südzucker Rüben angebaut.
Aus Fruchtfolgesicht ist für ihn die Zuckerrübe eine schöne und wichtige Kultur, aber etwas sensibel in der Kulturpflege. Der Anbau sei gut organisiert und auch der Abtransport laufe gut. Auch auf die Anbauberatung lässt Stöcklin nichts kommen. „Aber der Preis ist zurzeit grenzwertig”, stellt er fest. Auch im laufenden Jahr bleibe er dennoch der Zuckerrübe treu.
Thomas Huschle aus Achern-Gamshurst war vor kurzem bei einer Informationsveranstaltung für badische Interessenten. „Ich bin hellhörig geworden”, sagt er. Aus wirtschaftlicher Sicht sei die Rübe einigermaßen ordentlich, im Deckungsbeitrag knapp hinter gutem Körnermais, aber vor Weizen und Soja einzustufen.
Die Zuckerrübe sei aus Fruchtfolgegründen interessant und für ihn als Bullenmäster seien auch die Rübenschnitzel von Interesse. 2020 will er aus innerbetrieblichen Gründen nicht in den Anbau einsteigen, schließt das aber für die Jahre danach nicht aus.   
Interessierte Erzeuger aus Baden erhalten weitere Auskünfte bei Michel Butscha (Tel. 0033682566156, mbutscha@cristal-union.fr) oder Laurent Rudloff (Tel. 0033682566157, lrudloff@cristal-union.fr). Beide sprechen Deutsch.