Tierhaltung | 26. September 2016

Eisenversorgung – ein heißes Eisen

Von Angelika Sontheimer
Die Eisengabe für Saugferkel ist seit langem eine Selbstverständlichkeit. Denn die Ferkel benötigen eine zusätzliche Versorgung, um nicht in eine Eisenmangelanämie zu verfallen. Doch die vermeintliche Routinearbeit birgt auch Stolperstricke, die es zu umgehen gilt.
Im Freiland nehmen die Ferkel Erde auf und versorgen sich so mit Eisen.
Egal ob oral oder als Injektion, die Eisensupplementierung ist notwendig. Neugeborene Ferkel haben nur eine geringe Eisenreserve von 30–50 mg/kg Körpermasse. Sie brauchen für die Synthese des sauerstoffbindenden Blutfarbstoffes Hämoglobin, des Muskelproteins Myoglobin und eisenhaltiger Enzyme 7–10 mg pro Tag. Über die Sauenmilch nehmen sie jedoch nur etwa 1 mg auf, sie kann also den Bedarf nicht ausgleichen.
 Bei der entstehenden negativen Eisenbilanz nutzt das Ferkel zunächst die Speichereisenformen Ferritin und Hämosiderin, bevor es das Transporteisen Transferrin und schließlich das Eisen aus dem Hämoglobin mobilisiert. Eine Eisenmangelanämie entsteht. Die Ferkel sind blass, die Schleimhäute bleich, zu den klinischen Symptomen gehören Atemnot, Appetitmangel und Wachstumsverzögerungen, teilweise auch Durchfälle und eine erhöhte Infektionsanfälligkeit. Die natürlichste Form der Eisenaufnahme ist die Aufnahme von Erde. Aus hygienischen Gründen – unter anderem der Angst vor Parasiten – scheuen sich aber die Sauenbetriebe, eisenhaltige Erde in den Abferkelbuchten anzubieten.
Vielzahl an Darreichungsformen
Zum Einsatz kommen Komplexverbindungen mit verschiedenen Polysacchariden wie zum Beispiel Eisendextran. Das Eisen darf nicht in ionisierter Form gegeben werden, dies ist toxisch. Das zweiwertige Eisen wird im Dünndarm besser resorbiert als das dreiwertige. Elementares Eisen oder anorganische Eisensalze wie Eisensulfat oder Eisenchlorid werden schlecht resorbiert. Organische Eisensalze wie zum Beispiel Eisenfumarat sind dagegen besser verträglich. Wird  die Eisengabe oral verabreicht,   so ist das Eisen in elementarer Form besser verträglich, bei Eisensalzen kann es zu Komplikationen wie Magenschleimhautentzündungen, schwarzfarbenem Durchfall oder zentralnervösen Störungen kommen. 
Einfluss der Sauenfütterung
Durch eine erhöhte Eisenversorgung der Muttertiere lässt sich der Eisengehalt in der Sauenmilch nicht so weit anheben,  wie es für eine bedarfsgerechte Versorgung der Ferkel notwendig wäre. Maximal 2 mg/l sind möglich.
 Besonderes Augenmerk verdient die Vitamin-E-Versorgung der hochtragenden Sauen in Zusammenhang mit dem Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Ist der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren im Futter hoch, der Vitamin-E-Gehalt aber niedrig, schlägt  das auf die Milch durch. Bei Ferkeln mit Vitamin-E- oder Selenmangel kann die Gabe von Eisendextran dann anaphylaktische Reaktionen mit Todesfällen hervorrufen.
Sorgfalt bei der Injektion
Subkutan wird meistens in die Kniefalte injiziert, intramuskulär seitlich in die Halsmuskulatur. Dabei gilt äußerste Sorgfalt und Hygiene, denn bakterielle Verunreinigungen können zu lokalen Ödemen und Abszessen führen. Bei der Injektion in die lange Sitzbeinmuskulatur können die  Schienbein- und Wadenbeinnerven geschädigt werden, die Folge sind  Lähmungen.  Injektionspräparate können zu lokalen Reizungen und zu einer Verfärbung der Muskulatur führen. Eiseninjektionen vor dem dritten  Tag können Infektionen verschlimmern, da Eisen eine wachstumsfördernde Wirkung auf einige pathogene Bakterien hat. Zum Beispiel kann die  Eiseninjektion die Virulenz der Erreger erhöhen, wenn die Ferkel Coli-Durchfall haben.
Die Tierhalter verabreichen die Eisengabe meist am dritten Tag, gleichzeitig mit anderen
zootechnischen Maßnahmen. Eine Studie zu den Auswirkungen der gleichzeitigen Durchführung von Eingriffen an Saugferkeln an der Ludwig-Maximilians-Universität München 2015 untersuchte die gleichzeitige Gabe von Eisendextran und Meloxicam auf jeweils einer Halsseite beispielsweise zur Kastration, dem Schwanzkupieren und dem Ohrmarkeneinziehen. Im Ergebnis zeigte sich, dass die kombinierte Eisen-Meloxicam-Gabe genauso gut wirkt wie die Einzelgaben und sogar besser verträglich ist als die Gabe von Eisen ohne Meloxicam. Auch unter dem Aspekt des Tierwohls ist es besser, die Ferkel so wenig wie möglich aufzunehmen und zu behandeln.
Alternative orale Gabe
Von den Herstellern oraler Eisenpasten wird als Vorteil ins Feld geführt, dass keine Stichverletzungen entstehen, die Eintrittspforten für Virus- oder lokale Streptokokkeninfektionen sein können. Einige Eisenpasten können auch schon am ersten Tag nach der Biestmilchaufnahme verabreicht werden. Sie enthalten neben Eisen auch die Vitamine C und E sowie Selen oder Milchsäurebakterien. Die Verabreichung ist durch die Dosierpistole relativ einfach.
 Doch auch bei der oralen Gabe gilt: Eisen ist ein Spurenelement. Ein Zuviel davon schlägt rasch ins Gegenteil um. Bei Schweinen mit Darmentzündungen wird die Darmschleimhaut durch eine zu hohe Eisengabe weiter geschädigt, so dass weniger Nährstoffe absorbiert werden. Da für die Bakterien Eisen ebenfalls essenziell ist, wird das Keimwachstum so angeregt. Während die Eisengabe am ersten oder zweiten Tag von der Futtermittelindustrie empfohlen wird, sehen es viele Tierärzte kritisch und empfehlen die Eisenverabreichung erst ab dem dritten Tag, um Ferkel und Sau nicht mehr als nötig  zu stressen.
Die zweite Eisengabe
Die Eisengabe an neugeborene Ferkel ist heute Standard. Eine zweite Gabe wird zunehmend verabreicht.
Viele Ferkelerzeuger sind dazu übergegangen, zwischen dem siebten und 14. Tag eine zweite Eisendosis zu verabreichen. Teilweise wird die Eisengabe auch gleichzeitig mit der Mycoplasmenimpfung verabreicht. Zu früh sollte die zweite Gabe allerdings nicht gegeben werden, um die körpereigene Regulation nicht zu sehr zu stören. Diese blockiert nämlich bei gefüllten Speichern die Resorption des neu zugeführten Eisens, damit der Organismus nicht überladen wird. Ab etwa dem zehnten  Tag fällt der Hämoglobingehalt im Plasma ab und die Depots lassen sich wieder auffüllen.
 „Die zweite Eisengabe lässt sich nicht pauschal beurteilen. Je nach Gesundheitszustand und Keimbelastung kann sie Sinn machen oder auch den Stoffwechsel belasten”, sagt Dr. Katja Brase vom Schweinegesundheitsdienst Niedersachsen hierzu. Nach ihren Beobachtungen geben die Betriebsleiter bei zwei Eisengaben diese am dritten und am siebten Tag, wobei sich die orale Gabe und die Injektion die Waage halten. Dass sich Durchfall generell verschlimmert, wenn man Eisen gibt, kann die Expertin nicht bestätigen. Doch sie betont, dass bei schlechtem Allgemeinzustand der Ferkel die Gabe von Eisen nicht anzuraten ist, da der Stoffwechsel dann noch mal belastet werde. Bei akutem Eisenmangel und gleichzeitigem Durchfall könne die Eisengabe wiederum sinnvoll sein. Es bleibe also immer eine Entscheidung, die im Betrieb im Gespräch zwischen Landwirt und Hoftierarzt getroffen werden müsse, so die Schweine-Fachtierärztin.
In jüngster Zeit wird in Fachzeitschriften darüber berichtet, dass gerade schwerere und frohwüchsige Saugferkel ab 5 kg vor dem Absetzen in eine Eisenlücke (Iron gap) laufen, wenn sie nur einmal mit Eisen versorgt wurden, und dann eine latente subklinische Eisenmangelanämie haben. Eine zweite Eisengabe um den 20. Lebenstag würde diese Versorgungslücke nach dem Absetzen schließen. Die dänischen Autoren und Tierärzte untersuchten in ihren Betrieben den Eisenstatus der Ferkel schnell und einfach im Stall mithilfe eines Hämoglobin-Schnelltests in einem aus der Ohrvene gewonnenen Blutstropfen und konnten dann bedarfsgerecht reagieren.
Fazit
Saugferkel müssen mit Eisen versorgt werden, um einer  Eisenmangelanämie vorzubeugen, daran führt kein Weg vorbei. Ob die Eisengabe oral  oder per Injektion  verabreicht wird, ist weniger entscheidend, beides kann mit anderen Maßnahmen kombiniert werden. Während Eisenpasten oft schon am ersten Tag gegeben werden und noch andere stärkende Inhaltsstoffe enthalten, wird die Eisen-Injektion erst am dritten Tag empfohlen. Ob eine zweite Eisengabe in der zweiten oder dritten Lebenswoche Sinn macht, sollte der Tierhalter individuell mit seinem betreuenden Tierarzt durchsprechen.