Ein neuer Job für die Landschaftspfleger?
Das Projekt „Win-Win-im-Weinberg” setzt genau hier an. Das Forschungsvorhaben will ökologische und ökonomische Grundlagen erforschen und den Praktikern vermitteln. „Wir werden passgenaue Umsetzungsstrategien für unterschiedliche Weinbausysteme liefern, bei denen voraussichtlich auch Schäfereien eine wichtige Rolle spielen werden”, verspricht Schoof. Die Schafe weiden dafür über vier Jahre auf mehreren Versuchsparzellen in verschiedenen Reberziehungsformen. Insbesondere wollen die Initiatoren evaluieren, ob durch den Einsatz von Schafen die Begleitvegetation kurz gehalten und somit der Herbizid- und Maschineneinsatz zurückgefahren werden kann.
Das Projekt wurde ins Leben gerufen von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen und der Abteilung Geobotanik der Universität Freiburg sowie dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg. Die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg fördert das Forschungsvorhaben aus Erträgen der Glücksspirale mit rund 380000 Euro. Weitere Fördermittel in Höhe von 21000 Euro kommen von der Musella-Stiftung in Freiburg und der Heidehof Stiftung GmbH in Stuttgart zum Bau der Weideinfrastruktur.
Projektleiter Prof. Dr. Rainer Luick von der Hochschule für Forstwissenschaft Rottenburg ist begeistert davon, wie das Vorhaben anläuft: „Selten hat die Entwicklung eines Projekts so viel Freude gemacht. Von allen Seiten erhalten wir positive Rückmeldungen.” Auch die ersten Ergebnisse sind positiv: „Wir haben auf Flächen mit Umkehrerziehung und Flachbogen gemessen, wie die Tiere die Stämme putzen, und festgestellt, dass sie 96 Prozent der unerwünschten Triebe weggefressen haben”, berichtet Schoof. „Die Trauben rühren sie dabei nicht an.” Auch der Stamm wird verschmäht. Dafür fressen die Schafe unerwünschte Beipflanzen wie die Winde zuverlässig und „in Echtzeit” ab. „Sie wird jeden Tag aufs Neue weggebissen”, zeigt sich Schoof begeistert.
Kosten und Nutzen abwägen. Schließlich seien Schafe auch potenzielle Lieferanten von Wolle und Fleisch und die Weinberg-Beweidung damit eine interessante Doppelnutzungsstrategie, die auch im Weinverkauf gewinnbringend eingesetzt werden könne. Voraussetzung sei, dass die Arbeitsabläufe der Weinbergsbewirtschaftung an die Beweidung mit Schafen angepasst würden und umgekehrt. So müssen die Schafe beispielsweise vor der Behandlung mit Fungiziden kurzfristig aus dem Weinberg genommen werden, eine Ausnahme bilde wohl Calciumcarbonat. „Wir hoffen, dass der Markt bald auf PiWis (pilzwiderstandsfähige Rebsorten) umschwingt und durch die trockenen Sommer wesentlich weniger Spritzdurchgänge nötig sind”, sagt Schoof. „Vorsicht ist auch bei starkem Kupfereinsatz geboten.”
In jedem Fall empfiehlt Schoof Winzern mindestens die Kooperation mit einem ortsansässigen Schäfer. Dieser könne für zwei bis drei Tage ein paar seiner Schafe auf die Rebanlage lassen, damit sie entblättern und die Jungtriebe stutzen. Das helfe beiden Seiten und spare Kosten. Einen Hektar Reben zu entblättern, koste einen Winzer ca. 600 Euro, rechnet er vor. 20 Schafe erledigten die gleiche Arbeit in vier bis fünf Tagen.
Das Forschungsteam will auch untersuchen, ob Schafe im Weinberg prinzipiell das Bodenleben und den Humusaufbau fördern und die Biodiversität im Weinberg unterstützen. Im Projekt sind verschiedene Schafrassen im Einsatz: Finanziert durch die Forschungsgelder wurde eine Herde Ouessant-Schafe gekauft. Wie Nicolas Schoof weiß, nutzen 60 bis 70 Prozent der Praktiker, die bereits Schafe in ihren Weinbergen weiden lassen, diese kleine Rasse, weil durch sie die Traubenzone nicht so gefährdet ist. Nachteilig ist allerdings ihre geringe Fraßleistung, wodurch sie den Begleitwuchs nicht so effektiv reduzieren. Je nach Standort ist dann ein Nachmähen erforderlich. Dennoch stellen die kleinsten Schafe der Welt zuverlässig die Traubenzone frei und bekämpfen Winden und Jungtriebe, berichtet Schoof.