Pflanzenbau | 13. Mai 2020

Düngeverordnung – das gilt seit 1. Mai

Von Helga Pfleiderer, MLR
Die erneut geänderte Düngeverordnung ist am 1. Mai 2020 in Kraft getreten. Erreicht werden konnte, dass die Neuausweisung der roten Gebiete und die in diesen Gebieten geltenden zusätzlichen Maßnahmen erst mit Beginn des Jahres 2021 greifen, teilt das Landwirtschaftsministerium mit.
Die Ausbringung von Dünger an Hangflächen wird weiter eingeschränkt.
Das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart hatte sich nach eigenen Angaben bis zuletzt für sinnvolle und begründete Änderungen eingesetzt.
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit unter Beteiligung der Länder und Mitwirkung des Landes Baden-Württemberg eine Verwaltungsvorschrift zur bundeseinheitlichen Ausweisung und zur Binnendifferenzierung der künftigen roten und grünen Gebiete. Diese Verwaltungsvorschrift ist dann durch die Länder rechtlich umzusetzen. Ausgangsbasis ist die aufgrund der Aktualisierung der Bestandsaufnahme der Wasserrahmenrichtlinie sowie der Neuabgrenzung der Grundwasserkörper von neun auf rund sechs Prozent der Landesfläche reduzierte Fläche der Grundwasserkörper im schlechten Zustand. Die Landesverordnung VO-DüVGebiete Baden-Württemberg wird zur Ausweisung der zukünftigen Nitratgebiete nach § 13a DüV und gegebenenfalls Phosphatgebiete entsprechend geändert. Zur genauen Lage der roten Gebiete in Baden-Württemberg sind derzeit nur vorläufige Aussagen möglich.
Was flächendeckend gilt
Grundsätzlich gelten weiterhin die Vorgaben der DüV von 2017. Wesentliche Änderungen werden erst ab 2021 wirksam.
  • Düngebedarfsermittlung
Für Ackerland gilt künftig eine höhere Mindestwirksamkeit für flüssige Wirtschaftsdünger und Gärrückstände. Wie bisher ist jedoch mindestens der ermittelte Gehalt an Ammoniumstickstoff anzurechnen, wenn dieser höher als die in der Tabelle 1 angegebene Mindestwirksamkeit ist.
Die erhöhten Mindestwirksamkeiten leiten sich aus der verpflichtend anzuwendenden emissionsarmen bodennahen Ausbringungstechnik ab, was zu geringeren Verlusten führt. Die höheren Anrechnungsraten gelten ab 2025 auch für Grünland. Relevant wird die erhöhte Mindestwirksamkeit spätestens bei einer anstehenden Düngung von Zweit- oder Zwischenfrüchten und bei der Herbstdüngung. Bei der Herbstdüngung zu Winterraps und Wintergerste ist zudem zu beachten, dass die im Herbst aufgebrachten Düngermengen mit dem verfügbaren Anteil auf den Düngebedarf für das folgende Vegetationsjahr anzurechnen sind.
Die bisher geltende Ausnahmeregelung für bestimmte Betriebe unter 15 ha, die keine Düngebedarfsermittlung und keine Aufzeichnungen erstellen müssen, bleiben unverändert bestehen. 
  • Aufzeichnungspflichten und Nährstoffvergleich
Die Erstellung eines Nährstoffvergleichs wurde gestrichen. Stattdessen müssen künftig neben der bereits aufzuzeichnenden Düngebedarfsermittlung auch die aufgebrachten Düngemengen aufgezeichnet werden. Innerhalb von zwei Tagen müssen für jeden Schlag oder jede Bewirtschaftungseinheit Art und Menge des aufgebrachten Düngemittels und die aufgebrachten Nährstoffmengen für Phosphat und Stickstoff dokumentiert werden. Für Stickstoff muss dazu noch die verfügbare Nährstoffmenge angegeben werden. Bei Weidehaltung müssen zusätzlich die Zahl der Weidetage sowie die Art und Zahl der auf der Weide gehaltenen Tiere nach Abschluss der Weidehaltung aufgezeichnet werden. Die Dokumentationspflicht für die künftig aufgebrachten Mengen gilt ab sofort.
Die Aufzeichnungen können formlos erfolgen. Hilfsmittel und EDV-Unterstützung sind in Arbeit und werden zur Verfügung gestellt.
  • Betriebliche Stickstoff-Obergrenze von 170 kg N/ha/ Jahr für organische Dünger
Die Berechnung der im Betrieb erlaubten Obergrenze für Stickstoff aus organischen Düngern wird auf das jeweilige Kalenderjahr bezogen. Da aber im Jahr 2020 bereits ein erheblicher Teil des Stickstoffs aufgebracht wurde, sind die diesbezüglich erforderlichen Änderungen erst in 2021 umsetzbar.
  • Erweiterte Regelungen zu Gewässerabständen auf geneigten Flächen
Die Abstände entlang von Gewässern, die nicht oder nur mit Auflagen gedüngt werden dürfen, wurden in Abhängigkeit von der Hangneigung erweitert. Neben dem generellen Mindestabstand gibt es jetzt drei Hangneigungsklassen gemessen ab der Böschungsoberkante. Diese Regelungen gelten ab sofort und sind in Tabelle 2 dargestellt.
Die Auflagen für bestelltes Ackerland gelten für Flächen ab zehn Prozent Hangneigung zum Gewässer bereits seit 2017, neu hinzugekommen ist die maximale Einzelgabe von 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar. Auf Ackerflächen, die eine Hangneigung ab 15 Prozent aufweisen und die unbestellt sind oder keinen hinreichenden Pflanzenbestand aufweisen, muss der Dünger auf der gesamten Ackerfläche des Schlages sofort eingearbeitet werden.
Die Sperrzeiten für Festmist von Huf- und Klauentieren oder Kompost wurden um zwei Wochen verlängert und vorgezogen.

  • Sperrzeiten
Die Sperrzeiten für Festmist von Huf- und Klauentieren oder Kompost wurden um zwei Wochen verlängert und vorgezogen, diese ist ab 1. Dezember bis zum Ablauf des 15. Januar. Für den gleichen Zeitraum wurde ein neuer Sperrzeitraum für Düngemittel mit einem wesentlichen Gehalt an Phosphat eingeführt mit mehr als 0,5 Prozent Phosphat in der Trockenmasse. Die Düngung auf Grünland und Ackerland mit mehrjährigem Feldfutter – Aussaat bis 15. Mai – mit flüssigen organischen Düngern im Herbst wird auf 80 kg Gesamtstickstoff je Hektar begrenzt. Diese Regelungen greifen bereits ab Herbst 2020. Einen Überblick über die bisherigen und neuen Sperrzeiten gibt Tabelle 3.
Was aktuell in den roten Gebieten gilt
Die Kulisse der roten Gebiete für Baden-Württemberg (Nitratgebiete) ist in der Landesverordnung VODüVGebiete festgelegt und bleibt für 2020 unverändert. Die Auflagen gemäß der VODüVGebiete bleiben ebenfalls grundsätzlich unverändert:
  • Untersuchung von Wirtschaftsdüngern und Gärrückständen
  • Untersuchung des verfügbaren Stickstoffs im Boden oder abgesenkter Kontrollwert. Letzterer ist entfallen.
  • Geringere Grenze für die Ausnahme zur Erstellung der Düngebedarfsermittlung und der Aufzeichnungen.
Durch den Wegfall des Nährstoffvergleichs entfällt allerdings die Maßnahme maximaler Kontrollwert von 40 kg N/ha und damit auch die Alternative zur Untersuchung des pflanzenverfügbaren Stickstoffs im Boden. Da der Untersuchungszeitraum für den Bodenstickstoff für 2020 jedoch so gut wie abgeschlossen ist, ist dies für 2020 nicht mehr relevant.
Weggefallen ist mit der Streichung des Nährstoffvergleichs auch die generelle Ausnahme von zusätzlichen Maßnahmen in den roten Gebieten für Betriebe, die einen Kontrollwert bis 35 kg N/ha aufweisen. Dies bedeutet, dass Betriebe, die in diesem Jahr noch Wirtschaftsdünger ausbringen, ein Untersuchungsergebnis für Wirtschaftsdünger oder Gärrückstände vorweisen können müssen, das nicht älter als ein Jahr ist. Das heißt, die gegebenenfalls notwendige Untersuchung des Wirtschaftsdüngers ist vor der nächsten Düngemaßnahme durchzuführen. Dies gilt dann auch für Betriebe ab 10 ha LN. Diese müssen auch die neuen Aufzeichnungen der verabreichten Düngung durchführen. 
Was ab 2021 gilt
Ab 2021 werden folgende flächendeckenden Maßnahmen wirksam:
  • Bei Wintergerste und Winterraps ist die Menge an verfügbarem Stickstoff, die im Herbst 2020 aufgebracht wurde, bei der Düngebedarfsermittlung zu berücksichtigen.
  • Stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel dürfen nicht mehr auf gefrorenen Boden aufgebracht werden.
  • Alle Düngebedarfsermittlungen müssen bis zum 31. März des Folgejahres zu einem gesamtbetrieblichen Düngebedarf zusammengefasst werden. Dies gilt auch für die während eines Jahres aufgebrachten Düngermengen, die zu einem gesamtbetrieblichen Nährstoffeinsatz zusammengefasst werden. Die Ausnahmen für Betriebe und Flächen bleiben unverändert wie beim Nährstoffvergleich: maximal 15 ha LN, maximal zwei ha Gemüse, Wein etc., maximal 750 kg N aus Wirtschaftsdüngern und keine Aufnahme von Wirtschaftsdünger.
  • Bei der Berechnung der betrieblichen Obergrenze von 170 kg/ha Gesamtstickstoff für organische Düngemittel dürfen Flächen mit Düngeverboten oder Düngebeschränkungen nicht oder nur bis zur Höhe der tatsächlich zulässigen N-Düngung berücksichtigt werden. Dies betrifft beispielsweise Extensivierungsflächen, Vertragsnaturschutzflächen und Gewässerrandstreifen.
Maßnahmen in den roten Gebieten ab 2021
In den dann neu abgegrenzten roten Gebieten gelten ab 1. Januar 2021 zusätzlich die folgenden sieben bundeseinheitlichen Maßnahmen.
1. Verringerung des Düngebedarfs (schlagbezogene N-Obergrenze) um 20 Prozent im Durchschnitt der Flächen des Betriebes, die dieser in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaftet. Gegebenenfalls gibt es Ausnahmen für Dauergrünland unter bestimmten Bedingungen durch Länderverordnungen.
2. Schlagbezogene Obergrenze für die Ausbringung von organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln in Höhe von 170 kg N je Hektar anstatt betriebsbezogen.
Ausnahmen zu Nummern 1 und 2: Betriebe, die auf den Flächen in den ausgewiesenen roten Gebieten im Durchschnitt nicht mehr als 160 kg Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen.
3. Verbot der Aufbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln im Herbst zu Winterraps und Wintergerste sowie zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung.
Ausnahmen:
Winterraps, wenn durch eine Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der verfügbare Stickstoffgehalt im Boden unter 45 kg N/ha liegt.
Aufbringung von Festmist von Huf- oder Klauentieren oder Kompost bis zu 120 kg Gesamtstickstoff je Hektar zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung.
Für 2021 kann einmalig eine Ausnahme beantragt werden, sofern ein Bauantrag mit den erforderlichen Unterlagen auf Genehmigung der Errichtung oder Erweiterung von Anlagen zur Lagerung von Gülle oder Gärresten gestellt wurde, die Errichtung oder Erweiterung noch nicht abgeschlossen werden konnte und der Betriebsinhaber dies nicht zu vertreten hat. Für diese Betriebe kann zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung, die bis zum 1. September ausgesät werden, eine Düngung bis 1. Oktober 2021 genehmigt werden.
4. Eine Stickstoffdüngung zu Kulturen mit einer Aussaat oder Pflanzung nach dem 1. Februar ist nur zulässig, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut wurde, die nicht vor dem 15. Januar umgebrochen wurde – verpflichtender Zwischenfruchtanbau oder Begrünung vor Sommerungen.
5. Verlängerung der Sperrzeit für Grünland und Ackerland mit mehrjährigem Feldfutter – Aussaat bis 15. Mai – um vier Wochen auf vier Monate vom 1. Oktober bis 31. Januar – derzeit 1. November bis 31. Januar.
6. Verlängerung der Sperrzeit für Festmist von Huf- und Klauentieren und Kompost auf drei Monate vom 1. November bis 31. Januar – derzeit 15. Dezember bis 15. Januar.
7. Begrenzung der Aufbringung flüssiger organischer Düngemittel wie Gülle, Jauche, Gärrückstände etc. auf Grünland und Ackerland mit mehrjährigem Feldfutter – Aussaat bis 15. Mai – im Herbst ab 1. September bis Beginn der Sperrzeit auf 60 kg Gesamtstickstoff/ha.
In den neu ausgewiesenen Gebieten gelten ab 2021 die neuen bundeseinheitlichen Maßnahmen und weiterhin landesspezifische Maßnahmen.