In der von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angestoßenen Diskussion um höhere Lebensmittelpreise gehen die Meinungen spürbar auseinander.
Lebensmittel sind zu billig, stellte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir jüngst fest. Mit dieser Aussage ist er allerdings nicht der erste unter seinen Kolleginnen und Kollegen.
Während Umwelt- und Tierschutzverbände, aber auch der Deutsche Bauernverband (DBV) Özdemirs Forderung unterstützten, stieß der Vorschlag bei Sozialverbänden und der Bundestagsopposition auf teils scharfe Kritik.
Auf den Höfen muss mehr Geld ankommen
Laut DBV-Präsident Joachim Rukwied
ist es für die Landwirte letztlich entscheidend, dass mehr Geld auf
ihren Höfen ankommt. Hier müssten alle in der Kette ihren Teil dazu
beitragen bis hin zum Verbraucher. „Unsere hochwertigen Lebensmittel
haben einen höheren Preis verdient”, betonte Rukwied. Das heiße klar:
„Fleisch muss teurer werden.”
Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Albert
Stegemann wies allerdings auf mögliche negative Folgen für Verbraucher
und Landwirte hin. Auch er wünscht sich eine faire Entlohnung der Bauern
für ihre hochwertigen, gesunden und regionalen Lebensmittel. Von einem
Verkaufsverbot für Lebensmittel unter Produktionskosten hätten die
Bauernfamilien nach seiner Einschätzung aber nichts. Schlimmstenfalls
wirke ein solches Verbot kontraproduktiv und erhöhe nur die Bürokratie,
warnte der CDU-Politiker. Das zeige ein Blick über den nationalen
Tellerrand. Aus gutem Grund hätten sich beispielsweise die spanischen
Obst- und Gemüseerzeuger bereits gegen solche staatlichen Preiseingriffe
ausgesprochen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnte vor der
Festlegung von Mindestpreisen. Entsprechende Preisvorgaben stellten
einen unverhältnismäßigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit dar
und wären daher „auch verfassungswidrig”. Auch der Bundesverband des Deutschen
Lebensmittelhandels (BVLH) kann der Idee von Preiseingriffen nichts
abgewinnen.
Fleisch kein Luxusgut
Özdemir hatte „Ramschpreisen” bei Lebensmitteln
Ende Dezember „den Kampf angesagt”, da diese Bauernhöfe ruinierten,
Tierwohl verhinderten sowie den Klimawandel und das Artensterben
beförderten. Die Preise der Lebensmittel müssten daher stärker die
ökologischen Kosten abbilden. Konkret will der Grünen-Politiker prüfen
lassen, ob sich der Verkauf von Lebensmitteln zu Preisen unterhalb der
Herstellungskosten untersagen lässt. Dies war insbesondere bei
Sozialverbänden auf scharfe Kritik gestoßen. Im Interview mit dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland stellte der Agrarminister später klar,
dass Fleisch kein Luxusgut werden solle, jeder müsse sich weiterhin
Fleisch leisten können.
Özdemir will faire Bedingungen
Ungeachtet dessen bleibt Özdemir bei seinen Forderungen nach
einer Beschränkung der Nutztierzahlen in Deutschland und einer
stärkeren Ausrichtung der Haltungsbedingungen auf Tierwohl. Er will
deshalb auf eine Anhebung der Sozialleistungen hinwirken und sich für
„faire Bedingungen in der gesamten Lebensmittelkette” stark machen.
Außerdem kündigte der Minister noch für dieses Jahr eine staatliche
Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch an.
Regionale Vermarktung stärken
Für wesentlich sinnvoller als Preiseingriffe in den
Lebensmittelmarkt hält Unionsagrarsprecher Stegemann indes eine Stärkung
der regionalen Vermarktung durch die Einrichtung einer
Agrarmarketing-Agentur. Damit könne eine zeitgemäße und
zielgruppenorientierte Verbraucherkommunikation über gute Lebensmittel
aus den Regionen funktionieren. Zudem müssten vorhandene Initiativen wie
die 5D-Vermarktung von Schweinefleisch ausgebaut werden, forderte der
CDU-Politiker. Die von Özdemir angedachten Eingriffe in die
Lebensmittelpreise hätten auch Konsequenzen für Verbraucher mit kleinem
Einkommen, gab Stegemann zu bedenken.