Land und Leute | 21. März 2019

Die wesentlichen Dinge tun

Von René Bossert
Woher bekommen wir Kraft für unser Leben? Diese Frage beantwortete Rolf Brauch bei seinem Vortrag am Eröffnungstag bei der RegioAgrar in Freiburg. Er hatte für sein Publikum dazu sieben Lego-Steine im Gepäck mitgebracht.
„Setzen Sie aber  bloß  nicht alles von meinen Gedanken  um, sondern bauen Sie davon nur das in Ihr Leben ein, was für Sie  passt”, sagte Brauch   einleitend.  Der Regionalbeauftragte des Kirchlichen Diensts auf dem Lande für Nordbaden findet nämlich, dass heutzutage viele schon zu viel in ihr Leben hineinpacken wollen. Vorträge anzuhören und dann zu denken „Das muss ich jetzt auch noch  machen” sei ganz  verkehrt. 
Damit war er auch schon bei seinem ersten Lego-Baustein: der Erkenntnis, dass Kraft von den Dingen komme, die einem wichtig sind. Auf die für einen selbst wesentlichen Dinge müsse man sich konzentrieren, sprich das Leben darauf hin vereinfachen.   Die wichtigsten Dinge seien nicht materielle Dinge. „Schau auf dich selbst, schau hin, woher die Kraft kommt”, sagte Brauch. Die wichtigen Dinge müsse man auch jetzt tun und nicht damit warten.
„Warten Sie nicht – tun Sie Dinge jetzt, die Ihnen wichtig sind”, riet Rolf Brauch.
Brauchs  zweiter Lego-Baustein lautete: „Wer älter wird, hat den Auftrag der Versöhnung und des Verzeihens.” Sein Vortrag war angekündigt mit dem Titel: „Wie kann ich als Landsenior kräftig durchs Leben gehen?” So war auch das Publikum mehrheitlich schon etwas älter. Aber letztlich waren Brauchs Gedanken  generationsübergreifend von Interesse.  Versöhnung, sagte er,  mache den unbeschwerten Weg in die eigene Zukunft möglich. 
Und wenn die Gegenseite nicht verzeihen will?, wurde aus dem Publikum gefragt.  Dann gelte es gelassen zu bleiben. Manchmal komme Versöhnung spät, nicht selten in der Nähe des Todes –  manchmal gar nicht. Versöhnen sollte man sich auch mit sich selbst: „Hadern Sie nicht mit dem, was Sie erlebt haben, und hören Sie auf, sich Sorgen über die Zukunft zu machen, sondern lassen Sie Ihre    Energie jetzt fließen”, riet Brauch.
 
Was man pflegen muss
Als dritten Baustein nannte Brauch Lebensbereiche, die Menschen pflegen sollten: erstens den Körper (mit Bewegung und Sorge darum), zweitens   Ziele erreichen (das können kleine oder größere Dinge sein), drittens  die familiären Beziehungen (was Männer nach Brauchs Ansicht leider oft an Frauen delegieren). Familiäre Beziehungen seien der Humus, auf dem landwirtschaftliche Betriebe auch ökonomisch gedeihen könnten.  Viertens gelte es, sich der  Frage nach dem Sinn zu widmen. Sie ist für Brauch  keine  „Warum”-Frage, sondern eine „Wege”-Frage: „Woher komme ich und wohin gehe ich?”. Warum-Fragen führten gerade bei Schicksalsschlägen nicht weiter. „Trauerprozesse enden oft, wenn die Warum-Frage endet”, sagte Brauch. 
Der vierte Baustein seien Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Die fallen laut Brauch nicht wie Manna vom Himmel und sind auch nicht genetisch bedingt. Sondern sie kommen von  Arbeit an sich selbst, Neugier und Wertschätzung für sich selbst.
Der fünfte Baustein ist für Brauch das Beachten von  Rhythmen. Deutlichster Ausdruck davon sei  der Sonntag:  „Wir in der Landwirtschaft brauchen Sonntage, weil wir lange Werktage haben”, stellte er  fest.
Sechster Baustein ist Dankbarkeit und Achtsamkeit gegenüber kleinen Dingen. Das mache glücklich. Weil laut Brauch Folgendes gilt: „Erfolg macht nicht glücklich, aber der Glückliche ist erfolgreich.”
Als siebten Baustein schließlich machte Brauch den Dreiklang von Kraft, Liebe und Ordnung aus. „Wir brauchen eine Kraft, die nicht den anderen Menschen schadet und die in eine Struktur eingebunden ist”, erklärte Brauch. In diesem Sinne gelte es, das Leben auf die wesentlichen Dinge hin zu ordnen.