Die Ursache war Streustrom
Der Grund für das plötzliche Auftreten von Streuströmen lag an Änderungen im Erdungssystem. Der Landwirt hatte ein Notstromaggregat anschließen lassen, das sowohl das Wohnhaus als auch den Stall mit Strom versorgte. Dafür wurde die Stromzufuhr an einem Punkt zusammengefasst. Das funktionierte gut, doch nun floss über den Netzschutzleiter mehr Strom, nämlich sowohl vom Wohnhaus als auch vom Stall, zum zentralen Erdungspunkt, der Güllegrube. Dabei passierte der Strom den Melkstand.
Um den Stromfluss durch den Melkstand zu verhindern, muss dieser vom restlichen Erdungssystem getrennt und zu einem neuen, zentralen Erdungspunkt ausgerichtet werden, an welchen alle Rohrkonstruktionen sternförmig angeschlossen werden, erklärt der Inspektor des ESTI. Dies ließ sich relativ einfach mithilfe einer isolierten Erdungssammelschiene ausführen, da schon eine separate Stromverteilung sowie Fehlerstromschutzschalter FI von 30 mA vorhanden waren. „Es mussten nur ein paar Drähte umgehängt werden”, erzählt der Landwirt. In einem anderen Fall, in dem eine zentrale Erdung nicht möglich war, musste der Landwirt das ganze Melkstandgestänge isolieren. Dazu gehörten sowohl die Bodenplatten als auch die Bodenschrauben. Letztere benötigten Isolierhülsen.
Innerhalb von zwei Wochen ging die Tank-Zellzahl auf 140000 zurück. Eine Erstkalbekuh, welche die Milch nur mithilfe einer Oxytocin-Injektion im Melkstand heruntergelassen hatte, gab zwei Tage nach der separaten Erdung die Milch ohne Spritze. Dieses Tier war offensichtlich besonders anfällig auf Streustrom, der in geringerer Stärke wohl schon vor der Zusammenlegung von Wohnhaus und Stall vorhanden war. Diese gab dann aber den Ausschlag. „Kühe reagieren diffizil auf Streuströme”, sagt Müller. Schon 2003, drei Jahre nach dem Bau des Laufstalles und des Melkstandes, hatte sein Melkmaschinentechniker solche im Melkstand festgestellt. Diese waren die Folge einer Korrosion der Metallteile im Melkstand. Es entstanden galvanische Elemente, bei denen chemische in elektrische Energie umgesetzt wird. Damals genügte es, das Gestänge des 2×6 Side-by-Side-Melkstandes besser zu erden.
Im Melkstand führen Streuströme zu Reizungen der Zitzen und damit zu einer höheren Zellzahl sowie auf die Dauer zu einem erhöhten Risiko für Mastitis.