Tierhaltung | 27. Juli 2018

Die Klauengesundheit im Fokus

Von Dr. Elisa Strang, LKV
Lahmheiten haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und zählen mittlerweile zu den wichtigsten Produktionskrankheiten bei der Milchkuh. Hier setzt das Kooperationsprojekt KlauenCHECK BW des LKV Baden-Württemberg an.
Immer mehr Betriebe setzen auf professionelle Klauenpfleger.
Klauenerkrankungen werden von mehreren Faktoren beeinflusst. Neben Hygienemängeln wirken sich vor allem die mechanische Belastung,  Fütterung und  Genetik auf die Klauengesundheit aus. Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen sind direkt oder indirekt für zwei Drittel aller vorzeitigen Abgänge von Milchkühen verantwortlich und verursachen erhebliche wirtschaftliche Verluste in den Betrieben.
Direkt gingen im Kontrolljahr 2017 in Milchviehställen in Baden-Württemberg acht Prozent der Kühe wegen Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen ab. Dabei muss bedacht werden, dass lahmende Tiere ihr Aktivitätsverhalten und somit auch ihre Futteraufnahme reduzieren, was einen deutlichen Milchleistungsabfall der Tiere zur Folge hat. Dies führt neben einer verschlechterten Fruchtbarkeit zu einem erheblichen wirtschaftlichen Verlust für den Landwirt. Daher setzen immer mehr Betriebe auf professionelle Klauenpfleger, um die Gesunderhaltung und Leistungsfähigkeit ihrer Tiere zu gewährleisten.
 
Daten systematisch erfassen
Der Landesverband Baden-Württemberg für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (LKV) leitet das Projekt „KlauenCHECK BW”, das im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP-Agri) im Sommer 2016 ins Leben gerufen wurde. Ziel ist die Entwicklung und Etablierung einer systematischen Erfassung von Daten zur Klauengesundheit von Milchkühen nach einem einheitlichen Diagnoseschlüssel durch professionelle Klauenpfleger und durch Landwirte in Baden-Württemberg. Ein solches System mit einer standardisierten und flächendeckenden Datenerfassung gibt es bisher nicht. Projektpartner der Studie sind die Rinderunion Baden-Württemberg, die Landesanstalt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen und das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg in Aulendorf.
Es sollen nun vor allem professionelle Klauenpfleger und Landwirte für das Projekt gewonnen werden, die bereits mithilfe einer geeigneten Software Klauenbefunddaten erheben. Aktuell nehmen fünf Unternehmen, die professionelle Klauenpflege anbieten, und 252 landwirtschaftliche Betriebe am Projekt teil. In den letzten Monaten wurden bereits 21053 Befunde dokumentiert (siehe Grafik). Insgesamt wurde am häufigsten die Mortellarosche Krankheit (29 %) beobachtet, gefolgt vom Weiße-Linie-Defekt (14 %) und dem Sohlengeschwür (11 %).
 
Vorteile für Landwirte und Klauenpfleger
Die erhobenen Klauenbefunddaten können mit einem Touchscreen-PC und einem geeigneten Software-System mit minimalem Aufwand direkt über Fingerdruck eingegeben werden.
Die Klauenpfleger, die bisher am Projekt KlauenCHECK BW teilnehmen, dokumentieren die Klauenbefunddaten nach einem einheitlichen Schlüssel (ICAR-Schlüssel). Die Dokumentation erfolgt über EDV-Programme, die  eine Schnittstelle für eine automatisierte Datenübertragung zur Datenbank des LKV Baden-Württemberg haben.
 Für Betriebe, deren Klauenpfleger keine elektronische Erfassung anbietet, gibt es die Möglichkeit der Papierdokumentation. Hierbei kann mit geringem Aufwand ein sogenanntes Klauenpflegeprotokoll ausgefüllt werden, welches dann vom LKV Baden-Württemberg in den Herdenmanager übernommen wird. Landwirte, die ein Smartphone oder ein Tablet nutzen, können aber auch mit einer App selbst direkt Beobachtungen zur Klauengesundheit im Stall erfassen.
Die Befunde werden den Landwirten über den LKV-Herdenmanager (RDV4M) zur Verfügung gestellt. Über diese Anwendungen werden in Zukunft die Klauenbefunddaten in einem neuen Klauenmodul sowohl auf Bestands- als auch auf Einzeltierebene dargestellt. Dadurch soll dem Betriebsleiter deutlich werden, an welchen Stellschrauben er ansetzen muss. Sei es an der Fütterung, der Hygiene, der Haltung oder an der Bullenauswahl. Die Übersicht über seine Herdengesundheit gibt ihm darüber Aufschluss.
 Hilfreich ist es selbstverständlich auch, wenn der Landwirt selbst frühzeitig  aktiv wird und sich   mittels einer Lahmheitsbewertung (englisch: Locomotion score) einen Überblick über lahme Kühe in der Herde verschafft.  Auf diese Weise werden betroffene Tiere frühzeitig erkannt und können umgehend behandelt werden.
 
Auf Klauengesundheit züchten
Im  Projekt KlauenCHECK BW soll auch das Thema  Zuchtwertschätzung angegangen werden. Ziel ist es, für Besamungsbullen Zuchtwerte für Klauengesundheitsmerkmale, wie zum Beispiel Sohlenblutung oder Mortellaro, zu schätzen. Erste Modelle zur Berechnung gibt es bereits, um diese wichtigen Gesundheitsmerkmale auch züchterisch bearbeiten zu können. Sobald sie praxisreif sind,  kann  mit neuen Zuchtwerten für Klauengesundheit die Zucht auf eine langlebige, gesunde Milchkuh vorangetrieben werden.
 
Teilnahme für LKV-Mitglieder kostenlos
Wer sich für das   Projekt KlauenCHECK  BW interessiert, sollte sich an seinen  Zuchtwart wenden. Dieser  beantwortet   gerne  Fragen zur Teilnahme und zur Auswertung der Klauendaten. Die Teilnahme am Projekt ist für  LKV-Mitglieder kostenlos.
Workshops zur Klauengesundheit finden wieder im Herbst bzw. Winter  an vielen Standorten in  Baden-Württemberg statt. Die Termine und Veranstaltungsorte werden unter www.lkvbw.de veröffentlicht und können auch beim  Zuchtwart erfragt werden.
Beim LKV in Stuttgart sind Tatjana Heim und  Dr. Elisa Strang Ansprechpartnerinnen  für die „EIP-Kooperation KlauenCHECK BW”. Die beiden sind erreichbar unter
 Tel.  0711/92547-429/-433,
 Fax: 0711/92547-410, E-Mail:
 Klauencheckbw@lkvbw.de.