Land und Leute | 22. Dezember 2016

Die Direktvermarkter-Genossenschaft

„Hop’la” lautet der Name eines Lebensmittelladens in Niederhausbergen am westlichen Stadtrand von Straßburg. Das ansprechende Geschäft, gelegen an einer stark befahrenen Ausfallstraße, hat etwas Besonderes: Es gehört einer Genossenschaft aus 16 elsässischen Bauern.
Der 2011 fertiggestellte Laden hat 320 Quadratmeter Verkaufsfläche. Mit ihrem  Konzept bringen die Landwirte es zu einer großen Produktvielfalt: mit Blumen, Heil- und Duftpflanzen, Früchten und Gemüse, Fleisch, Schnecken und Fisch, mit  Eiern, mit Milch und Käse.
Zusammen mit Bier, Wein und Spirituosen findet man vieles von dem, was man sonst in normalen Lebensmittelläden auch findet. Es macht aber noch mehr Appetit, wenn man im Laden umhergeht. Man spürt die Frische und den Bezug zum umliegenden Land. Das, was verkauft wird, kommt ausschließlich von den elsässischen Lieferbetrieben. Hop’la ist übrigens ein elsässischer Dialektausdruck, der „auf geht’s” bedeutet.
Das Sortiment bei Hop'la umfasst über 2200 Artikel.
In der Verkaufskette ist kein Händler zwischengeschaltet, nur ein Bäcker, der das Hop’la-Mehl zu Hop’la-Gebäck verarbeitet.  Es gibt  zahlreiche saisonale Veranstaltungen rund um den Verkauf, gleichzeitig können nicht alle Produkte über das Jahr im Angebot sein. Insgesamt sind über 2200 Artikel im Sortiment. Die produzierenden Genossenschaftsmitglieder sind gleichzeitig auch ein Teil des Verkaufspersonals. „Im Februar können die Kunden bei uns keine Tomaten bekommen”, erläutert Patrick Messer, der Vorstandsvorsitzende von Hop’la.
Das Lieferkonzept ist strikt und liberal zugleich, weil die Genossenschaftsmitglieder nicht dazu verpflichtet sind, die Gesamtheit ihrer Erzeugnisse der Genossenschaft anzudienen. Bei Hop’la erwartet man  sogar, dass die Lieferanten noch weitere Abnehmer haben. Andererseits muss alles, was zu Hop’la in den Laden kommt, tatsächlich aus  der eigenen Produktion stammen.
Hinzu kommen weitere Bedingungen: Der Preis der Ware muss kostendeckend sein und der Erzeuger muss denselben Preis auch bei seinen anderen Verkaufsstellen erheben. Die  Rückverfolgbarkeit   ist ein weiterer Eckpfeiler des Verkaufskonzeptes. Dazu hat Hop’la  verbindliche, interne Qualitätsnormen. Werden sie bei einem Produkt dreimal verfehlt, wird es nicht mehr akzeptiert.
Das Hauptmotiv, weshalb jeder Lieferant neben Hop’la noch weitere Abnehmer haben sollte, ist die mögliche Abhängigkeit, in die man gegenüber der Genossenschaft eventuell geraten könnte. Falls der Hop’la-Laden plötzlich schließen muss, beispielsweise wegen eines Brandfalles, sollte damit nicht gleich die Existenz der Mitgliedsbetriebe auf dem Spiel stehen.
 Vom herkömmlichen Lebensmittel-Einzelhandel  kamen anfangs Anzeichen heftiger Gegenwehr. Die ließen nach, als klar wurde, dass die Landwirte mit ihrer qualitativ hochwertigen Ware das LEH-Preisniveau nicht unterbieten würden. „Wir stehen mit dem LEH in  keinem Wettbewerb, weil wir uns in einer anderen Klasse befinden”, ergänzt Messer. Die zahlungskräftige  Kundschaft in den Randgemeinden Straßburgs trägt zu dieser Positionierung bei.  Das Verkaufspersonal kann auch Erläuterungen zu den Produkten  geben, ihren Anbau erklären und auch beraten. Das ist beim französischen LEH normalerweise nicht möglich.
Besser als die Vorbilder
Die Anregungen für das Hop’la-Konzept kommen aus dem französischen Alpengebiet. Dort begannen ähnliche Erzeugerinitiativen bereits vor 20 Jahren. Bis es mit Hop’la im Elsass anlief, waren viele Gespräche unter den Gründungsmitgliedern erforderlich. „Inzwischen sind wir erfolgreicher als unsere Vorbilder”, berichtet Messer stolz. Den Anfang machten sechs Beschicker eines Straßburger Bauernmarktes, die eine gemeinsame Verkaufsstelle anstrebten. Dabei sollte der gegenseitige Wettbewerb vermieden werden.  Es folgten gemeinsame Schulungen, insgesamt 35 Tage. Schulungsort war jeweils abwechselnd die Hofstelle von einem der künftigen Erzeugerbetriebe. So lernte jeder die Produktionsbedingungen seiner Partner kennen. Fast die Hälfte der Schulungszeit diente dem gegenseitigen Meinungsaustausch. Es ging um die persönlichen Vorstellungen. Es gab Rollenspiele und schließlich wurde auch über Dinge gesprochen, von denen eigentlich niemand etwas preisgeben wollte. „Es muss einfach alles gesagt werden”, fügt Messer hinzu.
Team wuchs zusammen
Dadurch wuchs das Team zusammen. Jeder wusste vom anderen, wie der seinen Beruf liebt, trotz des ungünstigen Verhältnisses zwischen Arbeit und Erlös. Die Genossenschaft als Organisationsform wurde mit Bedacht gewählt, weil jedes Mitglied gleich viel Stimmrecht bekommen sollte, egal ob mit 20 Prozent oder fünf Prozent Anteil am Gesamtumsatz.
Für die Abrechnungen wurde in eine aufwendige EDV-Anlage investiert. Jeder Lieferant bekommt am Ende des Tages eine Mail, in der der Umsatz vermerkt ist, der mit seinen Produkten erzielt wurde. Zweimal pro Monat wird überwiesen. Die Produktpreise werden grundsätzlich zweimal pro Jahr gemeinsam geplant, zum Jahresanfang und zur Jahresmitte. Die Feinabstimmung erfolgt einmal pro Monat bei der Vollversammlung, bei der jedes Mitglied eine Anwesenheitspflicht hat. Dadurch bleibt der gegenseitige Überblick erhalten.
 Schließlich muss jedes Mitglied an seinen Verkaufstagen auch die Ware von Kollegen mit anbieten und die Kenntnisse dazu haben. Die Einhaltung dieses Reglements zahlt sich aus: Wegen der gestiegenen Nachfrage haben inzwischen alle Genossenschaftsmitglieder in Kapazitätserweiterungen investiert. Wegen des Erfolges gibt es eine Warteliste mit Landwirten, die ebenfalls eintreten wollen, weil sie darin eine zusätzliche Perspektive sehen.
Auch Hop’la selbst hat Pläne: Im nächsten Jahr soll die Internetbestellung mit der dazugehörenden Warenauslieferung aufgebaut werden. Ferner ist auf dem Grundstück, das an die Verkaufsstelle angrenzt, der Bau einer Verwertungshalle geplant. Überzählige, saisonale Erzeugnisse, vor allem viele Gemüsearten, sollen dort gekühlt zwischengelagert werden, um sie dann vor Ort zu Folgeprodukten weiterzuverarbeiten. 2018 soll die Erweiterung in Betrieb gehen.