Pflanzenbau | 05. Januar 2022

Deutsche Rüben stopfen die Schweizer Lücke

Von Thomas Güntert
Der Schweizerische Verband der Zuckerrübenpflanzer informierte kürzlich die dortigen Erzeuger in Felben-Wellhausen über Anbau und Versorgung. Dabei kam auch der zunehmende Import von Zuckerrüben zur Sprache.
Im deutschen Grenzgebiet türmen sich die Zuckerrüben, die für die Zuckerfabrik in Frauenfeld produziert werden. Die Aufnahme entstand unmittelbar an der Schweizer Grenze bei Lottstetten.
Die Zuckerrüben für die drei großen deutschen Zuckerhersteller Nordzucker, Südzucker und Pfeiffer & Langen werden überwiegend im südlichen Niedersachsen, im Rheinland zwischen Bonn und Krefeld und am Main angebaut. Aber auch vom Bodensee bis auf die Baar-Ebene gibt es einige Landwirte, die für die Schweizer Zuckerfabrik in Frauenfeld produzieren.
Schweizer Zuckerfabriken suchen Ware
Ungenügende Erzeugerpreise, Transportprobleme, Klimaeinflüsse, Pflanzenkrankheiten und die negativen Diskussionen über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln haben in den letzten Jahren den Schweizer Landwirten den Anbau von Zuckerrüben verleidet. 2017 lag die Anbaufläche noch bei rund  20000 Hektar. Aktuell sind es weniger als 17000 Hektar, und die Zahl der Rübenbauern ist von rund 5000 auf 4200 zurückgegangen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung werden zur besseren Auslastung der beiden Schweizer Zuckerfabriken in Frauenfeld (TG) und Aarberg (BE) immer mehr Rüben aus dem Ausland eingeführt. Die Importmenge von rund 250000 Tonnen konventionellen und 75000 Tonnen biologisch angebauten Zuckerrüben stieg 2020 gegenüber dem Vorjahr um fast 30 Prozent, was bei einem durchschnittlichen Hektarertrag von 75 Tonnen der Ernte von einer Fläche von etwa 3600 Hektar entspricht
Rüben aus deutschem Grenzgebiet gefragt
In der Schweiz liegt der Grund-Richtpreis für eine Tonne konventioneller Zuckerrüben bei 50 Franken; für die gleiche Menge Biozuckerrüben werden 158 Franken bezahlt. Deutsche Zuckerrübenpflanzer werden allerdings nach dem Preisniveau auf dem deutschen oder europäischen Markt vergütet. Der mittlere Rübenpreis für aus Deutschland importierte Zuckerrüben lag 2020 bei etwa 30 Euro pro Tonne. Außer administrativen Gebühren für den Grenzübertritt wird beim Import von Zuckerrüben von der Schweiz kein Zoll erhoben. Nicht unerheblich sind die Mengen, die von Schweizer Bauern in Deutschland produziert werden. Im Kanton Schaffhausen liegen beispielsweise etwa 20 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche auf deutschem Gebiet, und rund 40 Prozent der Schaffhauser Bauern bewirtschaften Felder in Deutschland. Der Landwirtschaftliche Bewirtschaftungsverkehr (LBV) erlaubt es den Schweizer Bauern, Erzeugnisse aus einem zehn Kilometer breiten Korridor entlang der Landesgrenze zollfrei in ihr Heimatland einzuführen. 
Schutz vor Billigimporten
Das Schweizer Parlament hat den Schweizer Zuckerrübenbauern bis 2026 Planungssicherheit und faire Marktbedingungen gegenüber importiertem Zucker zugesichert. Bis dahin bekommen sie pro Hektar Einzelkulturbeiträge von 2100 Franken und für den Anbau nach Bio- und IP-Suisse-Richtlinien einen Zuschlag von 200 Franken. Für den Import von Zucker wird zudem ein Grenzschutz von sieben Franken pro 100 Kilogramm erhoben. Wer also eine Tonne Zucker aus dem Ausland in die Schweiz importiert, muss am Zoll siebzig Franken bezahlen