"Der Schwarzwald wird zur Toscana"
Von Gernot Raiser
Waldeigentümer und die ganze Forstbranche haben es im Augenblick nicht leicht. Die vielfältigen Herausforderungen von der kartellrechtlich getriebenen Forstreform bis zur Käferplage standen im Mittelpunkt des dreizehnten Schwarzwälder Waldbauerntages am 12. Oktober.
Beim dreizehnten Schwarzwälder Bauerntag standen die Folgen des Klimawandels – auch in Höhenlagen – im Mittelpunkt des Interesses.
Trockenheit und Hitze haben dem Wald und seinen Bewirtschaftern 2018 besonders zugesetzt. Der Klimawandel und seine dramatischen Folgen waren die Generalthemen in Höchenschwand am Südabfall des Schwarzwaldes.
Klimawandel
Die Lage vor Ort skizzierte Dr. Martin Kistler, der Landrat des Landkreises Waldshut. Der Wald sei Daseinsvorsorge für die Eigentümer – jeder zehnte Einwohner des Landkreises Waldshut sei Waldbesitzer. Und nirgendwo sonst gebe es mehr Kleinstprivatwaldbesitzer. Diese müssten von der Forstpolitik des Landes mehr berücksichtigt werden, forderte Kistler.Als entscheidende Hintergrundinformation zum Schwarzwälder Waldbauerntag stufte der Landrat den Bericht des Weltklimarates von Anfang Oktober zur Erderwärmung ein. Danach müsse mit einem weiteren durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg von mindestens 1,5 Grad Celsius gerechnet werden. „Was dieser Trend bedeutet, können wir heute schon sehen. Der Sturm Burglind, mit den Sturzbächen, die über unsere Wege gelaufen sind, der trocken-heiße Sommer 2018 und im Anschluss die Massenvermehrung der Borkenkäfer – das alles führt heute schon zu schwersten Schäden.”
Die wahrscheinlichen Folgen der Erderwärmung für den knapp 400000 ha umfassenden Naturpark Südschwarzwald standen im Mittelpunkt des Referates von Dr. Bernd Wippel. „Die wahrscheinliche Steigerung der durchschnittlichen Erdwärme um 1,5 Grad Celsius – mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar mehr – wird viel dramatischere Folgen haben als bisher gedacht”, fasste der Leiter der Abteilung Forstberatung und Wertschöpfung Holz der Firma Unique forestry and land use GmbH mit Sitz in Freiburg zusammen. Wippel stellte in Höchenschwand die Ergebnisse einer Untersuchung vor, die die Folgen der Erwärmung für die Land- und Forstwirtschaft im Naturpark beschreibt. „Der Schwarzwald wird in den kommenden Jahrzehnten zur Toscana – damit muss man realistischerweise rechnen”, lautet die düstere Prognose von Wippel.
Douglasie als Alternative
Von links nach rechts: Oswald Tröndle und die Referenten Professor Ulrich Kohnle, Helge von Gilsa, Konstantin Straub und Dr. Bernd Wippel.
Professor Ulrich Kohnle von der FVA stellte in Höchenschwand die Douglasie als mögliche alternative Baumart vor. Sie sei zwar kein Allheilmittel, doch habe sie einige Vorteile unter den Bedingungen der Klimaerwärmung.
In ihrer Heimat an der Pazifikregion Nordamerikas wachse sie in Höhenlagen von 2000 bis 3000 Metern, auch in Gebieten, die im Sommer sehr heiß und sehr niederschlagsarm seien. Zweiter großer Vorteil der Douglasie im Vergleich zur Fichte sei ihre im Allgemeinen größere Wuchsleistung. Außerdem liefere die Douglasie wertvolles Holz und es komme meist im gleichen Marktsegment zum Einsatz wie Fichtenholz, vor allem als Bauholz.
Die Baumart hat aber auch bestimmte Anforderungen an die Kulturetablierung und -führung. „Das Anspruchsvollste bei der Gründung eines Douglasienbestandes ist das Pflanzen”, machte Kohnle deutlich. Fichten wachsen vergleichsweise leicht an, da könne man nicht viel falsch machen, das sei ganz anders. Das Allerwichtigste dabei sei die Verwendung von ganz frischem Pflanzgut direkt aus der Baumschule, also keiner wie auch immer zwischengelagerten Ware – diese Erfahrung habe die FVA in 40 Jahren Versuchsanbau gemacht.
Erfolgsentscheidend sei auch eine rechtzeitige und energische Durchforstung der Jungbestände. Geästete Bäume müssen unbedingt freigestellt werden, damit die Wunden überwallen und Wertholz heranwächst. Als ideale anzustrebende Bestandesdichte empfiehlt Kohnle 1000 bis 2000 Bäume pro Hektar. Ganz wichtig für die Produktion von Wertholz ist eine systematische Ästung.
Schwierige Marktlage
Die sehr angespannte Lage am Holzmarkt skizzierte auf dem Waldbauerntag Konstantin Straub. Der Vertreter des Kreisforstamtes Waldshut verglich die Lage mit dem Käferjahr 2003. Ernster als damals sei die Lage 2018 aus mehreren Gründen. "Wir brauchen dringend mehr Lagerkapazitäten – bisher bestehen enorme rechtliche Hürden dafür”, beklagte Straub. In diesem Zusammenhang forderte Oswald Tröndle im Namen des BLHV die Landesregierung auf, eine unbürokratische Regelung für mehr Freilandlagerkapazitäten zu schaffen. „Es darf nicht sein, dass Landwirte, die ihre Flächen kurzfristig dafür zur Verfügung stellen, finanzielle Nachteile beim Gemeinsamen Antrag und der Flächenprämie in Kauf nehmen müssen”, betonte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Höhenlandwirtschaft.
Erfolgreiche Aktivitäten
Helge von Gilsa forderte die Forstbranche dazu auf, sich in das Gesetzgebungsverfahren zur Neuorganisation der Forstverwaltung in Baden-Württemberg einzumischen. Einwände zum knapp hundertseitigen Entwurfstext können vom 8. Oktober bis 16. November auf dem Beteiligungsportal des Landes Baden-Württemberg vorgebracht werden. Der Leiter des Kreisforstamtes Waldshut-Tiengen sieh als Untergrenze für eine wirtschaftlich tragfähige Holzvermarktung 200000 Festmeter pro Jahr an. Weniger sei wenig erfolgversprechend, auch angesichts der zwei Millionen Festmeter Holz, die jährlich im Staatswald eingeschlagen werden.
Auf die langjährigen Aktivitäten des BLHV-Waldausschusses und der Arbeitsgemeinschaft für Höhenlandwirtschaft verwies in Höchenschwand Bernhard Bolkart. Man habe von Verbandsseite aus mehrfach darauf hingewiesen, dass die staatliche Forstverwaltung besonders kompetent sei, um zum Beispiel Lagerkapazitäten im Schadensfall zu organisieren. Mehr Fortbildungs-, Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen hält Bolkart für erforderlich, da das Fachwissen und die Motivation vieler privater Waldeigentümer für die Bewirtschaftung ihrer Flächen abnehme. Was die institutionelle Förderung des Privatwaldes betreffe, fordere der BLHV eine 200-Hektar- statt der aktuell diskutierten Fünf-Hektar-Grenze.