Land und Leute | 28. Mai 2015

Der ganz genaue Wasser-Check

Von Hubert God/René Bossert
Auf manche Eigenwasserversorger kommen künftig erheblich höhere Kosten für die Trinkwasseruntersuchung zu. Grund ist die geänderte Trinkwasserverordnung.
Bisher war für Eigenwasserversorger einmal jährlich die Untersuchung von 14  Parametern vorgeschrieben. Dafür waren runde  70 Euro fällig. Nun soll  im Ortenaukreis noch in diesem Jahr auf  manche Eigenwasserversorger eine „Umfassende Untersuchung”  zukommen.
In Südbaden gibt es die meisten Eigenwasserversorger im Ortenaukreis; daneben sind auch die Kreise Emmendingen, Schwarzwald-Baar, Rottweil, Rastatt und Breisgau-Hochschwarzwald stärker betroffen.

 Betroffen ist, wer Wasser im Rahmen einer öffentlichen oder gewerblichen Tätigkeit an Dritte abgibt. Im Klartext geht es  dabei innerhalb der Landwirtschaft um Anbieter von Urlaub auf dem Bauernhof und Hersteller von Lebensmitteln, bei deren Herstellungsprozess Wasser hygienisch bedeutsam ist.   
500 bis 900 Euro
Der Ortenaukreis hat vor Kurzem die Betroffenen informiert und in dem Schreiben eine Größenordnung von 500 bis 900 Euro für die Laborkosten bei der „Umfassenden Untersuchung” geschätzt. Dabei geht es um rund   50 Parameter.
Bei der Erstuntersuchung müssen diese auch alle untersucht werden. In den Jahren darauf kann auf manche Parameter verzichtet werden, wenn sie nicht nachweisbar sind und sie auch künftig ausgeschlossen werden können, heißt es in dem Schreiben weiter. Das wird das Landratsamt dann im Einzelfall entscheiden. 
Das Landratsamt des Ortenaukreises schreibt eine „Umfassende Untersuchung” noch im Laufe des Jahres 2015 vor. Rund 900 Einzelwasserversorger sind davon betroffen, davon dürften nach Schätzung des Landratsamts rund 600 Landwirte sein. Wer sein Trinkwasser im Laufe des Jahres schon routinemäßig hat untersuchen lassen, muss die fehlenden Parameter nachuntersuchen.   
Die Trinkwasserverordnung ist bundesweit gültig. Vor Ort setzen die  Landkreise sie um. Mittlerweile hat sich der  BLHV in der Sache an das Stuttgarter Agrarministerium gewandt. Er fordert in einem Schreiben, die Belange des Verbraucherschutzes mit Augenmaß umzusetzen. Die zuständigen Behörden benötigen Hinweise auf mögliche Ermessensspielräume.
Landwirte, die Urlaub auf dem Bauernhof anbieten oder landwirtschaftliche Produkte verkaufen, gelten nach Trinkwasserverordnung als dezentrale kleine Wasserwerke. Die hohen Kosten je umfassende Untersuchung hält der BLHV für kleine landwirtschaftliche Betriebe für eine unzumutbare Belastung.
Der BLHV verweist in seinem Schreiben auf die EU-Trinkwasserrichtlinie und die Trinkwasserverordnung, die Ermessensspielräume bei der Umsetzung zulassen. Es erscheine wenig sinnvoll, Stoffe untersuchen zu lassen, die von vornherein erkennbar in bestimmten Gegenden gar nicht vorhanden seien. Das Gesundheitsamt sollte in Fällen geringer Trinkwasserabgabe den Untersuchungsumfang bereits bei der Erstuntersuchung  reduzieren. 
Die in Deutschland gültige Trinkwasser-Verordnung sehe  vor, dass nicht alle Parameter Gegenstand der „Umfassenden Untersuchung” sein müssen. Voraussetzung hierfür sei, dass die zuständigen Behörden für einen von ihnen festzusetzenden Zeitraum feststellen, dass das Vorhandensein eines Parameters in einem bestimmten Wasserversorgungsgebiet nicht in Konzentrationen zu erwarten ist, die die Einhaltung des Grenzwertes gefährden könnten.
Es sei bekannt, dass das Vorhandensein von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen in Gebieten mit hohem Anteil an Wald und Dauergrünland nicht wahrscheinlich ist. Aus der  EU-Trinkwasserrichtlinie gehe  hervor, dass nur Pestizide überwacht werden müssen, deren Vorhandensein in einer bestimmten Wasserversorgung wahrscheinlich ist.
Ferner weist der BLHV  darauf hin, dass Direktvermarkter nicht ausnahmslos als Lebensmittelbetriebe angesehen werden dürften.
Der BLHV empfiehlt, nicht vorschnell Laboratorien mit der teuren Untersuchung  zu beauftragen. Das Ortenauer Landratsamt hat eine Frist bis Ende 2015 gesetzt. Bis dahin hofft der BLHV auf weitere Erkenntnisse bei der Umsetzung. Sofern Landwirte  angeschrieben wurden, obwohl sie kein Wasser im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit (z.B. Vermietung) oder öffentlichen Tätigkeit an Dritte abgeben, sollten sie dies jedoch dem Landratsamt jetzt mitteilen.