Wie bereits in der Vorwoche berichtet, erzielten Union und SPD Einvernehmen zu bislang strittigen Fragen der Nutzung ökologischer Vorrangflächen sowie des Grünlandschutzes beim Greening. Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigte sich insgesamt zufrieden. Kritik kam dagegen von Öko-Verbänden.
Eine Eiweißstrategie (Bild: Soja) in Deutschland bleibt möglich, weil überzogene Regelungen bei Eiweißpflanzen vermieden werden, urteilt der DBV über die Einigung in der Regierungskoalition.
Nach der Einigung bleibt der Anbau von Zwischenfrüchten auf ökologischen Vorrangflächen zulässig. Allerdings sollen weder eine mineralische Stickstoffdüngung noch chemischer Pflanzenschutz beim Zwischenfruchtanbau erlaubt werden; auch der Einsatz von Klärschlamm soll ausgeschlossen werden. Dagegen soll Wirtschaftsdünger aufgebracht werden dürfen. Als spätester Aussaattermin für Zwischenfrüchte wurde der 1. Oktober festgelegt. Kulturpflanzenmischungen sollen mindestens zwei Arten enthalten müssen. Keine Festlegungen sollen im Gesetz zu Düngung und Pflanzenschutz beim Anbau von Leguminosen auf Vorrangflächen getroffen werden. Damit bleibt chemischer Pflanzenschutz bei Eiweißpflanzen zulässig. Nach der Ernte soll eine überwinternde Folgekultur angebaut werden müssen. Absoluter Grünlandschutz ist nur in Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) vorgesehen, und für die Grünlandumwandlung in übrigen Gebieten soll es einen engeren Rahmen geben. Als tragfähigen Kompromiss bezeichneten die Verhandlungsführer von Union und SPD, Franz-Josef Holzenkamp und Wilhelm Priesmeier, die Einigung. Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigte sich insgesamt zufrieden. Kritik kam dagegen von Öko-Verbänden.
Einzelbetriebliches Autorisierungssystem
Insbesondere zum Umgang mit Dauergrünland hatte es bis zuletzt
unterschiedliche Positionen gegeben. Als umweltsensibel mit einem damit
einhergehenden Umwandlungs- und Umbruchverbot sollen anstatt wie bisher
Natura-2000-Gebiete nunmehr lediglich FFH-Gebiete eingestuft werden. Die Umwandlung von sonstigem Dauergrünland soll lediglich in einem eng
gesteckten Rahmen möglich sein. Ab einer Abnahme des
Dauergrünlandanteils von zwei Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2012
sollen die Länder ein einzelbetriebliches Autorisierungssystem
einführen. Danach soll eine Umwandlung nur bei Anlage einer
entsprechenden Dauergrünlandfläche zulässig sein. Abweichend davon soll
eine Umwandlung ohne Neuanlage zulässig sein, wenn das Dauergrünland
erst nach 2015 neu entstanden ist oder im Rahmen von
Agrarumweltmaßnahmen geschaffen wurde, sowie beim Vorliegen erheblicher
Härten für den Betriebsinhaber.
Praktikable Umsetzung
Die vereinbarte Zwei-Prozent-Schwelle muss noch von der
EU-Kommission genehmigt werden. Schließlich wurde klargestellt, dass es
eine Verpflichtung zur Rückumwandlung von umgewandeltem Dauergrünland
nur bei Überschreitung der
im EU-Recht vorgesehenen Schwelle von fünf Prozent geben soll. Im
Übrigen bleiben die in einigen Ländern geltenden Regelungen zum
Grünlandschutz in Kraft.
Nach Ansicht von Holzenkamp und Priesmeier berücksichtigt der Kompromiss
die Belange des Umweltschutzes und gewährt eine praktikable Umsetzung
des Greening für die Landwirte. Beide Koalitionspolitiker betonten den
Stellenwert des Schutzes von Dauergrünland.
Die agrarpolitische Sprecherin der CSU-Landesgruppe, Marlene Mortler,
nannte die vorgesehene Zwei-Prozent-Regelung beim Dauergrünland einen
„kleinen Wermutstropfen”, der jedoch vertretbar sei.
Demgegenüber wertete der agrarpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion
von Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff, den Kompromiss als
„Totalausfall für das Greening der europäischen Agrarpolitik”. Für den
Grünen-Politiker ist die Ökologisierung der europäischen Agrarpolitik in
Deutschland damit „auf ganzer Linie gescheitert”.
DBV: Keine überzogenen Auflagen
Der DBV bescheinigte den Regierungsfraktionen, dass sie mit ihrer
Einigung zu den ökologischen Vorrangflächen eine Nutzungsmöglichkeit der
Flächen sicherten und überzogene zusätzliche nationale Auflagen
vermieden. Dies betreffe die Anerkennung von Zwischenfrüchten als
ökologische Vorrangfläche und die Möglichkeit des Einsatzes von
wirtschaftseigenen organischen Düngemitteln. Auch eine Eiweißstrategie
in Deutschland bleibe möglich, weil überzogene Regelungen bei
Eiweißpflanzen vermieden würden, erklärte der DBV. Das Greening werde
damit in der Praxis umsetzbar.
Zurückhaltend wertet der Verband allerdings den Kompromiss zum
Dauergrünland. Zwar würden nun nicht mehr sämtliche Natura-2000-Gebiete
in den strikten Grünlandschutz einbezogen, sondern lediglich die
FFH-Gebiete. Allerdings gehe die undifferenzierte Einbeziehung
sämtlicher FFH-Gebiete nach wie vor deutlich über das
naturschutzfachlich sinnvolle und vom EU-Recht vorgegebene Niveau
hinaus, so der Bauernverband. Das Durchführungsgesetz sei insgesamt
überfällig und schaffe endlich Klarheit.
Scharfe Kritik an der Einigung kam hingegen aus den Reihen des
Ökolandbaus. Der Vorsitzende vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft
(BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, warnte vor einem Scheitern der
nationalen Umsetzung der EU-Agrarreform. Nicht hinnehmbar seien der
Einsatz von chemischem Pflanzenschutz bei Leguminosen und der Anbau von
Zwischenfrüchten auf ökologischen Vorrangflächen. Zudem sei
inakzeptabel, dass Zwischenfruchtanbau als Greening gelten solle. Bundestag und Bundesrat müssten den Gesetzesvorschlag abweisen, denn
Pestizide und Mineraldünger hätten auf ökologischen Vorrangflächen
nichts zu suchen. Von „Greenwashing” sprach Bioland-Präsident Jan Plagge.