Politik | 15. Juli 2021

Den Willen bekräftigt, im Dialog zu bleiben

Von AgE
Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Werner Schwarz, und der Vorsitzende vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, wurden anlässlich des Abschlussberichts der Zukunftskommission Landwirtschaft zu ihren Erfahrungen befragt.
Meilensteine und Zumutungen: Olaf Bandt (BUND) ...
Der Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) bietet die Chance für einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen Agrar- und Umweltverbänden. Zu dieser Einschätzung kommen  die beiden Kommissionsmitglieder Werner Schwarz und Olaf Bandt im gemeinsamen Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe. Es habe sich gezeigt, „dass wir als Vertreter der Landwirtschaft konstruktiv mit den Schützerverbänden reden und zu Ergebnissen kommen können”, sagt DBV-Verhandlungsführer Schwarz.
Als Meilenstein bezeichnet Bandt die Erfahrung in der Zukunftskommission, „mit dem Bauernverband einen ernsthaften Dialog zu führen und dabei zu gemeinsamen Positionen zu kommen”. Sowohl Schwarz als auch Bandt bekräftigen den Willen, im Dialog zu bleiben. Zwar werde es auch in Zukunft immer wieder Auseinandersetzungen geben.
... und Werner Schwarz (DBV) zu ihrer Arbeit in der Zukunftskommission Landwirtschaft.
Man habe jedoch gelernt, dass man diese Konflikte lösen könne. „Wir kommen nur zueinander, wenn wir vernünftig miteinander reden”, so der DBV-Vizepräsident.
Die Tonlage ändern
Zu einem veränderten Umgang gehört den beiden Verbandsvertretern zufolge eine andere Tonlage als in der Vergangenheit. „Kampfbegriffe”, die auf beiden Seiten genutzt würden, seien nicht zielführend.
Schwarz und Bandt betonen die Verantwortung der Politik, die Empfehlungen der Zukunftskommission aufzugreifen. Der Koalitionsvertrag der künftigen Regierungskoalition werde zeigen, „wie ernsthaft der politische Wille ist, den Umbau der Landwirtschaft zu begleiten”. Zur Nagelprobe werde die Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission. Schwarz: „Für die nächste Bundesregierung gibt es keine Ausreden mehr.”
Beide Spitzenvertreter weisen darauf hin, dass der Abschlussbericht für ihre jeweilige Klientel Zumutungen enthält. Schwarz bezeichnet das Auslaufen der klassischen Direktzahlungen bis spätestens Ende der übernächsten Förderperiode als einen Punkt, „den wir unseren Mitgliedern am meisten werden erklären müssen”.
Auf Bedenken werde zudem stoßen, dass Abgaben auf Pflanzenschutzmittel oder Stickstoffdünger unter bestimmten Voraussetzungen eine Option sein könnten. Hier hätten sich aber Agrar- und Umweltvertreter genauso aufeinander zu bewegt wie bei der Tierhaltung. Dabei habe man deutlich machen können, dass die Tierhaltung in Deutschland kein flächendeckendes Problem darstelle, sehr wohl aber in einzelnen Regionen mit hoher Viehdichte. Bandt räumt ein, dass staatliche Vorgaben für einen Abbau der Tierbestände nicht durchsetzbar gewesen seien. Stattdessen habe man sich darauf verständigt, dass die Reduzierung über die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten kommen müsse.
„Schmerzhafte” Groß-Klein-Debatte
„Schmerzhaft” nennt der BUND-Vorsitzende die Groß-Klein-Debatte in der ZKL. Für den BUND sei immer klar gewesen, dass kleine Betriebe größere ökologische Leistungen erbringen und besonderer finanzieller Unterstützung bedürfen. Für beides habe man in der Zukunftskommission jedoch keine wissenschaftlichen Belege finden können. Bandt und Schwarz bekräftigen den Stellenwert des Abschlussberichts der ZKL für die künftige Agrarpolitik. Er zeige klare Perspektiven auf, in welche sich die Landwirtschaft entwickeln sollte. Der Bericht biete damit jungen Landwirtinnen und Landwirten eine langfristige Orientierung. „Nichts ist schlimmer, als kein Ziel zu haben, nur rumzueiern und nicht zu wissen, wo vorn und hinten ist”, warnt Schwarz. Das gelte in besonderem Maße für die Politik.
Einiges übereinander gelernt
Werner Schwarz und Olaf Bandt wurden im Interview gefragt, was sie in der Zukunftskommission voneinander gelernt haben:  hier die Antworten von Schwarz zu Umweltverbänden und von Bandt zur Landwirtschaft.
Bandt: Ich  kenne mich eigentlich ganz gut aus, nicht zuletzt weil meine Familie Bezüge in die Landwirtschaft hinein hat. Aber erst in der Kommission habe ich verstanden, wie stark sich zusätzliche Umweltanforderungen auf die Einkommen der jeweiligen Betriebe auswirken können. Daraus folgt, dass wir das mitbedenken müssen, wenn wir eine nachhaltigere Landwirtschaft wollen. Dann sind wir sehr schnell bei der Erkenntnis, dass zusätzliche, übergesetzliche Umwelt- und Tierschutzleistungen, die wir von den Betrieben erwarten, honoriert werden müssen. Andernfalls ziehen die Betriebe im Wettbewerb den Kürzeren.
Dieser Zusammenhang war mir in der Deutlichkeit vorher ebenso wenig bewusst wie die fehlende Wertschätzung, die Landwirtinnen und Landwirte empfinden, wenn wir ihnen immer mehr abverlangen, ohne dass es ihnen entgolten wird.
Schwarz: Für mich haben sich die Umweltverbände bislang nicht wesentlich unterschieden. Mein Eindruck war der eines „grünen Blocks”. In der Zukunftskommission habe ich gelernt, dem ist nicht so. Die Verbände setzen sehr wohl unterschiedliche Schwerpunkte und verfolgen zum Teil Ansätze, die meine Bauernverbandskollegen und ich vorher so nicht gesehen haben.
Hinter den großen Umweltverbänden stehen sehr heterogene Mitglieder, die ein Spiegelbild der Gesellschaft sind und die Veränderungen wollen. Deren Interessen haben Herr Bandt und seine Kollegen zu vertreten.
Wir müssen das ernst nehmen und versuchen, dies mit den Interessen unserer Mitglieder so gut es geht in Einklang zu bringen. Das ist eine andere Herangehensweise als zu sagen, die haben keine Ahnung von Landwirtschaft und nicht das Recht, uns reinzureden.