Waldwirtschaft | 09. August 2018

Den Wald jede Woche einmal kontrollieren

Von Reinhold John, Forstliche Versuchsanstalt FVA
Die hochsommerlichen Temperaturen und vor allem die seit längerem anhaltende Dürre schwächen einerseits die Bäume, fördern aber andererseits die Borkenkäfer.
Brutbild des Buchdruckers.
Die wirtschaftlich bedeutsamsten Fichtenborkenkäfer Buchdrucker und Kupferstecher profitieren in gleichem Maße von der aktuellen Witterung wie die Borkenkäfer an der Weißtanne. Der Buchdrucker beispielsweise hat vielerorts schon die dritte Generation angelegt. Das passiert nicht in jedem Jahr, und vor allen Dingen 2018 so früh wie noch nie.
Derzeit sind die Käfer unterwegs, um die stehenden Bäume zu befallen, die nur wenig durch Bohrmehl und nahezu gar nicht mehr durch Harztropfen oder Harzfluss zeichnen, weil sie durch die Dürre geschwächt sind. Zumeist bemerkt man derzeit nur ein leichtes Rieseln der Nadeln, wenn man unter den befallenen Fichten steht. Die sonst im Frühjahr so deutlichen Befallsmerkmale sind meist kaum noch wahrnehmbar. So richtig auffällig wird der Befall sicherlich von der zweiten Augusthälfte an, wenn die Kronen schütter, fahlgrün und schließlich rot werden. 
Ohne Harz schutzlos
Solche mittlerweile trockenen Harztopfen zeigen einen einige Wochen zurückliegenden Käferbefall an.
Bei Wassermangel können Nadelbäume kein Harz zur Schädlingsabwehr absondern. Mit der klebrigen Masse verschließen sie Wunden. Über Kanäle wird das Harz an die Pflanzenoberfläche geleitet. Bei Verletzungen des Kambiums sind die Epithelzellen um den Harzkanal herum in der Lage, Wasser aufzunehmen, anzuschwellen und das Harz unter hohem Druck an die verletzte Stelle zu leiten. Wenn die Pflanze aufgrund der Trockenheit und Hitze unter Wassermangel leidet, ist der Druck in den Epithelzellen zu gering, um das benötigte Harz an die verletzte Stelle zu leiten.
Dann können beispielsweise Borkenkäfer den Schutzmechanismus leichter überwinden und die Nadelbäume erheblich leichter befallen. Außerdem sind unverschlossene Wunden Eintrittspforten für holzzersetzende Pilze. Um den Harzfluss wieder anzuregen, wären ergiebige Niederschläge nötig. 
Regendefizit
Aber in den vergangenen Wochen hat es in Südbaden kaum geregnet, meist gab es nur lokale, kleinere Gewitter. Die Trockenheit führt nicht nur zu dramatischen Ausfällen bei Fichten, Tannen und zum Teil auch bei Wald- und Schwarzkiefern. Sondern auch die Laubbäume reagieren sehr empfindlich auf Wasserstress: Zunächst sind Kastanien und Hainbuchen durch gelbe und vor allem braune Kronen aufgefallen. Seit Anfang August sind plötzlich vielerorts braune Spitzahorne und vor allem Rotbuchen in den Beständen erkennbar. Die Laubbäume werfen dann bald ihr Laub ab, um sich zu schützen. Jedoch gelingt es den Bäumen meist nicht, die Nährstoffe wie in Jahren mit normalem herbstlichem Blattfall aus den Blättern zurückzuziehen und in den Wurzeln zu speichern. Das kann bedeuten, dass diese Bäume im nächsten Frühjahr bereits geschwächt starten.
Die im Frühjahr befallenen Fichten zeichnen seit Wochen mit roter Krone und sind damit gut aus der Ferne sichtbar, hier aber sind die Käfer schon lange ausgeflogen, diese Bäume kann man zunächst stehen lassen. Sie können jedoch zur Lokalisierung von bisher nicht gefundenen Käfernestern genutzt werden. Zu beachten ist dabei, dass Fichten aus dem Frühjahrsbefall auch mit abfallender Rinde bei grüner Krone und/oder Nadelabfall zeichnen können.
Alle Waldbesitzer sollten jetzt unbedingt ihre Fichtenbestände regelmäßig und gründlich auf Stehendbefall kontrollieren sowie befallenes Holz rasch aufarbeiten und abfahren. Wichtig ist auch, eine Urlaubsvertretung zu organisieren. Betroffene oder gefährdete Bestände müssen derzeit mindestens einmal wöchentlich auf Befall hin kontrolliert werden. Begrenzender Faktor sind weiterhin die mangelnden Fuhrkapazitäten, weshalb dann auch Nasslagerung oder Umlagerung in Laubholzbestände ausscheiden. 
Systematisch kontrollieren
Kontrolle vom Gegenhang mit dem Fernglas. An solchen angerissenen Beständen geht der Käferbefall häufig weiter.
Die Stehendbefallskontrolle ist an Randbäumen diesjähriger Käfernester und befallener Holzpolter fortzusetzen, aber unbedingt auch in die Bestandestiefe auszuweiten. Bei Temperaturen über 30 °C verlagert sich der Befall im Bestand vom Rand in die Tiefe, so dass in den kommenden Wochen die Käferbaumsuche konsequent ausgeweitet werden muss. Befallsbäume sind derzeit schwer zu finden. Man muss also etwas mehr Zeit investieren und sollte die frischen Morgenstunden für die Kontrollrunden nutzen. Befallene Fichten aus dem Frühjahr zeichnen vermehrt auch mit Rindenabfall, Spechtabschlägen und rotfärbender Krone. An später und aktuell befallenen Fichten finden sich Harztropfen, beginnend am Kronenansatz, Bohrmehl und mit Harz verklebtes Bohrmehl am Einbohrloch.
Die Wahrscheinlichkeit für einen Stehendbefall dürfte in der Nähe von immer noch liegendem und hängendem Sturmholz am höchsten sein. Wenn sich unter der Rinde Jungkäfer befinden, reicht das Fällen – auch mit einem Harvester – nicht aus, um die Schädlinge am Ausflug zu hindern. Die Rinde trocknet nicht rasch genug aus. Aus diesem Grund sollte auch nicht im Bestandesinneren entrindet werden. Es ist darauf zu achten, ein Abfallen der Rinde bei der Rückung zu verhindern.