Der Deutsche Bauernverband (DBV) will raus aus flächengebundenen Direktzahlungen. Spätestens bis 2035 soll der Umstieg in ein neues Fördersystem geschafft sein.
Regelungen kaum noch umsetzbar: Joachim Rukwied sieht dringend geboten, dass die EU-Agrarförderung vereinfacht wird.
„In einigen Jahren werden die Direktzahlungen Geschichte sein”, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied bei der Vorstellung der DBV-Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) am 15. November gegenüber Journalisten in Berlin. Ähnlich wie die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) will der DBV stattdessen Zahlungen zur Entlohnung von Leistungen, die der Erreichung gesellschaftlicher Ziele im Umwelt-, Klima- und Tierschutz dienen.
An die Stelle des bisherigen Zwei-Säulen-Modells soll dem DBV zufolge eine Agrarförderung treten, in der die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der ländlichen Entwicklung und Agrarstruktur gleichrangig nebeneinanderstehen.
Derzeitiges System kollabiert
Rukwied begründete die Forderung nach einer
grundlegenden Neuausrichtung mit dem Scheitern der derzeitigen GAP. Das
System sei „inhaltlich und administrativ kollabiert”. Als Beispiel
nannte er die Öko-Regelungen, die nur zögerlich in Anspruch genommen
würden. Gleichzeitig zeigten die Probleme der Länder bei der Auszahlung
der EU-Agrarfördermittel, wie kompliziert das Agrarfördersystem
mittlerweile geworden sei.
Leistungen attraktiv bezahlen
In einem Diskussionspapier für die GAP nach 2027
schlägt der Bauernverband drei „Funktionsbereiche” für die künftige
Agrarförderung vor. Dabei geht es zum einen um eine attraktive Bezahlung
von Umwelt- und Klimaschutzleistungen, die die Betriebe zur Erreichung
gesellschaftlicher Ziele erbringen. Rukwied betonte, dass dieser Bereich
für die Landwirte profitabel sein müsse, ein Gewinnanreiz in den
Maßnahmen daher unerlässlich sei.
Zum anderen hält der Bauernverband auch eine Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe für unerlässlich. Dabei misst er einer
Förderung des betrieblichen Risikomanagements eine besondere Bedeutung
bei, um die Resilienz der Betriebe zu stärken. „Wir müssen künftig auf
das Instrument der Mehrgefahrenversicherung zurückgreifen”, betonte der
DBV-Präsident. Unerlässlich sei zudem eine flächendeckende Förderung von
Junglandwirten. Schließlich soll dem DBV zufolge in einem dritten
Bereich die Förderung der ländlichen Entwicklung und der Agrarstruktur
angesiedelt werden. Rukwied mahnte in diesem Zusammenhang eine stärkere
Fokussierung auf die Landwirtschaft an.
Die EU-Agrarpolitik kann nicht billiger werden
Für die einzelnen
Förderbereiche soll es dem DBV zufolge jeweils Mindestbudgets geben. Die
Mittel sollen auch künftig national kofinanziert werden, Teile jedoch
weiterhin 100 Prozent EU-finanziert sein.
Rukwied machte deutlich, dass die EU-Agrarpolitik in Zukunft nicht
billiger werden könne. Notwendig sei ein real stabiles EU-Agrarbudget.
Angesichts der Inflation bedürfe es daher eines nominalen Anstiegs der
Mittel. Zur Finanzierung von Umweltleistungen müssten gegebenenfalls
auch Töpfe außerhalb der GAP herangezogen werden.
Der DBV-Präsident räumte ein, dass sich das vorgeschlagene neue
GAP-Modell mit einem EU-Beitritt der Ukraine und einer Integration der
dortigen Landwirtschaft nicht finanzieren ließe. Kernziel der GAP müsse
auch in Zukunft sein, eine familiengetragene Landwirtschaft zu sichern.
Rukwied hält eine Diskussion über eine zielgerichtete Weiterentwicklung
der GAP für dringend geboten. Die politischen Weichen für die nächste
GAP-Förderperiode würden nach der Europawahl 2024 und der anschließenden
Neubesetzung der EU-Kommission gestellt. Darüber hinaus stehe der von
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte strategische
EU-Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft an. „Es ist jetzt
entscheidend, Zielkonflikte zu überwinden und Funktionsmängel in der
GAP-Förderung zu beseitigen”, betonte Rukwied.
Er bezeichnete eine Vereinfachung der EU-Agrarförderung als dringend
geboten. Die derzeitigen Regelungen seien kaum noch umsetzbar. Der
DBV-Präsident sprach sich zudem dafür aus, in der Übergangsfrist bis zu
einer neuen GAP auf die Konditionalität zu verzichten. Dies würde nach
seiner Überzeugung einen maßgeblichen Beitrag leisten, die Betriebe von
unnötiger Bürokratie zu entlasten.