Politik | 23. November 2023

DBV: Die Agrarförderung umkrempeln

Von AgE
Der Deutsche Bauernverband (DBV) will raus aus flächengebundenen Direktzahlungen. Spätestens bis 2035 soll der Umstieg in ein neues Fördersystem geschafft sein.
Regelungen kaum noch umsetzbar: Joachim Rukwied sieht dringend geboten, dass die EU-Agrarförderung vereinfacht wird.
„In einigen Jahren werden die Direktzahlungen Geschichte sein”, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied bei der Vorstellung der DBV-Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) am 15. November gegenüber Journalisten in Berlin. Ähnlich wie die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) will der DBV stattdessen Zahlungen zur Entlohnung von Leistungen, die der Erreichung gesellschaftlicher Ziele im Umwelt-, Klima- und Tierschutz dienen.
An die Stelle des bisherigen Zwei-Säulen-Modells soll dem DBV zufolge eine Agrarförderung treten, in der die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der ländlichen Entwicklung und Agrarstruktur gleichrangig nebeneinanderstehen.
Derzeitiges System kollabiert
Rukwied begründete die Forderung nach einer grundlegenden Neuausrichtung mit dem Scheitern der derzeitigen GAP. Das System sei „inhaltlich und administrativ kollabiert”. Als Beispiel nannte er die Öko-Regelungen, die nur zögerlich in Anspruch genommen würden. Gleichzeitig zeigten die Probleme der Länder bei der Auszahlung der EU-Agrarfördermittel, wie kompliziert das Agrarfördersystem mittlerweile geworden sei.
Leistungen attraktiv bezahlen
In einem Diskussionspapier für die GAP nach 2027 schlägt der Bauernverband drei „Funktionsbereiche” für die künftige Agrarförderung vor. Dabei geht es zum einen um eine attraktive Bezahlung von Umwelt- und Klimaschutzleistungen, die die Betriebe zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele erbringen. Rukwied betonte, dass dieser Bereich für die Landwirte profitabel sein müsse, ein Gewinnanreiz in den Maßnahmen daher unerlässlich sei.
Zum anderen hält der Bauernverband auch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe für unerlässlich. Dabei misst er einer Förderung des betrieblichen Risikomanagements eine besondere Bedeutung bei, um die Resilienz der Betriebe zu stärken. „Wir müssen künftig auf das Instrument der Mehrgefahrenversicherung zurückgreifen”, betonte der DBV-Präsident. Unerlässlich sei zudem eine flächendeckende Förderung von Junglandwirten. Schließlich soll dem DBV zufolge in einem dritten Bereich die Förderung der ländlichen Entwicklung und der Agrarstruktur angesiedelt werden. Rukwied mahnte in diesem Zusammenhang eine stärkere Fokussierung auf die Landwirtschaft an.
Die EU-Agrarpolitik kann nicht billiger werden
Für die einzelnen Förderbereiche soll es dem DBV zufolge jeweils Mindestbudgets geben. Die Mittel sollen auch künftig national kofinanziert werden, Teile jedoch weiterhin 100 Prozent EU-finanziert sein.
Rukwied machte deutlich, dass die EU-Agrarpolitik in Zukunft nicht billiger werden könne. Notwendig sei ein real stabiles EU-Agrarbudget. Angesichts der Inflation bedürfe es daher eines nominalen Anstiegs der Mittel. Zur Finanzierung von Umweltleistungen müssten gegebenenfalls auch Töpfe außerhalb der GAP herangezogen werden.
Der DBV-Präsident räumte ein, dass sich das vorgeschlagene neue GAP-Modell mit einem EU-Beitritt der Ukraine und einer Integration der dortigen Landwirtschaft nicht finanzieren ließe. Kernziel der GAP müsse auch in Zukunft sein, eine familiengetragene Landwirtschaft zu sichern.
Rukwied hält eine Diskussion über eine zielgerichtete Weiterentwicklung der GAP für dringend geboten. Die politischen Weichen für die nächste GAP-Förderperiode würden nach der Europawahl 2024 und der anschließenden Neubesetzung der EU-Kommission gestellt. Darüber hinaus stehe der von Kommissionspräsidentin  Ursula von der Leyen angekündigte strategische EU-Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft an.  „Es ist jetzt entscheidend, Zielkonflikte zu überwinden und Funktionsmängel in der GAP-Förderung zu beseitigen”, betonte Rukwied.
Er bezeichnete eine Vereinfachung der EU-Agrarförderung als dringend geboten. Die derzeitigen Regelungen seien kaum noch umsetzbar. Der DBV-Präsident sprach sich zudem dafür aus, in der Übergangsfrist bis zu einer neuen GAP auf die Konditionalität zu verzichten. Dies würde nach seiner Überzeugung einen maßgeblichen Beitrag leisten, die Betriebe von unnötiger Bürokratie zu entlasten.