Das neue Landesjagdgesetz – mehr Bürokratie, weniger Demokratie
Bislang gab es den Katalog der jagdbaren Arten, die dem Jagdrecht unterliegen. Nicht jede Art, wie zum Beispiel das Auerhuhn, hatte auch eine Jagdzeit. Künftig unterscheidet das Gesetz die ihm unterliegenden Tierarten danach, ob sie einem Nutzungsmanagement, einem Entwicklungsmanagement oder einem Schutzmanagement unterliegen. Die erste Gruppe darf uneingeschränkt gejagt werden und die dritte Gruppe überhaupt nicht.
Tierarten, die dem Entwicklungsmanagement zugeordnet sind, dürfen bejagt werden, soweit sich die Jagdausübung in dem jeweiligen Naturraum nicht nachteilig auf die Bestandssituation der Art in Baden-Württemberg auswirkt. Dies entscheidet nicht der Jagdpächter, sondern ein Verwaltungsakt der unteren Jagdbehörde. Und über die Einstufung generell entscheidet die oberste Jagdbehörde künftig nur noch im Einvernehmen mit der obersten Naturschutzbehörde.
Welche Arten können nun genutzt werden? Bei den Tieren sind das neben dem bei uns vorkommenden Schalenwild, wie Rehe, Wildschweine oder Hirsche, auch sogenannte Neozoen (eingewanderte Wildtiere) wie Marderhund, Mink, Nutria oder Waschbär. Bei den Vögeln wären auch Nilgans, Rabenkrähe und Elster künftig jagdbares Wild. Feldhase und Fasan kommen ins Entwicklungsmanagement, das heißt: vorerst Jagd vorbei! Und der Kormoran genießt zur „Freude” der Fischer das Schutzmanagement.
Die Fläche, auf der gejagt werden kann, wird weiter eingeschränkt. Künftig zählen zu den befriedeten Bezirken auch Friedwälder. Diese sind potenzielle Einstände für Wildschweine. Die Befriedung aus Gewissensgründen gilt auch für juristische Personen. Das heißt, Natur– oder Tierschutzverbände können künftig beantragen, dass auf Flächen, die ihnen gehören, nicht mehr gejagt werden darf. Betrachtet man die Herkunft dieser Vorschrift, ist es geradezu widersinnig, dass juristische Personen europäische Menschenrechte für sich in Anspruch nehmen können.
Die Jagd in Schutzgebieten nach dem Naturschutz- und Landeswaldgesetz soll künftig nur noch möglich sein, wenn sie dem jeweiligen Schutzzweck entspricht. Ob dies der Fall ist, entscheidet die Naturschutzbehörde. Dies gilt nicht nur für Naturschutzgebiete oder Nationalparke, sondern für alle Schutzgebiete, vom Landschaftsschutzgebiet über das Biosphärengebiet oder den Naturpark bis hin zu jedem FFH- und Vogelschutzgebiet! Dadurch entstehen weitere Rückzugsräume für das Schwarzwild. Die Akzeptanz für Grünbrücken dürfte sinken, ist die Jagdausübung in einem Umfeld von 250 Metern verboten.
Andererseits stärkt der Entwurf die Rechte der Jagdrechtsinhaber in der Jagdgenossenschaft: Wie bei selbstverwalteten Jagdgenossenschaften üblich, muss künftig vor Neuverpachtung oder Verlängerung bestehender Pachtverträge die Jagdgenossenschaft einberufen werden. Die Übertragung der Verwaltung der Jagdgenossenschaft auf die Gemeinde erfolgt nur noch befristet, längstens für die Dauer der gesetzlichen Mindestpachtzeit. Bei Wahlen soll nur die Mehrheit der Köpfe erforderlich sein und nicht mehr die der Flächen. Bei Verpachtungen sind Jagdgenossen, die sich um die Pacht bewerben, stimmberechtigt
Wildschäden an Maiskulturen werden den geschädigten Landwirten nur noch zu 80 Prozent ersetzt. Für diese grundlegende Einschränkung des Schadenersatzrechtes hat das Land Baden-Württemberg keine Gesetzgebungskompetenz. Diese Norm ist daher verfassungswidrig.
Der BLHV wird Mitglieder bei Musterprozessen gegen diese Norm unterstützen. Die Argumentation, die für diese aberwitzige Regelung ins Feld geführt wird, vermag nicht zu überzeugen. Denn, die Begründung, Mais als besonders wildschadenträchtige Kultur biete dem zu Schaden gehenden Wild zugleich Einstand und schließe eine effiziente Bejagung aus, gilt zum Beispiel in gleicher Weise für jede Weißtannennaturverjüngung im Wald. Dort wird der Wildschaden jedoch zu 100 Prozent ersetzt – kein Wunder bei einem Gesetz von Förstern für Förster.
Positiv zu bewerten sind die Klarstellungen zur Wildschadenersatzpflicht bei Streuobstwiesen. Diese sind keine Sonderkulturen bei Nutzung wie Grünland und weniger als 150 Obstbäumen je Hektar. Auch der Ausschluss einer Ersatzpflicht für Wühlschäden an Streuobstwiesen, wenn zum Schadenszeitpunkt das Fallobst nicht abgeräumt ist, geht in Ordnung.
Nicht nachvollziehbar ist hingegen die vorgesehene Abschaffung des Vorverfahrens beim Wildschadensersatz bei der Gemeinde. Mit der im Koordinierungskreis angeregten Bagatellregelung hätte man die von den Kommunen gewünschte Entlastung ebenso erreicht, gleichzeitig aber die über Jahrzehnte bewährte Befriedungsfunktion bei größeren Schäden weiterhin zur Verfügung gehabt.
Der Entwurf des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes kann laut dem Ministerium auf der Seite http://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/kommentieren/jagd-und-wildtiermanagementgesetz/ eingesehen und kommentiert werden.